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Rucola

Rauke oder Rucola zählt zu den Salaten, obwohl geschmacklich keine Ähnlichkeit zu Kopfsalat und Co besteht. Während Eisbergsalat und Lollo bianco erst durch ihr Dressing Aroma bekommen, hat Rucola von sich aus mehr oder weniger Würze. In der italienischen Küche spielt Rucola schon lange eine Rolle; bei uns sind die dunkelgrünen, an Löwenzahn erinnernden Blätter erst seit wenigen Jahren zu haben.

von Susanne Kuhlmann |
    Wenn man Rucola findet, der gut riecht, dann kann man damit richtig viel machen. Man kann damit Salat machen mit Birne und Walnüssen und ein bisschen Parmesan drüberhobeln. Man kann ihn über Pizza streuen, oder man kann Rucola auch zu einem Nudelgericht verarbeiten.

    Rucola, der intensiv duftet, hat auch ein kräftiges Aroma, glaubt diese Hobbyköchin. Ein Versandhändler für Kräuter unterscheidet die sehr würzige italienische Wildform von der lediglich pikanten Kulturform des Rucola. Zwei unterschiedliche Sorten?

    Angeblich ja. Ich persönlich glaube es nicht. Ich glaube, die Bestände werden nach dem Prinzip der Auslese selektiert: immer die besten Pflanzen werden wieder vermehrt. Eine echte Züchtung wäre etwas anderes, eine Kreuzung, dass Sie neue Individuen bekomme. Ich denke, dass ist hier Sortenbildung durch Bestenauslese.

    Wolfgang Hein ist Gemüseexperte beim Centralmarkt Bornheim-Roisdorf in der Nähe von Bonn. Im Gewächshaus eines Anbauers, das dicht mit langen Reihen Rucola bepflanzt ist, kaut er einige der schmalen Blätter.

    Die dicke Überraschung kommt, wenn man den Rucola isst. Wir haben es gerade mal probiert. Ich habe den Geschmack noch im Mund. Ich mag ihn gar nicht so gerne, muss ich ehrlicherweise sagen. Wenn man kaut, dann geht der Geschmack nicht mehr weg.

    Als eine geschmackliche Mischung zwischen würziger Kresse und scharfem Meerrettich wird Rucola beschrieben. Diese Ähnlichkeit lässt sich unter anderem mit der engen Verwandtschaft der drei erklären.

    Die Schärfe kommt ähnlich wie bei Rettich durch Äthylsenföle. Die bringen die Schärfe hinein. Für mich wäre es ein fantastisches Würzkraut, aber kein Salat, den ich mit oder ohne Dressing essen würde.

    Rucola und Rettich gehören auch zur selben botanischen Familie, erklärt der Gemüsefachmann Wolfgang Hein.

    Es sind Kreuzblütler. Wir stehen in einem Gewächshaus und sehen gerade eine Fläche von 600, 700 Quadratmeter mit Rucola. Und einige sind etwas in Blüte. Daran sieht man auch, dass diese Pflanze eine einjährige Pflanze ist. Dieser Rucola ist gepflanzt worden Ende März. Er ist wärmeliebend. Die Wildform hat ihre Heimat nicht in Deutschland oder Mitteleuropa, sondern in Südeuropa, am Mittelmeer entlang. Das geht bis Griechenland. Aber Nordafrika wäre schon zu heiß.

    Viel Wasser und mäßige Wärme - das sind die Ansprüche des Rucola. In Deutschland wird er deshalb im Gewächshaus gezogen. Vergangenes Jahr wurden im Bereich des Centralmarktes Bornheim-Roisdorf bereits 500 000 Euro mit Rucola umgesetzt. Aber das Verhältnis von italienischer zu deutscher Ware liegt in der Bundesrepublik noch bei 6 zu 1. Wolfgang Hein probiert ein weiteres Blatt und wundert sich abermals über die Schärfe.

    Der ist relativ scharf, obwohl er sehr jung ist. Man weiß, dass die älteren Blätter so scharf werden, dass einem die Tränen in die Augen kommen. Das sind ganz junge Blätter. Das ist zartes Kraut. Der ist gerade zum ersten Schnitt angetreten. Da muss es Unterschiede geben. Ich weiß auch nicht, wie durchgezüchtet der ist. Es wird einfach naturgegeben, genetisch bedingt, weil es noch keine gleichförmige Sorte ist, Unterschiede in der Schärfe geben.

    Über die Sortenfrage lässt sich offenbar doch streiten, aber was die Inhaltsstoffe des Rucola betrifft, herrscht Klarheit. Die Rede war bereits von den für die Schärfe verantwortlichen Äthylsenfölen. Die Samen der Pflanzen enthalten 40 Prozent Öl.

    In Russland ist es üblich, diese Samen zu sammeln, das Öl abzupressen und dieses Öl mit zum Brennen zu verwenden. Die machen da einen Schnaps von. Ich habe ihn noch nicht getrunken. Kohlehydrate - also Zucker und Eiweiß sind drin, Kalzium, Kalium, Phosphor, Eisen, Natrium und Provitamin A. Und, was wichtig ist, er hat immerhin 35 Milligramm Vitamin C. Das ist mehr als ein durchschnittlicher Apfel hat.

    Leider gehört Rucola zu den nitratreichen Lebensmitteln. Im Körper wird Nitrat teilweise zu Nitrit umgewandelt, und Nitrit beeinträchtigt den Sauerstofftransport im Blut. Nitrat kann sich zu krebserregenden Nitrosaminen umbauen. Das Verbrauchermagazin Ökotest und das Bayerische Landesamt für Gesundheit haben Rucola testen lassen. Durchschnittlich wurden Nitratwerte von 2000 bis 3000 Milligramm pro Kilogramm gefunden. Zum Vergleich: Tomaten und Spargel beispielsweise gelten mit Gehalten unter 500 Milligramm als gering belastet. Mittlere Nitratgehalte bis 1000 Milligramm werden unter anderem in Möhren und Blumenkohl gemessen. Weil die Stiele des Rucola besonders viel Nitrat sammeln, sollte man sie vor dem Essen grundsätzlich abschneiden und nur die Blättchen verwenden. Und noch ein Tipp: Vitamin C verhindert zum Teil, dass Nitrat seine gefährlichen Stoffwechselprodukte bildet. Um diesen Effekt zu nutzen, kann man zum Beispiel Paprika mit Rucola kombinieren oder zum Säuern der Salatsoße Zitronensaft verwenden.