"Im Augenblick ist die Öffentlichkeit sicher sehr wenig darüber informiert, wie viele verschiedene Möglichkeiten von Gewebespende und Gewebeweiterverarbeitung es gibt, was damit genau medizinisch gemacht wird, welche Patienten wie davon profitieren, aber auch zum Beispiel was für ein Aufwand betrieben muss, der eine entsprechende finanzielle Investitionen erforderlich macht."
Claudia Wiesemann ist Professorin für Ethik und Geschichte der Medizin in Göttingen. Sie leitet ein europäisches Forschungsprojekt zur Gewebetransplantation. Dabei handelt es sich um einen noch jungen Medizinsektor mit starken Zuwachsraten. Die Gewebebranche versorgt die Medizin mit Augenhornhäuten, Achillessehnen, Schrauben und Zapfen aus Knochen, mit Hautflicken und vielem anderen mehr. Aus einer einzigen Leiche lassen sich rund 60 Transplantate gewinnen. Anders als Organe werden Gewebe jedoch meist nicht unmittelbar verpflanzt, sondern mehr oder weniger aufwändig bearbeitet. Im Fachjargon heißt das: prozessiert. Die fertigen Transplantate gelten in Deutschland als Arzneimittel, ein Teil davon darf gehandelt werden wie die Pillen der Pharmaindustrie. Da verwundert es nicht, dass neben gemeinnützigen Organisationen auch kommerzielle Hersteller ein Interesse an menschlichen Überresten entwickelt haben. Und künftig wird die Konkurrenz um den Rohstoff Mensch sogar noch zunehmen.
"Ich denke, dass veränderte, prozessierte Gewebe oder Zellen, dass die in der Zukunft eine gewaltige Rolle spielen werden. Ich bin ganz sicher, dass wir dort erhebliche Fortschritte in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren erleben werden und wahrscheinlich in der Lage sein werden, aus wenigen Ausgangsmaterialen sehr viel verschiedene Endprodukte für die Verwendung am Patienten herzustellen."
Wolfgang Fleig ist medizinischer Vorstand der Universitätsklinik Leipzig – sie gehört gemeinsam mit den Kliniken in Hannover und Dresden zu den Eigentümern der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation. Auch Forscher haben ein Auge auf die Gewebe geworfen. Sie wollen neuartige Therapien daraus entwickeln. Nach Einschätzung von Fleig wird sich in wenigen Jahrzehnten selbst die Transplantation ganzer Organe vielfach durch eine Behandlung mit Gewebekreationen ersetzen lassen. Die heutigen Gewebebanken wären dann nur noch Rohstofflieferanten für die biotechnologische Produktion.
"Sie wissen, dass wir gerade bei der Lebertransplantation ein großes Missverhältnis von Angebot und Bedarf an Organen haben und dass es dort eben auch Erkrankungen gibt, wo wir möglicherweise in der Lage sein werden, durch die Transplantation von Zellen, die diese Leberzellfunktion übernehmen können, in der Zukunft einen Teil der Patienten anders behandeln können. Es gibt entsprechende Präparate, was mitwachsende Herzklappen angeht, es gibt entsprechende Produkte, was Knorpel, Knochenmaterial oder auch Haut betrifft. Da sind sicherlich vielerlei Anwendungen denkbar."
Der Zugang zur Ressource Mensch ist allerdings begrenzt. Gewebe dürfen nur gewonnen werden, wenn die Verstorbenen zu Lebzeiten – oder stellvertretend ihre Angehörigen – der Spende zugestimmt haben. Wie soll man aber einer Sache zustimmen, über die man nichts weiß? Erst kürzlich hat wieder eine von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt unterstützte Kampagne für mehr Organspenden begonnen - Gewebe werden wieder einmal nicht erwähnt. Selbst für Fachleute ist der Markt undurchschaubar.
"Auch die Ärzte selbst sind nicht wirklich ausreichend informiert darüber, was denn eigentlich heutzutage in der Bundesrepublik und auch außerhalb der Bundesrepublik mit Geweben passiert, es sind pharmazeutische Unternehmen natürlich daran beteiligt, Gewebeprodukte herzustellen, es gibt gemeinnützige Organisationen, es gibt Kliniken, die unmittelbar Gewebe selbst Gewebe gewinnen und direkt auch an ihre Patienten weitervermitteln, es ist ein sehr großer Bereich von sehr unterschiedlichen Institutionen und darüber aufzuklären - das ist nicht einfach."
Claudia Wiesemann ist Professorin für Ethik und Geschichte der Medizin in Göttingen. Sie leitet ein europäisches Forschungsprojekt zur Gewebetransplantation. Dabei handelt es sich um einen noch jungen Medizinsektor mit starken Zuwachsraten. Die Gewebebranche versorgt die Medizin mit Augenhornhäuten, Achillessehnen, Schrauben und Zapfen aus Knochen, mit Hautflicken und vielem anderen mehr. Aus einer einzigen Leiche lassen sich rund 60 Transplantate gewinnen. Anders als Organe werden Gewebe jedoch meist nicht unmittelbar verpflanzt, sondern mehr oder weniger aufwändig bearbeitet. Im Fachjargon heißt das: prozessiert. Die fertigen Transplantate gelten in Deutschland als Arzneimittel, ein Teil davon darf gehandelt werden wie die Pillen der Pharmaindustrie. Da verwundert es nicht, dass neben gemeinnützigen Organisationen auch kommerzielle Hersteller ein Interesse an menschlichen Überresten entwickelt haben. Und künftig wird die Konkurrenz um den Rohstoff Mensch sogar noch zunehmen.
"Ich denke, dass veränderte, prozessierte Gewebe oder Zellen, dass die in der Zukunft eine gewaltige Rolle spielen werden. Ich bin ganz sicher, dass wir dort erhebliche Fortschritte in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren erleben werden und wahrscheinlich in der Lage sein werden, aus wenigen Ausgangsmaterialen sehr viel verschiedene Endprodukte für die Verwendung am Patienten herzustellen."
Wolfgang Fleig ist medizinischer Vorstand der Universitätsklinik Leipzig – sie gehört gemeinsam mit den Kliniken in Hannover und Dresden zu den Eigentümern der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation. Auch Forscher haben ein Auge auf die Gewebe geworfen. Sie wollen neuartige Therapien daraus entwickeln. Nach Einschätzung von Fleig wird sich in wenigen Jahrzehnten selbst die Transplantation ganzer Organe vielfach durch eine Behandlung mit Gewebekreationen ersetzen lassen. Die heutigen Gewebebanken wären dann nur noch Rohstofflieferanten für die biotechnologische Produktion.
"Sie wissen, dass wir gerade bei der Lebertransplantation ein großes Missverhältnis von Angebot und Bedarf an Organen haben und dass es dort eben auch Erkrankungen gibt, wo wir möglicherweise in der Lage sein werden, durch die Transplantation von Zellen, die diese Leberzellfunktion übernehmen können, in der Zukunft einen Teil der Patienten anders behandeln können. Es gibt entsprechende Präparate, was mitwachsende Herzklappen angeht, es gibt entsprechende Produkte, was Knorpel, Knochenmaterial oder auch Haut betrifft. Da sind sicherlich vielerlei Anwendungen denkbar."
Der Zugang zur Ressource Mensch ist allerdings begrenzt. Gewebe dürfen nur gewonnen werden, wenn die Verstorbenen zu Lebzeiten – oder stellvertretend ihre Angehörigen – der Spende zugestimmt haben. Wie soll man aber einer Sache zustimmen, über die man nichts weiß? Erst kürzlich hat wieder eine von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt unterstützte Kampagne für mehr Organspenden begonnen - Gewebe werden wieder einmal nicht erwähnt. Selbst für Fachleute ist der Markt undurchschaubar.
"Auch die Ärzte selbst sind nicht wirklich ausreichend informiert darüber, was denn eigentlich heutzutage in der Bundesrepublik und auch außerhalb der Bundesrepublik mit Geweben passiert, es sind pharmazeutische Unternehmen natürlich daran beteiligt, Gewebeprodukte herzustellen, es gibt gemeinnützige Organisationen, es gibt Kliniken, die unmittelbar Gewebe selbst Gewebe gewinnen und direkt auch an ihre Patienten weitervermitteln, es ist ein sehr großer Bereich von sehr unterschiedlichen Institutionen und darüber aufzuklären - das ist nicht einfach."