
Neuer ungarischer Staatspräsident soll der bisherige Leiter des Verfassungsgerichts, Sulyok, werden. Der Fraktionsvorsitzende der Fidesz-Partei, Kocsis, erklärte im Fernsehen, dieser sei die am besten geeignete Person, um die Einheit der Nation zu verkörpern. Sulyoks Ernennung zum Präsidenten muss noch vom Parlament bestätigt werden. Das gilt als Formsache, weil Fidesz zusammen mit einem Koalitionspartner eine Zweidrittel-Mehrheit hat.
Opposition fordert direkte Wahl des Präsidenten
Oppositionspolitiker kritisierten die Wahl Sulyoks. Sie bezeichnen ihn als "Soldat der Fidesz-Partei". Für Sonntag rufen sie zu einer Demonstration in Budapest auf. Sie fordern eine direkte Wahl des Präsidenten.
Orban und seine Regierung hatten den Schutz von Kindern unter anderem vor sexueller Gewalt zu einem ihrer Kernthemen erklärt. Im vergangenen Jahr begnadigte die zurückgetretene Präsidentin Novak allerdings einen Mann, der wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen verurteilt worden war. Die Begnadigung unterschrieben hatte auch die ehemalige Justizministerin Varga, die im Sommer als Spitzenkandidatin der Fidesz-Partei bei den Europawahlen antreten sollte. Auch sie ist inzwischen von allen Ämtern zurückgetreten.
Die Empörung in der Bevölkerung über die Begnadigung hatte am vergangenen Wochenende zu einer Demonstration mit zehntausenden Menschen in Budapest geführt. Mehr als 100 Prominente waren dabei. Auch die katholische Kirche hatte sich kritisch geäußert und betont, das Gnadengesuch sei zwar zum Zeitpunkt des Papstbesuches in Ungarn gestellt worden, aber in keiner Weise mit dem Vatikan abgestimmt. Die Unterstützung durch die großen Kirchen ist in Orbans Außendarstellung sehr wichtig.
Drei Vertraute von Orban legen Ämter nieder
Auch der leitende Bischof der reformierten Kirche des Landes, Balog, legte sein Amt nieder. Dem Bischof wird vorgeworfen, Novak geraten zu haben, den verurteilten Mann zu begnadigen. Balog ist ein langjähriger Weggefährte von Ministerpräsident Orban: Bis 2018 war er sechs Jahre lang Minister unter ihm. Damit legten zuletzt gleich drei Vertraute von Orban ihre Ämter nieder.
Orban hat nun angekündigt, den Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder zu verschärfen. So will er etwa per Verfassungsänderung erreichen, dass derartige Straftäter niemals begnadigt werden können.
Mit dem "Schutz von Minderjährigen" hatte die ungarische Regierung aber auch die Verbreitung von Filmen oder Büchern unter anderem über Schwule, Lesben oder Transgender verboten. Nach Ansicht der EU-Kommission verstößt das Verbot gegen EU-Werte und gegen die Grundrechte von Angehörigen sexueller Minderheiten.
Diese Nachricht wurde am 23.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.