Donnerstag, 25. April 2024

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Rückrufaktionen
"Hersteller sparen an der falschen Stelle"

Toyota ruft wegen technischer Probleme mehr als sechs Millionen Autos zurück. Auch wenn in der Wahrnehmung vieler Menschen Rückrufaktionen zugenommen hätten, seien Autos insgesamt sicherer geworden, sagte Rainer Hillgärtner vom Auto-Club Europa im DLF. Rückrufe sollten unbedingt befolgt werden.

Rainer Hillgärtner im Gespräch mit Georg Ehring | 10.04.2014
    Die Silhouette von Menschen vor einem Toyota-Zeichen.
    Ein Toyota-Logo mit Schriftzug (dpa / Uli Deck)
    Georg Ehring: Toyota ruft mehr als sechs Millionen Autos in die Werkstätten zurück. Technische Probleme unter anderem an der Lenksäule seien die Gründe, teilte der Autohersteller mit, und in Deutschland sind 92.000 Fahrzeuge der Modelle Yaris und Urban Cruiser betroffen.
    Toyota ist mit dem Rückruf nicht allein; General Motors musste kürzlich mehr als zwei Millionen Fahrzeuge zurückrufen, letztes Jahr war VW beispielsweise mit ebenfalls über zwei Millionen Autos dran. Viele Autofahrer haben den Eindruck, dass sich Rückrufaktionen häufen, und über den Umgang damit möchte ich jetzt mit Rainer Hillgärtner vom Auto-Club Europa sprechen. Guten Tag, Herr Hillgärtner!
    Rainer Hillgärtner: Hallo, Herr Ehring.
    Ehring: Herr Hillgärtner, haben Sie denn auch den Eindruck, dass solche Aktionen häufiger werden?
    Hillgärtner: Ja, mit Blick auf die Berichterstattung entsteht schon der Eindruck, dass derartige Rückrufe immer häufiger passieren. Andererseits können wir mit Beruhigung feststellen, dass die Autos insgesamt sicherer geworden sind. Man bekommt ja heute häufig auch übers Display angezeigt, wenn eine Leuchte nicht in Ordnung ist, defekt ist, und andere Dinge mehr werden als Fehler dem Autobesitzer angezeigt.
    Und das, was wir jetzt mit den Rückrufen erleben, ist sicherlich ein Warnruf in Richtung der Autohersteller selbst, denn offenbar klappt die Qualitätssicherung nicht überall, und es betrifft ja dann auch Teile, die sicherheitsrelevant sind, und wichtig in dem Zusammenhang ist, dass sich hier in Deutschland das Kraftfahrt-Bundesamt, das KBA, sorgt und darum kümmert, dass derartige Rückrufe auch stattfinden.
    Ehring: Autos werden ja immer komplizierter, immer mehr Elektronik ist eingebaut. Hat es was damit zu tun, dass die Rückrufe häufiger werden, oder hat das vielleicht auch andere Ursachen?
    Hillgärtner: Zunächst mal ist es so, dass die Entwicklungsintervalle bei den Herstellern immer kürzer werden und immer mehr Firmen, Zulieferer beteiligt sind an dem Bau eines Autos. Sie haben recht mit dem Hinweis, dass die Fahrzeuge in ihrer Komplexität ja komplizierter, problematischer geworden sind, und deshalb kommt es darauf an, dass die verschiedenen Bauteile ineinander greifen und dass die Hersteller nicht an der falschen Stelle sparen.
    Kleinteile, die wenige Cent kosten, verursachen Milliardenkosten
    Häufig sind es jetzt auch bei diesen Rückrufaktionen Kleinteile, die wenige Cent kosten, am Ende dann aber für die Hersteller selbst Milliarden Kosten verursachen, denn diese Rückrufe verursachen natürlich Aufwand und bei Toyota beispielsweise geht das dann auch mit Blick auf die Stückzahl schnell in die Milliarden, umgerechnet in Euro. So gesehen ist es jetzt nicht nur ein Akt der Fürsorge, sondern da kommt dann das von mir erwähnte KBA, das Kraftfahrt-Bundesamt ins Spiel, die so etwas darstellen wie eine Produktsicherheitsbehörde, und in der Dimensionierung halten sich die Rückrufe in Grenzen. Sie haben eben selbst genannt die, wenn ich mich recht erinnere, 90.000 Toyota-Fahrzeuge.
    Schwere Mängel in 58 Prozent der Fälle
    Insgesamt waren es, glaube ich, im letzten Jahr etwas mehr als 770 Rückrufe, das heißt, wo Halter, Kraftfahrzeughalter über das KBA informiert wurden, dass die Fahrzeuge nicht in Ordnung sind. In 58 Prozent aller dieser Fälle gab es besonders schwere Mängel, und so gesehen ist es wichtig für die Autohalter, sich dann auch in die Werkstatt zu begeben, das heißt, diesen Rückruf auch zu befolgen. Selbst dann gibt es bei einigen Autohaltern nicht hinreichend Disziplin und Sorgsamkeit, weil beim letzten Mal, als man das durchgezählt hat, 2013, mehr als 9000 Fälle registriert wurden, wo die Fahrzeughalter trotz wiederholter Mahnung diesem Rückruf nicht gefolgt sind, und das bedeutet, dass dann diese Fahrzeuge behördlich stillgelegt werden müssen. Sie bekommen dann die Betriebserlaubnis entzogen aus sicherheitsrelevanten Gründen.
    Ehring: Kann ich denn eigentlich sicher sein, ganz kurz zum Schluss, dass ich von der Aktion überhaupt erfahre?
    Hillgärtner: Ja. Da gibt es zum einen die Medien. Deutschlandfunk und andere Medien spielen das Thema ja, machen darauf aufmerksam. Es gibt dann den behördlichen Weg des Kraftfahrt-Bundesamtes. Es gibt dann den herstellerseitigen Weg, das heißt, wo der Autohändler seinen Kunden anschreibt. Das ist ja alles gelistet, so dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es da eine Versorgungslücke gibt im Hinblick auf die Informationen zu Rückrufen.
    Ehring: Rainer Hillgärtner vom Auto-Club Europa – ganz herzlichen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.