Camel? Heute nur noch eine Randnotiz der Rockgeschichte. Vielleicht waren sie es damals schon. Der äußerste Ast eines langen Vorgruppen-Stammbaums. Die Stones ließen sich ihr Publikum irgendwann in den 60ern von den Byrds anwärmen, für die wiederum eröffnete später Deep Purple, Deep Purple buchten kurz darauf Wishbone Ash, und als die selber Hauptattraktion waren, spielten vor ihnen, genau, Camel. Ziemlich weit hinten in der Ahnenreihe, könnte man sagen. Aber egal, das erste Konzert vergisst ein Musikfan eben nicht, und in diesem, unserem Fall war es eben Camel. In der Stadthalle Stolberg. Auch nicht gerade ein Musik-Olymp.
Anfang bis Ende der 70-er Jahre war sogenannte progressive Rockmusik, man sagte damals noch Artrock oder Kunstrock, schwer in Mode. King Crimson, Yes, Genesis oder Emerson, Lake & Palmer hießen die wichtigsten Vertreter. Camel hingegen blieb immer eine Nummer kleiner; Stadthalle Stolberg halt. Trotzdem hatte die Band ihre Berechtigung. Zugegeben: das erste Album von 1973 hätte man besser gar nicht erst von der Bandmaschine gewickelt, denn es klang nach großen Gedanken in zu kleinen Proberäumen. Doch mit Mirage fand Camel 1974 erste internationale Beachtung.
Mirage war nicht nur sehr erfolgreich, es brach auch mit einem Tabu. Denn das Cover sieht aus wie eine Schachtel Camel, was dem Zigarettenkonzern erst gar nicht gefiel. Doch dann kam man auf die Idee, die Band als Werbeträger zu nutzen und man wurde sich handelseinig –ein Novum. Das Kamel, die Palmen und die Pyramiden auf der Schachtel wurden für das Cover freilich so psychedelisch verfremdet, dass man glauben konnte, man hätte etwas völlig anderes geraucht.
Wir mussten damals gar nichts rauchen, um uns an dieser Musik zu berauschen. Sie schien ja wie gemacht für uns, die langhaarigen Gymnasiasten und Semi-Intellektuellen. Gut, nichts von dem war wirklich neu: die Klassik-Zitate, die gelegentlich zu hörende Querflöte, die mehrteiligen Kompositionen. Aber es schien uns eine menschlichere Variante des Kunstrocks zu sein: technisch hochkarätig, aber nicht so bombastisch und kaltherzig wie bei den anderen Genre-Vertretern, die Melodien feingliedriger, süßlicher – kurz: irgendwie romantischer.
Und inhaltlichen Anspruch hatte das ja auch noch. Für das nächste Album – The Snow Goose –wagten sich Camel an eine Literaturvorlage, die gleichnamige Novelle The Snow Goose des amerikanischen Schriftstellers Paul Gallico.
Die Konstante im fleißig fluktuierenden Mitgliederbestand war und blieb Gitarrist und Flötist Andrew Latimer. Sein Ton hatte etwas Herzenswärmendes, zwischendurch konnte er auch mal erfrischend giftig klingen.
Ein Melodieschmied erster Güte, auch wenn er im generell nicht eben zimperlichen Lexikon der Rockgitarristen mächtig was auf den Hut bekommt. Da ist die Rede von: "kunstgewerblichen Stuss". Wir Camel-Fans hätten an diesem Begriff nichts Anstößiges gefunden. Wir pilgerten in die Stadthalle zu Stolberg. Wir blieben der Gruppe auch beim 1976er Album Moonmadness treu, obwohl das schon kein Konzeptalbum mehr war. Unbeirrt verzierte ich die Wand meines Jugendzimmers nach dem Malen-nach-Zahlen-Prinzip mit dem Moondmadness-Cover – zwei mal zwei Meter….
Doch Camels beste Zeit war kurz. Nur ein Jahr später, 1977, mit dem Album Rain Dances wurden die Songs kürzer, poppiger, hinzu kam ein unpassendes Saxophon. Es klang noch nach Camel, aber Kunst war es in unseren Ohren nicht mehr, nicht mal mehr Kunstgewerbe. Vom schüchtern lächelnden Latimer und seinen eher ungeschickt gekleideten Gesellen wollten wir keine schnieke Popplatte.
Während man die Zigarettenwerbung grummelnd wegen der guten Musik in Kauf nahm, gab es nach dem Album Breathless 1978 kein Halten mehr, viele wandten sich enttäuscht ab. Der Druck der Plattenfirma und viele Umbesetzungen gaben einer großartigen Band, die sich nicht zu wehren wusste, den Rest. Seitdem gab es ein paar Wiedervereinigungen, stilistische Rückbesinnungen. 2003 dann die wohl allerletzte Tour. Denn Latimer litt da bereits an einer Bluterkrankung, die 2007 eine Knochenmarkstransplantation erforderlich machte. Immerhin ihm soll es wieder gut gehen. Beim Camel-Konzert in Stolberg ergatterte ich übrigens ein Poster und sammelte die Unterschriften aller Bandmitglieder darauf ein. Diese Mühe habe ich mir bei keiner anderen Band jemals wieder gemacht.
Anfang bis Ende der 70-er Jahre war sogenannte progressive Rockmusik, man sagte damals noch Artrock oder Kunstrock, schwer in Mode. King Crimson, Yes, Genesis oder Emerson, Lake & Palmer hießen die wichtigsten Vertreter. Camel hingegen blieb immer eine Nummer kleiner; Stadthalle Stolberg halt. Trotzdem hatte die Band ihre Berechtigung. Zugegeben: das erste Album von 1973 hätte man besser gar nicht erst von der Bandmaschine gewickelt, denn es klang nach großen Gedanken in zu kleinen Proberäumen. Doch mit Mirage fand Camel 1974 erste internationale Beachtung.
Mirage war nicht nur sehr erfolgreich, es brach auch mit einem Tabu. Denn das Cover sieht aus wie eine Schachtel Camel, was dem Zigarettenkonzern erst gar nicht gefiel. Doch dann kam man auf die Idee, die Band als Werbeträger zu nutzen und man wurde sich handelseinig –ein Novum. Das Kamel, die Palmen und die Pyramiden auf der Schachtel wurden für das Cover freilich so psychedelisch verfremdet, dass man glauben konnte, man hätte etwas völlig anderes geraucht.
Wir mussten damals gar nichts rauchen, um uns an dieser Musik zu berauschen. Sie schien ja wie gemacht für uns, die langhaarigen Gymnasiasten und Semi-Intellektuellen. Gut, nichts von dem war wirklich neu: die Klassik-Zitate, die gelegentlich zu hörende Querflöte, die mehrteiligen Kompositionen. Aber es schien uns eine menschlichere Variante des Kunstrocks zu sein: technisch hochkarätig, aber nicht so bombastisch und kaltherzig wie bei den anderen Genre-Vertretern, die Melodien feingliedriger, süßlicher – kurz: irgendwie romantischer.
Und inhaltlichen Anspruch hatte das ja auch noch. Für das nächste Album – The Snow Goose –wagten sich Camel an eine Literaturvorlage, die gleichnamige Novelle The Snow Goose des amerikanischen Schriftstellers Paul Gallico.
Die Konstante im fleißig fluktuierenden Mitgliederbestand war und blieb Gitarrist und Flötist Andrew Latimer. Sein Ton hatte etwas Herzenswärmendes, zwischendurch konnte er auch mal erfrischend giftig klingen.
Ein Melodieschmied erster Güte, auch wenn er im generell nicht eben zimperlichen Lexikon der Rockgitarristen mächtig was auf den Hut bekommt. Da ist die Rede von: "kunstgewerblichen Stuss". Wir Camel-Fans hätten an diesem Begriff nichts Anstößiges gefunden. Wir pilgerten in die Stadthalle zu Stolberg. Wir blieben der Gruppe auch beim 1976er Album Moonmadness treu, obwohl das schon kein Konzeptalbum mehr war. Unbeirrt verzierte ich die Wand meines Jugendzimmers nach dem Malen-nach-Zahlen-Prinzip mit dem Moondmadness-Cover – zwei mal zwei Meter….
Doch Camels beste Zeit war kurz. Nur ein Jahr später, 1977, mit dem Album Rain Dances wurden die Songs kürzer, poppiger, hinzu kam ein unpassendes Saxophon. Es klang noch nach Camel, aber Kunst war es in unseren Ohren nicht mehr, nicht mal mehr Kunstgewerbe. Vom schüchtern lächelnden Latimer und seinen eher ungeschickt gekleideten Gesellen wollten wir keine schnieke Popplatte.
Während man die Zigarettenwerbung grummelnd wegen der guten Musik in Kauf nahm, gab es nach dem Album Breathless 1978 kein Halten mehr, viele wandten sich enttäuscht ab. Der Druck der Plattenfirma und viele Umbesetzungen gaben einer großartigen Band, die sich nicht zu wehren wusste, den Rest. Seitdem gab es ein paar Wiedervereinigungen, stilistische Rückbesinnungen. 2003 dann die wohl allerletzte Tour. Denn Latimer litt da bereits an einer Bluterkrankung, die 2007 eine Knochenmarkstransplantation erforderlich machte. Immerhin ihm soll es wieder gut gehen. Beim Camel-Konzert in Stolberg ergatterte ich übrigens ein Poster und sammelte die Unterschriften aller Bandmitglieder darauf ein. Diese Mühe habe ich mir bei keiner anderen Band jemals wieder gemacht.