Wer durch die Säle im ersten Stock des Martin-Gropius-Baus in Berlin geht, kann sich vor Eindrücken kaum retten. Gigantische blutrote Gemälde an der Wand und auf dem Boden, Glockengeläut, Klangflächen und Blaskapellengeschmetter aus Lautsprechern, dazu Fotos und Filme. In ihnen sieht man nackte Menschen, an Kreuze gebunden - stoisch lassen sie ihre Geschlechtsteile mit Tierblut und Innereien überschütten. Zwischen diesen Exponaten schlurfen Wachleute auf und ab, die den Unmut über das ihnen Anvertraute kaum verbergen können. Hermann Nitsch ist längst im Zentrum des Kulturbetriebs angelangt, und doch spaltet sein monumentales Werk noch immer.
"Ich wollte nie provozieren. Ich wollte immer Intensität haben. Ich wollte etwas machen, das die Leute aufweckt, wo sie spüren, dass sie da sind - ja, dass sie hier und jetzt aufgewacht sind."
Der freundliche Herr, der mit schwarzem Ornat und Rauschebart an einen orthodoxen Würdenträger erinnert, passt eigentlich gar nicht zu dem Kunstberserker Hermann Nitsch, der seit 50 Jahren am "Orgien Mysterien Theater" wütet. Sein Entwurf eines kultischen Sechs-Tage-Spiels ist als Gesamtkunstwerk maßlos aufwendig; er mag blasphemisch erscheinen in seiner Vermischung dionysischer und christlicher Riten; er ist größenwahnsinnig in seiner Anknüpfung an Rubens, Wagner und Freud - aber in sich funktioniert er, und das sogar als gutbürgerliche Gemälde-Ausstellung:
"Der visuelle Anteil bei meinem Gesamtkunstwerk ist ein sehr großer. Meine Aktionen haben sehr viel mit optischen Eindrücken zu tun und kommen auch irgendwie von der Malerei her. Jetzt wird man in erster Linie Aktionsmalerei sehen, und diese Aktionsmalerei ist eigentlich eine Realisationsstufe meines Theaters."
Die Präsentation der bis zu sechs Mal neun Meter großen Bilder ist eindrucksvoll gelungen. Die mit Blut und Farbe beschütteten, bespritzten und gebürsteten Leinwände machen sich gut in den großen, hellen Sälen des Gropius-Baus. Allerdings gelingt es der Ausstellung nicht, die anfangs aufgebaute Spannung aufrechtzuerhalten: Nitschs Gemälde wirken vor allem als Solitäre. Eine nennenswerte Entwicklung zeigen sie über 45 Entstehungsjahre hinweg nicht. Auf 18 Räume verteilt, wiederholen sich "Kreuzwegstation", "Passionsfries" und "Geißelwand" in ihrer bisweilen bemühten Symbolik. Immerhin sind aus dem vergangenen Jahr Schüttbilder des gesamten Farbkreises zu sehen - doch ausgerechnet die wirken seltsam un-individuell. Nitschs Ästhetik ist und bleibt rot-weiß-rot und erinnert daran, dass diese Kunst auch eine sehr österreichische Angelegenheit ist - zwischen Provokation der Öffentlichkeit und Vereinnahmung durch den Staat: Einst steckte sein Land den angeblichen Pornografen ins Gefängnis, heute unterstützt das Kanzleramt in Wien Nitsch' Ausstellung in Berlin.
"Also, soweit ich mir die Kunstgeschichte ansehe, ist es eigentlich immer darum gegangen, dass diverse Künstler ihr Werk durchgesetzt haben. Immerhin, ich bin jetzt 68 Jahre alt, und es freut mich schon ein bisschen, wenn ich sehe, dass es da so viele Leute gibt, die mein Werk schätzen und die sich freuen, dass dieses Werk jetzt endlich einmal durchgekommen ist."
"Ich wollte nie provozieren. Ich wollte immer Intensität haben. Ich wollte etwas machen, das die Leute aufweckt, wo sie spüren, dass sie da sind - ja, dass sie hier und jetzt aufgewacht sind."
Der freundliche Herr, der mit schwarzem Ornat und Rauschebart an einen orthodoxen Würdenträger erinnert, passt eigentlich gar nicht zu dem Kunstberserker Hermann Nitsch, der seit 50 Jahren am "Orgien Mysterien Theater" wütet. Sein Entwurf eines kultischen Sechs-Tage-Spiels ist als Gesamtkunstwerk maßlos aufwendig; er mag blasphemisch erscheinen in seiner Vermischung dionysischer und christlicher Riten; er ist größenwahnsinnig in seiner Anknüpfung an Rubens, Wagner und Freud - aber in sich funktioniert er, und das sogar als gutbürgerliche Gemälde-Ausstellung:
"Der visuelle Anteil bei meinem Gesamtkunstwerk ist ein sehr großer. Meine Aktionen haben sehr viel mit optischen Eindrücken zu tun und kommen auch irgendwie von der Malerei her. Jetzt wird man in erster Linie Aktionsmalerei sehen, und diese Aktionsmalerei ist eigentlich eine Realisationsstufe meines Theaters."
Die Präsentation der bis zu sechs Mal neun Meter großen Bilder ist eindrucksvoll gelungen. Die mit Blut und Farbe beschütteten, bespritzten und gebürsteten Leinwände machen sich gut in den großen, hellen Sälen des Gropius-Baus. Allerdings gelingt es der Ausstellung nicht, die anfangs aufgebaute Spannung aufrechtzuerhalten: Nitschs Gemälde wirken vor allem als Solitäre. Eine nennenswerte Entwicklung zeigen sie über 45 Entstehungsjahre hinweg nicht. Auf 18 Räume verteilt, wiederholen sich "Kreuzwegstation", "Passionsfries" und "Geißelwand" in ihrer bisweilen bemühten Symbolik. Immerhin sind aus dem vergangenen Jahr Schüttbilder des gesamten Farbkreises zu sehen - doch ausgerechnet die wirken seltsam un-individuell. Nitschs Ästhetik ist und bleibt rot-weiß-rot und erinnert daran, dass diese Kunst auch eine sehr österreichische Angelegenheit ist - zwischen Provokation der Öffentlichkeit und Vereinnahmung durch den Staat: Einst steckte sein Land den angeblichen Pornografen ins Gefängnis, heute unterstützt das Kanzleramt in Wien Nitsch' Ausstellung in Berlin.
"Also, soweit ich mir die Kunstgeschichte ansehe, ist es eigentlich immer darum gegangen, dass diverse Künstler ihr Werk durchgesetzt haben. Immerhin, ich bin jetzt 68 Jahre alt, und es freut mich schon ein bisschen, wenn ich sehe, dass es da so viele Leute gibt, die mein Werk schätzen und die sich freuen, dass dieses Werk jetzt endlich einmal durchgekommen ist."