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Rumänien
Parlament stimmt über Pontas Immunität ab

Die rumänische Anti-Korruptionsbehörde DNA wirft dem Regierungschef Dokumentenfälschung und Geldwäsche vor, die Staatsanwaltschaft ermittelt und der Staatspräsident fordert seinen Rücktritt - doch Victor Ponta will im Amt bleiben - heute stimmt das Parlament über seine Immunität ab.

Von Ralf Borchard | 09.06.2015
    Rumäniens Ministerpräsident Ponta am 05.06.2015 in Bukarest
    Rumäniens Ministerpräsident Ponta sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. (picture-alliance / dpa / Octav Ganea)
    An Korruptionsermittlungen gegen hochrangige Politiker sind die Rumänen eigentlich gewöhnt. Fünf sozialdemokratische Minister der Regierung Ponta mussten schon zurücktreten, auch im konservativen Oppositionslager folgt eine Ermittlung der anderen. Doch das hat es noch nie gegeben: Korruptionsermittlungen gegen einen amtierenden Regierungschef."„Nieder mit Ponta" riefen wütende Demonstranten in Bukarest.
    Der 42-jährige Victor Ponta selbst schließt einen Rücktritt aus. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist aus seiner Sicht politisch motiviert: "Ich betrachte mich als unschuldig, was die Anklagen mir gegenüber angeht", so Ponta. "So oft ich dazu aufgefordert werden sollte, werde ich mich den Anhörungen vor Staatsanwaltschaft und Richtern stellen. Doch ich bin absolut überzeugt, dass letzten Endes die Wahrheit ans Licht kommt."
    Die Vorwürfe: Dokumentenfälschung und Geldwäsche
    Die rumänische Anti-Korruptionsbehörde DNA wirft dem Regierungschef Dokumentenfälschung und Geldwäsche vor. In den Jahren 2007 und 2008 habe Ponta als Rechtsanwalt fiktive Leistungen in Rechnung gestellt, die Begründung für die Rechnungen gefälscht und von den Honoraren unten anderem zwei Wohnungen gekauft, zitieren rumänische Medien aus den Ermittlungsakten. Besonders heikel: Die betroffene Anwaltskanzlei wurde damals von Pontas Parteifreund Dan Sova geleitet. Ponta holte Sova später als Minister in seine Regierung.
    Für den rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis gibt es nur eine Konsequenz: Rücktritt – sofort: "Meiner Ansicht nach ist es eine untragbare Situation für Rumänien, dass sein Premierminister der Straftaten beschuldigt wird," so Johannis. "Was Rumänien zur Zeit am wenigsten brauchen kann, ist eine politische Krise. In Anbetracht dieser Tatsachen fordere ich den Rücktritt von Premierminister Victor Ponta."
    Ponta bleibt durch seine Immunität geschützt
    Johannis und Ponta haben erst vor kurzem gegeneinander Wahlkampf geführt. Eigentlich wollte Ponta selbst ins Präsidentenamt, verlor die Stichwahl Ende vergangenen Jahres aber überraschend. Johannis hatte im Wahlkampf gegen Ponta vor allem eines versprochen: konsequent Anti-Korruptions-Ermittlungen zu unterstützen. Formal bleibt Ponta allerdings durch seine Immunität als Parlamentsabgeordneter geschützt. Es wird erwartet, dass das Parlament mit der Mehrheit von Pontas Sozialdemokraten gegen eine Aufhebung der Immunität stimmt. Für den Journalisten Cristian Tudor Popescu, Kommentator eines unabhängigen Internetportals, alles keine Überraschung: "Dass Herr Ponta nicht zurücktreten will, überrascht mich ganz und gar nicht", so Popescu. „Es ist nur natürlich, wenn man bedenkt, dass er auch vor drei Jahren, als seine Doktorarbeit als geradezu unverschämtes Plagiat enthüllt wurde, nicht zurückgetreten ist. Er hat seine Dickfelligkeit noch gesteigert und immer einfach weitergemacht."
    Die nächsten regulären Parlamentswahlen stehen in Rumänien erst 2016 an. Gut möglich, dass sich der Machtkampf Johannis gegen Ponta bis dahin fortsetzt – mit einem Regierungschef, der zwar unter Korruptionsverdacht steht, den seine Immunität aber gegen eine formale Anklage schützt.