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Rostocker Studenten sind Tretboot-Weltmeister

Tretboot fahren ist auch in diesem Sommer ein beliebter Ferienspaß. Gemächlich trudeln vorzugsweise Kinder und Pärchen übers Wasser. Doch man kann das Ganze auch professionell betreiben - so wie eine Gruppe Studenten an der Universität Rostock. Sie studieren Schiffbau oder Konstruktionstechnik, und bauen in ihrer Freizeit an Hightech-Tretbooten.

Von Amelie Ernst |
    Sie schreien Anarchie - und wollen doch keine Revolution. Die Fans an der Rennstrecke gegenüber des Rostocker Stadthafens wollen die Anna X siegen sehen - so heißt das Renntretboot des Waterbiketeams der Universität Rostock. Rasant gleiten die beiden schmalen Tragflächen des Bootes über das Wasser; die 100 Meter schafft die Anna X heute in knapp 18 Sekunden.

    " 17,82 Sekunden - das heißt sieben Hundertstel schneller als der Imperator. "

    Ton Prommer: "Ich denke, für uns ist es sehr gut gelaufen. Momentan, von der vorläufigen Zeit, sind wir auf dem ersten Platz. Aber sehr knapp - mal sehen, was die Videoauswertung nachher sagt.""

    Hannes Prommer und sein Beifahrer Benjamin Milkereit schleppen die schwarz-weiße Anna X gleich nach dem Rennen ans Ufer. Einstellungen verändern, Optimierung für die nächste Runde. Optisch erinnert die Anna X kaum noch an ein herkömmliches Tretboot: Ähnlich wie bei einem polynesischen Kanu stützt ein Seitenausleger den schmalen Bootsrumpf. Der misst sechs Meter in der Länge und nur 35 Zentimeter an der breitesten Stelle. Alles aus Hightech-Carbonfasern. Zumindest die Pedale erkennt der Hobbytretbootfahrer wieder. Doch die sind bei der Anna X quer zur Fahrtrichtung montiert.

    "Also wenn man jetzt in diesem Boot längst zur Fahrtrichtung sitzen würde, würde man ja eine Drehung in Fahrtrichtung erzeugen. Dann müsste man das ja noch um 90 Grad drehen. Und dieses Getriebe zur 90 Grad-Umlenkung sparen wir jetzt ein, und haben deswegen weniger Reibungsverluste."

    Über ein halbes Jahr haben Benjamin Milkereit, Hannes Prommer und ihr Team am Boot getüftelt. Alles neben dem Studium. 10.000 Euro waren nötig - erbettelt von Lehrstühlen, Firmen und Materialsponsoren. Ein Engagement, das sich für die Schiffbaustudenten lohnen könnte.

    "Das ist für uns als Studenten, die so ein Boot gebaut haben und damit Siege einfahren, auch ein Riese-Aushängeschild im Lebenslauf. Also von einigen Werften haben wir jetzt schon regelrecht Arbeitsangebote bekommen: Also, wenn ihr für uns arbeiten wollt im Bereich Faserverbundtechnik und Bootsbau, dann sind wird dort herzlich willkommen. Einfach, weil wir Know-How vorweisen können."

    Genau deshalb beobachtet auch eine kleine Delegation der Firma "Thyssen-Krupp Marine Systems" das Geschehen an der Rennstrecke. Die Hamburger interessieren sich für neue Konstruktionen - und für die Konstrukteure. Torsten Meier hat als Student selbst Tretboote gebaut und ist heute Schiffsbauingenieur bei Thyssen:

    "Also ich meine jeder, der hier teilnimmt, hat sicher auch ein gewisses Potential. Und das Engagement ist auch ganz wichtig: Also Schiffbaustudenten, die sich neben ihrem Studium noch in solchen Wettbewerben engagieren. Solche Leute sind teamfähig, innovativ - so was in der Richtung."

    "Wir haben jetzt noch das Beschleunigungsrennen, und auch im Beschleunigungsrennen wollen wir unbedingt Weltmeister werden. (In Danzig haben wir das souverän gewonnen, und von daher rechnen wir uns auch jetzt hier gute Chancen aus, wenigstens auf'm Treppchen zu landen.)"

    Doch im Beschleunigungsrennen über 6 Meter mit maximalem Tempo reicht es dieses Mal nicht für die Rostocker. Der Sieg geht in eine andere Hansestadt.

    " ... der Weltmeister aus Hamburg, die Technische Universität Hamburg-Harburg ... "

    Der blaue "Imperator" in Ruderboot-Optik war schneller. Enttäuschung bei den Lokalmatadoren.

    "Also, wir sind mit dem Startmodus nicht so richtig einverstanden. Aber gut, so ist das jetzt. Da hilft's jetzt auch nicht, traurig zu sein. Wir hoffen jetzt einfach, Sprintweltmeister zu sein, und dann ist gut."

    Und tatsächlich: Das Zielfoto macht die Rostocker zu Sprintweltmeistern. Und vielleicht auch bald zu gut bezahlten Schiffsbauingenieuren.