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Rumänien sorgt sich wegen der Eurokrise

Vor seinem Abflug zum EU-Gipfel beklagte der rumänische Staatspräsident das zögerliche Vorgehen seiner Amtskollegen in der Schuldenkrise. Er fürchtet massive Auswirkungen für die eigene Volkswirtschaft und stimmte seine Landsleute schon einmal auf harte Zeiten ein.

Von Jörg Paas | 26.10.2011
    Rumäniens Staatspräsident Traian Basescu ist bekannt als Freund deutlicher Worte. Und so ließ auch sein Statement vor dem Abflug zum EU-Gipfel nach Brüssel nichts an Schärfe vermissen. Klar und unmissverständlich gab Basescu zu erkennen, was er vom Vorgehen vieler Amtskollegen innerhalb der EU in Sachen Rettungsschirm und Griechenland hält.

    "Wir haben es hier und jetzt nicht allein mit der Verantwortung Griechenlands zu tun. Die führenden Politiker in der Eurozone, die Entscheidungen ewig hinauszögern, fügen nicht allein Griechenland großen Schaden zu."
    Das Vorgehen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder in den letzten Wochen, habe eine geradezu eisige Wirkung auf all jene Volkswirtschaften, die nicht dem Euroraum angehörten, auch und gerade in Südosteuropa, klagte der rumänische Präsident:

    "Wegen der Griechenland-Krise ist die ganze Region von Misstrauen regelrecht kontaminiert."

    Die Auswirkungen bekomme sein Land schon jetzt massiv zu spüren. Der Marktanteil griechischer Banken sei nicht unerheblich, entsprechend würden auch die Risikoprämien Rumäniens steigen. Es dürfe jedoch nicht sein, so Basescu, dass die Rechnung für die hohe Verschuldung von Ländern, die über ihre Kosten gelebt hätten, nun auf Länder abgewälzt werde, die gar nicht der Eurozone angehören.

    Seine Landsleute stimmte Basescu auf harte Zeiten ein. Denn trotz bescheidener Fortschritte bei den makroökonomischen Eckdaten tut sich Rumänien nach wie vor schwer, seinen Haushalt weiter in Ordnung zu bringen:

    "Wegen der angespannten Lage innerhalb der EU aufgrund der Entwicklung in Griechenland müssen wir unser Haushaltsdefizit extrem gering halten. Nicht etwa, weil wir kein Geld für die Finanzierung hätten, sondern weil diese Finanzierung uns extrem teuer zu stehen käme."
    Nach dem Beitritt zur Europäischen Union 2007 wuchs Rumäniens Wirtschaft mehrere Jahre lang kräftig. Dann kam die Finanzkrise. Internationale Investoren zogen ihr Kapital in Massen aus dem Land ab und zwangen es dadurch, Hilfe beim Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der EU zu erbitten. Bukarest erhielt rund 20 Milliarden Euro. Mit einem umfangreichen Sparprogramm wurde die Krise überwunden, die Wirtschaft wächst inzwischen wieder, aber sie bleibt anfällig.

    Gerade kürzlich erst hat die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ihre Prognose für ganz Osteuropa – und damit auch für Rumänien – deutlich gesenkt. Dem Karpatenland sagen die Experten nur noch ein Wachstum von 1,5 Prozent in diesem und 1,1 Prozent im nächsten Jahr voraus. Im Juli waren sie noch von 3,8 Prozent Wachstum ausgegangen.

    Eine markante Folge der Schuldenkrise für Rumänien ist zum Beispiel, dass die Österreichische Erste Bank, immerhin zweitgrößter Kreditgeber in Osteuropa, die Beteiligung an ihrer rumänischen Tochter um 700 Millionen Euro abgewertet hat. In Bukarest fürchtet man seither, dass andere Geldhäuser diesem Beispiel folgen und ihr Engagement in der ganzen Region unter Umständen deutlich zurückfahren könnten.

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