Es ist ein seltsames Phänomen, dass sich gerade in einem Land, das über Jahrhunderte den verschiedensten politischen Umwälzungen ausgesetzt war und von ganz verschiedenen rituellen, religiösen und kulturellen Traditionen geprägt ist, eine Musik erhalten hat, die dokumentiert, dass nicht nur eine Koexistenz sondern auch eine Synthese scheinbar gegensätzlicher spiritueller Systeme möglich sind. Das Ensemble versucht hier eine Rekonstruktion jener altserbischen Musiktraditionen, die im Mittelalter, in der Renaissance und im Barock konserviert wurden und im täglichen Leben wie bei besonderen Festen allgegenwärtig waren. Dabei bilden die Aufzeichnungen mündlich tradierter Überlieferungen den Ausgangspunkt der Arbeit. Das Aufzeichnen von Quellen hat allerdings erst im 19. Jahrhundert begonnen und ist somit schon die Rekonstruktion von zunächst einmal Texten aber auch Musik, die zwangsläufig in den Jahrhunderten zuvor schon immer wieder Wandlungen erfahren hat. Die wissenschaftliche Grundlage bilden die Erkenntnisse über die "skomrahs", jener unzähligen anonymen Musiker , die im Mittelalter auf dem Boden des alten Serbien tätig waren. Das Ensemble Renaissance orientiert sich zwar an den historischen Vorbildern und ist um die vielbeschworene Authentizität bemüht, interpretiert natürlicherweise diese alte Musik aber in einem eigenen Stil, wobei die Grenzen zwischen Kunstmusik und Folklore oft fließend sind. Hören Sie hier, gesungen von Ludmila Gross, ein Lied aus dem Kosovo:
Der Falke weiß, wo es ein wenig Frieden gibt: nicht auf dem Berg oder der hohen Föhre, sondern im Tal unter einem weißen Zelt. Dort ist ein hübsches Mädchen, und sie spricht: "Ich sorgte für zwei tapfere Serben, Marco und Milosch, zwei Helden. Marco zeigt mir, wie man trinkt, Milosch zeigt mir, wie man singt.
* Musikbeispiel: Soko bira gde ce naci mira Nach diesem Lied aus dem Kosovo spielt und singt das Ensemble Renaissance noch einen Hochzeitstanz aus Ostserbien: "Das winzige Pfefferkorn". * Musikbeispiel: Igra i pesma "Sitan biber" Die Musik aus Serbien, die das Ensemble Renaissance auf ihrer jüngsten CD einspielte, stammt überwiegend aus Quellensammlungen des 20. Jahrhunderts und sie wurde von den beiden Musikern des Ensembles Dragan Mladjenovic und Ljubomir Dimitrijevic ediert und arrangiert. Es sind jedoch keine modernistischen Bearbeitungen, sondern es ist eine einfache eindringliche Musik geblieben, die für uns zugleich fremd und vertraut klingt, ein Repertoire, das die Freunde der Alten Musik und der Folklore gleichermaßen anspricht. * Musikbeispiel: Ledam igara iz Levča (Ausschnitt)