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Romantische Lieder von Anton Urspruch

Romantische Lieder von Anton Urspruch und slawische Songs von Antonin Dvorak - also weitgehend Unbekanntes bieten zwei neue CDs, die ich Ihnen im Folgenden vorstellen will. Willkommen zu musikalischen Novitäten am Sonntagmorgen, mit Frank Kämpfer am Mikrofon. * Musikbeispiel: Anton Urspruch - "Ich liebe eine Blume" Das Gefühl, unaussprechbar und deshalb verlagert ins Instrument, scheint ohne Grund und ohne Rast. Klarheit und Form resultieren aus dem Gestus der extrem hohen Stimme, die Melodie wirkt verbindlich, jeder virtuosen Ausschmückung bar - und der sehr namhafte Text klingt banal. In der Tat: Bei Anton Urspruch, geboren 1850 und verstorben 1907 in Frankfurt/Main, scheinen die Konventionen der Kunst des Klavierlieds ein wenig durcheinander geraten. Ein zeitgenössischer Kritiker schrieb, Mitte der 1880er Jahre: "... in der thematischen Findung ist er eigenartig, ohne barock zu sein, er zeigt ein Streben nach melodischem Reiz und Fluß ... die Form behandelt er frei, aber äußerst gründlich. In der Form nimmt er eine Fusionsstellung ein zwischen Fortschritt und Classicität, im Gedankengang sucht er seine eigenen Wege."

Frank Kämpfer |
    Ob seiner Vermittlungsfunktion gehört Anton Urspruch, ein Schüler Lachner's, Raff's und schließlich Franz Liszts, zu einer Komponisten-Generation, die zu Lebzeiten Aufmerksamkeit, nach frühem Tod jedoch sehr schnelles Vergessen erfuhr. Zu eigenartig war sein Bemühen um einen eigenen Stil, zu gering die Kraft seiner Innovation. Vieles blieb in diesem Schaffen Versuch: die Symphonie, das Klavierkonzert, Oper und Oratorium. Kontinuität dagegen in der Kleinform. Im Lied bedeutete dies, stets auf der Suche nach immer neuer ästhetischer Lösung zu sein. Beispielsweise in den 1875 komponierten Liebesliedern op. 6 nach Heinrich Heine, aus denen Anfangs das Beispiel erklang. Urspruch sah die Stimme hier instrumental, nicht unähnlich Brahms und Richard Strauss. Eingespielt von Heike Hallaschka, Sopran, und Michael Biehl, Klavier, finden sie sich auf einer bei Dabringhaus & Grimm publizierten CD, die überhaupt erstmals Werke des Komponisten präsentiert. Alles darauf kreist ums Lied und in den produzierten vier Zyklen aus 13 Jahren findet sich manche formal interessante Miniatur. Zum Beispiel - harmonisch an Wagner gemahnend - das schauerliche Lied der aus Liebe sterbenden Nanna: die Nibelungen zitierend, ein ergreifendes Melodram. * Musikbeispiel: Anton Urspruch - "Nannas Gesang" Nannas Gesang, aus den Liedern op. 25 , komponiert von Anton Urspruch. Eingespielt für Dabringhaus & Grimm mit zwei Absolventen der Musikhochschule in Detmold: der noch jungen Sopranistin Heike Halaschka und dem vielversprechenden jungen Kammermusiker Michael Biehl am Klavier. - Eine Entdeckung, die historische Lücken schließt und bereits allein deshalb anhörenswert ist.