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Ruhe vor dem Sturm

Dass die Finanzkrise auch Folgen für die Kultur haben wird, liegt auf der Hand. Bisher ist die Lage zwar noch relativ entspannt, aber erste Hiobsbotschaften gibt es bereits. So stellen manche Banken und Unternehmen den Kultureinrichtungen weniger Mittel als bisher zur Verfügung.

Von Margarete Limberg | 05.03.2009
    Die Gefahren, die sich aus der Finanzkrise für die Kultur ergeben, liegen eher in der Zukunft, wohl deshalb war der Kulturausschuss nur in kleiner Besetzung erschienen. Die öffentlichen Haushalte für dieses Jahr sind verabschiedet, vertragliche Förderzusagen Dritter ebenfalls unter Dach und Fach. Ungemach wittern Kulturpolitiker vor allem da, wo kulturelle Einrichtungen auf private Geldgeber angewiesen sind. So tauchte schon das Schreckgespenst von Unternehmern auf, die ihre Leihgaben aus den Museen holen, um durch deren Verkauf ihre finanziellen Nöte zu lindern. Michael Roßnagel, Vorsitzender des Arbeitskreises Kultursponsoring des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, versucht die Gemüter zu beruhigen:

    "Bilder, die im Museum sind, werden Bilder sein, die künftig auch im Museum bleiben. Da ist man sehr, sehr positiv, konservativ."

    Von Panik kann also keine Rede sein. Dazu trägt auch der Hinweis darauf bei, dass der Anteil der privaten Kulturfinanzierung an den insgesamt acht Milliarden Euro Kulturausgaben in Deutschland mit 600 Millionen noch relativ gering ist. Dennoch gibt es durchaus Anlass zur Sorge.

    Bei der privaten Kulturfinanzierung geht es ja keineswegs nur um die "Sahnehauben", um die Glamour – Events des Kulturbetriebs, sondern auch um sehr viel weniger spektakuläre, aber dafür oft sehr viel essenziellere Bereiche. Barbara Lison, die Präsidentin von Bibliothek und Information Deutschland, schildert ihre Befürchtungen:

    "Gerade bei wissenschaftlichen Bibliotheken, bei Bibliotheken, die das kulturelle Erbe verwalten, spielen private Gelder schon eine größere Rolle beim Ankauf von bestimmten Beständen, aber auch gerade bei der Restaurierung. Dass es da rückläufige Tendenzen geben kann, wird stark befürchtet."

    Auch wenn zurzeit die Kulturfinanzierung gesichert ist - niemand zweifelt daran, dass spätestens im kommenden Jahr ein starker Einbruch zu erwarten ist. Dann werden die Kommunen angesichts steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Gewerbesteuer überlegen müssen, wo sie Einsparungen vornehmen und nach altem Muster als erstes die Kultur ins Visier nehmen. Die kulturelle Bildung sieht Klaus Hebborn vom Deutschen Städtetag in besonderer Weise betroffen:

    "… weil sie im Aufgabenspektrum der Kommunen zu den rechtlich freiwilligen Aufgaben gehört und von daher, wenn es um Sparbemühungen auf Grund von rückgängigen öffentlichen und kommunalen Haushalten geht, verstärkt immer Gefahr läuft, besonders betroffen zu sein."

    Freischaffende, die projektbezogen arbeiten, spüren schon jetzt den raueren Wind. Und für kleinere Festivals und kommunale Museen sehen die Experten schwierige Zeiten voraus.

    Auf das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung kann die Kultur nur sehr begrenzt hoffen. Sicher wird es Investitionen im Kulturbereich ermöglichen, für Sanierungen etwa, nicht aber für den laufenden Betrieb und das Personal. Vor den Auswirkungen der Finanzkrise wird es nach Einschätzung der Experten den Kulturbereich direkt nicht schützen können. Und mit Sicherheit werden die Kultureinrichtungen sich nicht nur gegen die Ansprüche des Straßenbaus und anderer dringender Infrastrukturinvestitionen behaupten müssen, sondern sich auch auf einen Konkurrenzkampf untereinander einstellen müssen.

    Ob es der Kultur in dieser Situation helfen würde, wenn sie als Staatsziel im Grundgesetz stünde, ist eine seit langem diskutierte Frage. Olaf Zimmermann, Generalsekretär des Deutschen Kulturrats und notorischer Befürworter des Staatsziels Kultur, dämpft die Erwartungen, hält es aber keineswegs für überflüssig:

    "Ich glaube, dass das Staatsziel nicht das Allheilmittel ist, aber es ist ein ganz wichtiges Instrumentarium, um klarzumachen, dass die Gesellschaft nicht will, dass Kultur zur freien Verfügungsmasse wird. Das ist kein juristisch einklagbarer Titel, aber ich glaube, es enthält schon erheblich mehr als so `ne weiße Salbe."

    Wie man sich gegen die Folgen der Krise schützen kann, blieb bei der Anhörung eher vage. Natürlich gab es den Appell, die öffentlichen Kulturetats wenigstens stabil zu halten. Das Konjunkturpaket solle kulturfreundlicher ausgelegt und das Stiftungsrecht so reformiert werden, dass den Stiftungen nachhaltiges Engagement möglich ist, waren einige der Forderungen an die Politik. Ob auf diese Weise die kulturellen Einrichtungen sturmfest gemacht werden können, wie der Vorsitzende des Kulturausschusses, Hans-Joachim Otto hofft, bleibt fraglich. Nur dass der Sturm kommt, scheint sicher zu sein.