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Rovaniemi ist die Wunsch-Adresse für Kinder in der ganzen Welt

Auf den ersten Blick ist der Raum von einer gewöhnlichen Post in der Adventszeit kaum zu unterscheiden. Menschen drängeln sich um den runden Schalter. Die Angestellten verkaufen Weihnachtskarten, wiegen Briefe und Pakete und kassieren. Dass sie rote Wichtelmützen tragen und leise Weihnachtsmusik erklingt - nun auch das hat man andernorts schon gesehen.

Von Marc-Christoph Wagner |
    Und dennoch: geöffnet an 365 Tagen im Jahr, ein lodernder Kamin in der Ecke, jeder Brief von Hand gestempelt, ein Sprachendurcheinander wie in Babylon - ein bisschen ungewöhnlich ist dieses Postamt schon. Nicht zuletzt wegen der vielen gelben Kisten, aus denen Briefe quellen wie ein zu lange gegangener Teig.
    Es gibt keinen Tag, an dem der Weihnachtsmann keinen Brief erhält. Aber die meisten kommen natürlich in der Adventszeit, und weil nicht alle Postmänner dieser Welt so schnell sind wie wir, kommen einige nach Weihnachten. In den vergangenen Jahren waren es jeweils über eine halbe Million. Bei sieben bis neun Prozent können wir den Absender entziffern, und diese Briefe werden alle beantwortet - das sind zwischen 40.000 und 45.000 im Jahr.

    Taina Ollila ist, sollte man meinen, eine wichtige Frau - als Leiterin des Hauptpostamtes des Weihnachtsmannes ist sie seine oberste Gehilfin, zumindest in postalischen Dingen. Zusammen mit vier anderen Rotmützen weiblichen Geschlechts sitzt sie an einem Tisch in der Ecke des Raumes und öffnet Brief um Brief - derzeit sind es an manchen Tagen 30.000. Die Absender kommen aus aller Welt.

    Der Weihnachtsmann ist ja eine ganz besondere Person, der man seine tiefsten Geheimnisse anvertrauen kann. Viele berichten von ihren Hobbys, ihren Familien - und natürlich sind da die Geschenke, die sie sich zu Weihnachten wünschen. Aber Briefe nur mit Wünschen hat der Weihnachtsmann nicht so gerne, denn seine Helfer, die Wichtelmännchen, wissen natürlich längst, was die Kinder sich wünschen.

    Lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir ein schönes Computerspiel und eine Barbiepuppe. Das war alles, tschüß bis zu Weihnachten, Deine Jasmin. Der hier kommt von, Moment mal, aus Deutschland, aber ich weiß nicht wo, ach hier, Zella-Mehlis. Und dann haben wir einen anderen, da heißt es: So, jetzt, wenn die Mädchen hier alle Briefe gelesen und nach Ländern sortiert haben, dann gehen sie zu einem Computer und schreiben die Adresse von Jasmin und allen anderen ein, und dann schicken wir den Brief, wenn all dies gemacht ist.

    Reich oder nicht - jedenfalls hat der Joulupukki gute Verbindungen zur finnischen Post. Denn die bezahlt das Porto seiner Briefe, immerhin mehrere zehntausend Euro im Jahr. Doch nicht jeder, der ein Schreiben vom Weihnachtsmann erhält, bekommt auch einen individuellen Gruß.

    Aus allen Sendungen suchen wir die am häufigsten gestellten Fragen heraus - und die beantworten wir dann in einem in unterschiedlichen Sprachen verfassten Brief. Diesen aber schreiben wir nicht mit der Hand. Das schaffen selbst die vielen, fleißigen Wichtelmänner nicht.

    Doch keine Regel ohne Ausnahmen. Die Welt ist klein, sagt Taina Ollila, selbst hier am Polarkreis sind deren Krisen und Probleme oft ganz nah. Ist ein Kind krank oder hat eine Familie ein schweres Schicksal zu ertragen, schreiben die Wichtelmänner manches Mal sofort und schicken handgeschriebene Grüße vom Joulupukki - in der Hoffnung, diese mögen manche Schmerzen lindern.