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Rückfall ins 19. Jahrhundert?

Koldehoff: Die an Museen schon jetzt nicht arme Stadt Düsseldorf wird bald noch eines mehr haben: Im Frühsommer soll an prominenter Stelle, in der Altstadt, direkt am Rheinufer, eine klassische Akademie-Galerie eröffnet werden, wie es sie vor allem im 19. Jahrhundert gab, als niemand Künstler werden konnte, der nicht an einer Akademie das Handwerk gelernt hatte. Die Düsseldorfer Akademie der Künste will an diese Tradition anknüpfen. Gezeigt werden sollen deshalb, so die bisherigen Erklärungen, ausschließlich Werke der Akademie-Professoren. Nun hatte das Düsseldorfer Institut, und hat es noch, derer eine Reihe Hochbedeutender: Paul Klee zum Beispiel, den die Nationalsozialisten als "entartet" verfemten. Oder Ewald Mataré, der sich als erster Rektor nach dem Krieg damit auseinander setzen musste. Dessen Schüler Joseph Beuys. Gerhard Richter. Gotthard Graubner. Oder Bernd und Hella Becher. Es gab aber auch wichtige Schüler der Akademie, für die nun kein Platz in jenen 625 Quadratmetern sein sollen, die mit 1,5 Millionen Euro aus Landesmitteln gerade für Ausstellungen hergerichtet worden sind. Sigmar Polke oder Andreas Gursky müssten also ebenso draußen bleiben wie junge, noch unbekannte Absolventen. Einen "Skandal" hat das gerade der Bundesverband Deutscher Galerien genannt und kritisiert, hier würden öffentliche Mittel dafür eingesetzt, etablierte Künstler und Professoren zu fördern, die diese Unterstützung in keiner Weise benötigten. Frage an den Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, Markus Lüpertz, was genau soll denn nun wann in Ihrem Haus stattfinden?

Markus Lüpertz im Gespräch |
    Lüpertz: Wir hoffen, dass wir bis Ende Mai die erste große Ausstellung haben. Angedacht ist eine Mataré-Ausstellung, um dort also von vorneherein schon mal zu zeigen, dass wir also auch die Vergangenheit aufarbeiten und bis in die Gegenwart, die heutige, die aktuelle Gegenwart und Vergangenheit gleichmäßig behandeln.

    Koldehoff: Und diese Mataré-Ausstellung wird eine Ausstellung sein aus was für Beständen?

    Lüpertz: Es gibt Sammlungen, die interessiert sind, mit uns das zu machen. Es gibt Privatsammler, die wir dann also quasi besuchen werden. Und dann hoffen wir natürlich, dann auch an den Nachlass und Nachlässe von Herrn Mataré ranzukommen, dass wir dann auch für unsere Sammlung eine Arbeit gestiftet bekommen.

    Koldehoff: Gleichzeitig verfügt die Akademie ja schon jetzt über eine eigene Sammlung, die zum Teil als Leihgabe im ehemaligen Kunstmuseum, heute Museum Kunst, gezeigt wird.

    Lüpertz: Das endet aber im 19. Jahrhundert und ist dann also im 19. Jahrhundert angesiedelt, und bleibt dort, weil wir dort einen Leihvertrag für 30 Jahre haben mit dem Museum. Da wird man schauen, was passiert, wenn dann sich das Museum etabliert hat. Vielleicht kann man das dann auch übernehmen, aber das ist eine Sache, die liegt in der Zukunft.

    Koldehoff: Wird es denn eine Dauerausstellung in der Galerie geben?

    Lüpertz: Es gibt erst mal Präsentationen. Erst mal werden die Schenkungen der Professoren vorgestellt. Dann gibt es Ausstellungen, also von ehemaligen Professoren, um also darauf zu weisen, dass wir also quasi nach dem Kriege anfangen zu sammeln. Und dann wird es natürlich bis heute aktuell Ausstellungen geben. Es wird natürlich auch Hängungen geben. Es wird Wochen geben, wo also eine Acrochage gehängt ist. Aber Sie dürfen ja nicht vergessen, das ist ja auch gleichzeitig ein Institut der Akademie, wo also Lehrveranstaltungen stattfinden für die Schüler.

    Koldehoff: Wenn Sie jetzt sagen, es werden zunächst die Leihgaben und die Geschenke von ehemaligen Professoren gehängt, dann heißt das, Sie waren in den letzten Monaten aktiv und haben um solche Stiftungen gebeten.

    Lüpertz: Richtig.

    Koldehoff: Wer hat darauf reagiert?

    Lüpertz: Alle. Die, die an der Akademie lehren, auf jeden Fall. Dann die ehemaligen, soweit sie noch selbst am Leben sind. Also es gibt ganz - das ist Graubner, das ist Gladbeck, das ist also wen Sie wollen. Sie sind also alle hellauf begeistert und sind gerne bereit, Arbeiten dafür zur Verfügung zu stellen.

    Koldehoff: Nun hat es in der Öffentlichkeit auch Kritik gegeben. Die Kritik nämlich,...

    Lüpertz: Nein, es hat in der Öffentlichkeit keine Kritik gegeben.

    Koldehoff: Der Bundesverband der Deutschen Galerien hat von einem Skandal gesprochen, das dort...

    Lüpertz: Ja gut, aber der Mann ist ein Dummkopf. Also der hat überhaupt nichts begriffen. Der hat gedacht, eine Galerie wäre eine Galerie, wie er eine Galerie betreibt. Aber er hat nicht begriffen, dass es den Begriff "Galerie" auch für Kunstausstellungen für Museen gibt.

    Koldehoff: Warum jetzt die Entscheidung dort "nur" Arbeiten von ehemaligen oder aktiven Professoren der Galerie zu zeigen?

    Lüpertz: Na ja, weil das nun die Akademie ausmacht. Die Akademie ist ja das Bild derer, die hier lehren. Das ist ja die Atmosphäre der Akademie. Infolgedessen ist das ja eine Sache, die eine ganz spezielle Sicht öffnet auf Kunst.

    Koldehoff: Auf der anderen Seite haben Sie selbst, aber auch Professoren wie Gerhard Richter oder wie Bernd und Hella Becher nun ja auch eine ganze Reihe bemerkenswerter Schüler hervorgebracht. Warum die Entscheidung...

    Lüpertz: Weil das diejenigen sind, die die Akademie repräsentieren. Und das ist eine Galerie, die die Akademie präsentiert. Selbstverständlich sind sie als Schüler dieses Hauses zu Ehre und Ruhm dieses Hauses da und wenn zum Beispiel ein Schüler wie zum Beispiel Polke, der noch nicht Professor da war, auf dem Sterbebett 20 Bilder an die Sammlung Kunstakademie vermacht, wäre ich ein Idiot, wenn ich das nicht nehmen würde.

    Koldehoff: Das heißt also, keine rigide Vorgabe...

    Lüpertz: Nein. Nein, wenn ein Kollege berühmt ist und bedeutend ist, und sich dann also der Akademie verpflichtet fühlt und dann diese Sammlung damit bereichert wird, wird das dankend und herzlich gern angenommen.

    Koldehoff: Wer entscheidet darüber? Gibt es ein Gremium?

    Lüpertz: Selbstverständlich.

    Koldehoff: Das heißt, einen Beirat, der entscheidet, was gezeigt wird.

    Lüpertz: Ja was heißt denn Beirat? Das sind die Kollegen. Wir sind ja ein kleines Kollegium und alle Entscheidungen werden hier im Verein getroffen.

    Koldehoff: Direktor der Galerie der Akademie wird Siegfried Gohr werden. Welche Vorgaben hat er seitens der Akademie? Was ist seine Aufgabe, wie ist das beschrieben?

    Lüpertz: Also erst mal ist er Professor für Kunsthistorie und zweitens betreut er intellektuell und in der Handhabung das Museum Kunstakademie, Kunstgalerie Düsseldorf. Natürlich wird immer diese Entscheidung, was ausgestellt wird, wie es ausgestellt wird, das wird immer also ein Spielgebiet des jeweiligen Rektorats mit dem Senat, mit den Professoren sein. Die haben hier ja sehr, wie soll ich sagen, also miteinander eine Idee von solchen Sachen, deswegen wird darüber diskutiert und dann wird dann Gohr diese gewünschten - mit seiner eigenen Einbringung - Resultate umsetzen.