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Rosetta-Mission
Ungewöhnliche Kometenform reizt die Forscher

Planetologie. - Die ersten Bilder, die die Kometensonde Rosetta von ihrem Ziel 67P Churyumov-Gerasimenko schoss, haben die Wissenschaftler elektrisiert. Anscheinend besteht der Himmelskörper aus zwei Teilen, die durch eine Art Brücke miteinander verbunden sind. Diese Verbindungsstelle wird viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn die Sonde am 6. August ihr Ziel erreicht. Mit dem Projektleiter der Sondenkamera, Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen, sprach Jochen Steiner über die Mission.

Holger Sierks im Gespräch mit Jochen Steiner | 25.07.2014
    Die Raumsonde Rosetta und der Lander Philae schweben über der Kometenoberfläche von 67P. Künstlerische Darstellung eines Illustrators.
    Die Raumsonde Rosetta und der Lander Philae über der Kometenoberfläche von 67P, so wie sie sich ein Illustrator vorstellte. (ESA/J. Huart, 2013)
    Jochen Steiner: Herr Sierks, sitzen Sie jetzt Tag und Nacht vor dem Computer und warten auf neue Bilder von 67P?
    Holger Sierks: Ja, in der Tat. Also wir bekommen fast täglich neue Bilder von unserem Target-Kometen, auch am Wochenende. Keiner von uns kann es erwarten, die Bilder zu sehen. Die Aufnahmen, insbesondere vom Kometenkern, werden täglich hochauflösender, täglich schärfer und überraschen uns schon sehr.
    Steiner: Was haben Sie denn gedacht, als Sie die ersten Bilder gesehen haben?
    Sierks: Die ersten Bilder waren sehr überraschend. Da haben wir noch vieles von unserer Vorstellung, von der Erwartung hineinprojiziert und haben gedacht: Na, ist ein bisschen irregulär, aber sieht so ungefähr aus, wie wir es modelliert haben. Eine Woche später war das Geschichte. Der Kometenkern sieht doch sehr anders aus, die Aufnahmen jetzt mit diesen zwei Körpern, so wie es aussieht, die aneinander kleben, das ist schon eine Überraschung. Das haben wir nicht erwartet.
    Steiner: Das heißt, die Form ist tatsächlich etwas Besonderes für einen Kometen?
    Sierks: Jein, wir kennen möglicherweise zwei Kometen von den Flyby-Missionen, Borelly und Hartley, die beide eine ähnliche Struktur zeigen, mit möglicherweise zwei Körpern, die zusammenhängen und einen Übergangsbereich haben. Hier in unserem Fall werden wir den Umlauf um die Sonne begleiten und lange und ausgiebig studieren können, ob diese beiden Körper zusammen entstanden sind, ob es tatsächlich zwei unterschiedlichen Körper sind, oder ein großer, der eben in diese Form erodiert ist im Laufe der Zeit.
    "Verbindungsstelle sieht anders aus"
    Steiner: Besonderes Augenmerk wird dann vermutlich auf diese Verbindungsstelle, in Anführungszeichen, gelenkt werden, oder?
    Sierks: Die Verbindungsstelle ist von hohem Interesse und sie sieht auch jetzt schon in den ersten Aufnahmen anders aus als die beiden Körperteile selbst. Wir haben den Eindruck, dass ist ein bisschen glatter in dem Bereich und vielleicht ist auch die Reflexion in dem Bereich, Lichtreflexion, ein bisschen anders. Das wäre in Einklang mit den Hartley-Beobachtungen. Dort war auch dieser Übergangsbereich sehr feinskalig von den Strukturen, die wir dort gesehen haben.
    Steiner: Am 6. August soll Rosetta am Kometen 67P angekommen sein. Was wird denn das Kamerasystem dann tun?
    Sierks: Nichts Besonderes. Der 6. August ist der Ankunftstermin am Kometen. Wir erreichen dann 100-Kilometer-Abstand. Die Mission geht dann weiter, 100-Kilometer-Abstand heißt nicht, wir sind endgültig angekommen. Von dort werden wir uns weiter herantasten auf zuerst 50 Kilometer, dann 30, 20, zehn. Und auch aus dem 10-Kilometer-Abstand noch für kurze Zeit uns dichter herantrauen, für das Ablegen des Landers. Und werden dann also die ganz hochauflösenden Aufnahmen nicht mehr von der ganzen Oberfläche, aber von großen Bereichen der Kometenoberfläche machen.
    Steiner: Sie haben es angesprochen, der Länder Philae soll auf den Kometen heruntergelassen werden und ihre Bilder sollen dazu dienen, gute Landemöglichkeiten für den Lander zu finden. Wie schwierig oder leicht wird das denn?
    Sierks: Ich glaube, die Oberfläche wird viele Möglichkeiten zum Landen anbieten. Die Landeellipse ist groß, also man stellt sich so ein Fußballfeld vor oder so etwas, das sind dann Maßstäbe, die uns groß erscheinen. Allerdings ist eine Landeellipse so zwei oder drei Prozent der Oberfläche, also wir werden viele Bereiche finden, auf dem Kometen, in denen potenziell gelandet werden kann.