Samstag, 20. April 2024

Archiv


Rückstände in Backwaren

Die Getreideprodukte waren bisher weniger im Zentrum des Interesses als etwa das Fleisch. Doch im Zuge der Analyse möglicher chemischer Verbindungen, die eine Gefahr für den Verbraucher darstellen, widmen ihnen die Wissenschaftler immer größere Aufmerksamkeit, erläutert Professor Peter Schieberle vom Institut für Lebensmittelchemie der Technischen Universität München.

Von Annette Eversberg | 25.06.2003
    Zunächst mal muss bei jeder Verbindung bekannt sein, dass sie gesundheitsgefährdend ist oder dazu beiträgt, dass man die Gesundheit fördert. Diese Untersuchungen müssen zunächst abgelaufen sein. Es gibt Verbindungen, die beim Backen entstehen, die durchaus positiv sind, und nun gibt es auch das Acrylamid, wo man der Meinung ist derzeit, dass es der Gesundheit nicht so zuträglich ist. Das heißt Sie haben ein Produkt, eine Brotkruste, da haben Sie positiv und negativ gemeinsam.

    Deshalb sind die Forschungseinrichtungen in Deutschland dabei, nach Verfahren zu suchen, wie sie schädliche Reaktionen beeinflussen können. Beim Acrylamid ist man schon einen Schritt weiter. Peter Schieberle.

    Es ist ja identifiziert worden, dass eine Aminosäure, die in der Kartoffel vorliegt, das Asparagin, dass aus dieser Aminosäure durch einen Erhitzungsprozess das Acrylamid entsteht. Man kann sich nun vorstellen, dass diese Aminosäure durch eine enzymatische Behandlung so modifiziert wird, dass sie in Gegenwart von Zuckern beim Erhitzen nicht mehr Acrylamid bildet, und das wurde diskutiert, welche Möglichkeiten man da gegebenenfalls hat.

    Während die Wissenschaftler ihren Beitrag zur Lebensmittelsicherheit leisten, achten die Lebensmitteluntersuchungsämter der Bundesländer verstärkt auf die Einhaltung von einmal festgelegten Grenzwerten. Bei der Verwendung von Schwefeldioxid in Backwaren darf der Grenzwert von 10 Milligramm pro Kilogramm in Hessen nicht überschritten werden. Eine bundeseinheitliche Regelung steht noch aus. Dr. Hasan Taschan vom Staatlichen Untersuchungsamt in Hessen sieht jedoch generell keinen Grund für die Verwendung von Schwefeldioxid etwa in Äpfeln, die in Backwaren verarbeitet werden.

    Das ist ein Stoff, der nicht so erwünscht ist aus meiner Sicht. Der Stoff hat auch gewisse Nachteile, natürlich nach bestimmten Mengen. Das ist bekannt, dass das Schwefeldioxid ein Vitamin-B-Killer ist, dass das Schwefeldioxid allergische Reaktionen verursacht, das sind die wichtigsten Eigenschaften.

    Die Erkenntnisse über die Bedeutung von chemischen Verbindungen und die Wirkung von Zusatzstoffen in den Lebensmitteln sollen auch Eingang in das Lebensmittelrecht finden. Die EU-Basisverordnung Lebensmittelrecht, die Gentechnikgesetzgebung und die Etikettierungsverordnung für Lebensmittel werden gegenwärtig novelliert. Bei der Etikettierungsverordnung beispielsweise werden die Inhaltsstoffe von Nahrungsmitteln stärker offengelegt, als dies bisher der Fall war. Vor allen Dingen solche, die beim Verbraucher Allergien auslösen können. Dazu gehört glutenhaltiges Getreide ebenso wie Krebstiere, Fisch, Soja, Erdnüsse, Sellerie oder auch das Schwefeldioxid. Diese Offenlegung auch im Hinblick auf die Gentechnikgesetzgebung bereitet der Industrie noch Probleme. Einige wehren sich gegen die neuen Bestimmungen, andere geben dem Druck des Verbrauchers oder des Handels nach, der genaue Angaben als neue Marketingstrategie versteht. Deshalb will Oetker auf die Verwendung von Sojaöl verzichten, weil herkömmliches, also nicht gentechnisch verändertes Sojaöl nicht in ausreichender Menge zu bekommen ist. Und will stattdessen Sonnenblumenöl verwenden. Ein weiteres Problem stellt sich bei der Herstellung. Spuren von allergieauslösenden Stoffen wie Erdnüsse können in Backwaren vorhanden sein, wenn erdnusshaltige und erdnussfreie Backwaren nacheinander produziert werden. Einige Hersteller sind deshalb für flexiblere Bestimmungen. Achim Junker vom Verband Deutscher Großbäckereien in Düsseldorf hält jedoch die saubere Trennung von Herstellungsverfahren technisch durchaus für möglich.

    Die Hersteller müssen darauf achten, dass solche Crosskontaminationen nicht vorkommen. Sie haften anschließend, wenn das passiert, und deshalb ist es im eigenen Interesse der Hersteller, diese Kontaminationen möglich zu vermeiden. Außerdem gibt es dann auch eine Kennzeichnungspflicht, dass solche Kontaminationen bestehen könnten.