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Roboter auf weichem Grund

Physik. - Versuche mit Eidechsen oder Strandkrabben sollen klären, wie man sich möglichst effizient über weichen, fließenden Untergrund wie Sand bewegt. Wenn man die Tricks der Natur kennt - so die Idee - , dann müsste es doch auch möglich sein, Roboter zu konstruieren, die etwa auf dem Mond oder dem Mars eine Düne erklimmen, ohne stecken zu bleiben. Wie nah man dieser Vision inzwischen gekommen ist, das beschreibt der besagte Forscher heute im Fachmagazin Science.

Von Ralf Krauter | 22.03.2013
    "Mein Traum wäre, dass es einmal Tausende von Sandrobotern gibt, die mit den Tricks, die wir der Natur abgeschaut haben, die Oberfläche von Mond oder Mars oder anderen Planeten erkunden."

    Mit diesen Worten formulierte Dan Goldman im Jahr 2008 seine Vision. Der Physikprofessor vom Georgia Institute of Technology in Atlanta ist Experte für "Terradynamik": Er untersucht, wie Tiere und Maschinen auf weichem Untergrund am besten vorwärts kommen.

    "Wir wollen verstehen, welche Rolle die Form von Körper und Gliedmaßen dabei spielt, dass sich kleine Tiere wie Eidechsen so effektiv fortbewegen können. Die legen pro Sekunde Entfernungen bis zum Vierzigfachen ihrer Körpergröße zurück – selbst auf losem Untergrund wie Sand. Daneben interessiert uns aber auch, wie kleine Laufroboter in solch schwierigem Terrain voran kommen."

    Die handlichen Maschinen erlauben reproduzierbare Versuche, die mit Tieren kaum möglich sind. So lassen sich mathematische Modelle testen und verfeinern, die beschreiben, welche Kräfte beim Laufen auf Sand, Kies und ähnlichem wirken. Granulare Medien heißen solche Materialien im Fachjargon. Weil die Beine darin je nach Druck mal mehr, mal weniger tief einsinken, ist die resultierende Dynamik enorm komplex. Goldman:

    "Wir haben einen kleinen, etwa 150 Gramm schweren Spielzeugroboter in seine Einzelteile zerlegt und seinen Antrieb durch einen stärkeren Motor ersetzt. Mit einem 3D-Drucker haben wir dann verschieden geformte Beine ausgedruckt, sie montiert und geschaut, mit welchen der Roboter besonders gut voran kommt. Auf Basis dieser Erkenntnisse haben wir dann ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem wir ziemlich genau vorhersagen können, wie schnell dieser kleine Roboter laufen kann."

    Für die Experimente haben die Forscher Mohnsamen verwendet. Sand hätte das Getriebe der Laufmaschine rasch ruiniert. Am schnellsten war der sechsbeinige Krabbler, nachdem die Forscher ihm sichelförmige Glieder montiert hatten. Die drei um eine Achse rotierenden Beinpaare drücken den weichen Untergrund beim Aufsetzen zusammen und dann nach hinten – und sorgen so für flotten Vortrieb: Mit bis zu 40 Zentimetern pro Sekunde, was knapp drei Körperlängen des Miniroboters entspricht. Mit leicht optimierter Beinform und höherer Schrittfrequenz müsste sogar fast doppeltes Tempo drin sein. Das jedenfalls besagen die Berechnungen von Dan Goldmans Team, die nun – dank angewandter Terradynamik – viel einfacher geworden sind.

    "Um die Mobilität eines Roboters auf Sand zu berechnen, mussten wir bislang die Bewegung von Millionen kleiner Körnchen mit dem Computer simulieren. Es konnte Tage dauern, eine Schrittsequenz zu berechnen, die im wirklichen Leben nur Sekunden dauert. Unsere neuen Formeln beschleunigen diesen Prozess millionenfach und liefern ziemlich präzise Vorhersagen, wie schnell sich ein Roboter mit einer bestimmten Beinform bewegt."

    Für Konstrukteure sind das gute Nachrichten, die ihnen künftig das Leben erleichtern und böse Überraschungen ersparen könnten. Der Nasa zum Beispiel könnten die bei Sandkastenspielen entwickelten mathematischen Modelle helfen, effizientere Erkundungsroboter zu bauen, die weniger anfällig für Unwägbarkeiten sind. Die kilometerlange Reise des Mars-Rover "Spirit" endete seinerzeit, weil er im Sand stecken geblieben war.