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RTL strebt auch in Frankfurt an die Börse

Die RTL Group ist die Cash Cow des Bertelsmann-Konzerns: Fast 60 Prozent des Gewinns liefert die Luxemburger TV-Tochter. Dennoch will der Gütersloher Medienriese seine Beteiligung nun verringern.

Von Michael Braun |
    Ganz werden die Hoffnungen in Gütersloh nicht aufgehen. Für bis zu 62 Euro waren die RTL-Aktien aus dem Besitz des Bertelsmann-Konzerns angeboten worden. Heute Vormittag wurde in den Kapitalmarkt die Information geschickt, man werde sich auch mit bis zu 56,50 Euro zufriedengeben. Das lag näher an den Kursen, die heute für die RTL-Aktie in Luxemburg und Brüssel festgestellt wurden. RTL ist also schon an der Börse, kommt nur zusätzlich noch nach Frankfurt. Jacques Abramovicz von der Düsseldorfer Analysefirma TMT Consulting sagt, warum:

    "Man erhofft sich dadurch, dass man nach Frankfurt geht, natürlich mehr Liquidität in der Aktie und hoffentlich natürlich auch einen Einstieg in den M-DAX."

    Dass die RTL-Aktie als nicht liquide galt, also als nur schwer handelbar, lag hauptsächlich an den geringen Stückzahlen. Nur knapp acht Prozent des Kapitals waren frei handelbar. Gut 92 Prozent lagen in der Hand von Bertelsmann. Bertelsmann verringert nun seinen Anteil an RTL und damit an der profitabelsten Sparte des Konzerns, von gut 92 Prozent auf gut 75 Prozent. Es kommen also keine neuen Aktien an den Markt, RTL bekommt kein neues Geld für neue Vorhaben, der Alt- und Großaktionär braucht gleichwohl Geld. Wofür, das hatte Bertelsmann-Vorstand Thomas Rabe vor einem Monat bei der Bilanzvorlage erläutert: Der Medienkonzern will die Abhängigkeit vom wachstumsschwachen Europageschäft verringern:

    "Zum einen ist das langfristige Wachstumspotential unseres bestehenden Portfolios begrenzt. Sein geografischer Fokus liegt in Europa. Und damit in einer Region, die nur vergleichsweise geringes Wachstum ausweist. Zum anderen ändert sich unser Geschäftsmodell oder Geschäftsumfeld mit großer Dynamik. Gesellschaftliche und technologische Megatrends führen zu neuen Formen der Mediennutzung und neuen Möglichkeiten der Wertschöpfung. Wir haben uns vorgenommen, Bertelsmann in den kommenden Jahren wachstumsstärker, digitaler und internationaler zu machen."

    Etwas mehr als 75 Prozent von RTL bleiben aber bei Bertelsmann. Und damit auch die Macht. Die Gütersloher haben RTL bisher als Geldmaschine benutzt, haben sich hohe Dividenden auszahlen lassen, die zuweilen über das operative Ergebnis hinausgingen, erst recht 2012, als RTL eine Sonderdividende ausschütten musste. Dadurch hatte sich die Dividendenrendite, die sonst bei sieben acht Prozent lag, auf 14,2 Prozent nahezu verdoppelt. Die Ausschüttung hatte den Kurs belastet. Analyst Abramovicz hält die Chance auf einen dividendenträchtigen Titel gleichwohl für weiter gegeben:

    "Die Aktie ist ja schon stark zurückgekommen. Sie hat dieses Jahr 25 Prozent verloren. Wenn man die Sonderdividende herausrechnet, sind es immer noch 18 Prozent. Das ist natürlich eine Schwäche. Aber trotzdem: Das Programm kommt immer noch gut an. Man macht sehr viel durch Eigenproduktionen. Und dadurch kann man natürlich die Kosten weiterhin reduzieren."

    RTL tätigt in Deutschland 35 Prozent seiner Umsätze, macht hier aber mehr als 50 Prozent des Gewinns. Wachsen will die Mutter Bertelsmann anderswo. Dazu braucht sie die rund 1,4 Milliarden Euro, die der Aktienerlös bringen soll. Der Ausgabepreis soll heute Abend bekannt gegeben werden. Der erste Kurs in Frankfurt wird morgen kurz nach neun Uhr erwartet.