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Rund um die Uhr shoppen in Tschechien

Ein Ladenschlussgesetz wie in Deutschland gibt es in Tschechien nicht. Viele Geschäfte haben auch zu ungewöhnlichen Zeiten geöffnet. Doch das geht zu Lasten der Beschäftigten, meinen die Gewerkschaften. Sie fordern, die Freiheit des Einkaufs zumindest minimal zu begrenzen.

Von Stefan Heinlein | 26.03.2012
    Rund um die Uhr klingeln die Kassen in Tschechien. Der Sonntagsausflug ins Einkaufszentrum gehört für viele Familien zum Standardprogramm. Die riesigen Konsumtempel auf der grünen Wiese sind an den Wochenenden rappelvoll. Das Shoppen ist für die Tschechen eine populäre Freizeitbeschäftigung:

    "Das ist doch super: Egal wann - ich kann jederzeit einkaufen. Ich treffe mich oft mit meinen Freundinnen in den Einkaufszentren. Dort ist immer was los. Wenn sie an Sonn- und Feiertagen dicht machen, würde mir echt etwas fehlen."

    Doch genau an dieser Stelle wollen die Gewerkschaften nun Druck machen. Nach der Revolution '89 wurden die starren sozialistischen Regelungen abgeschafft. In der freien Marktwirtschaft sind die Ladenöffnungszeiten vollständig liberalisiert. Seit Jahren wollen die Gewerkschaften nun die Uhr ein Stück zurückdrehen.

    "Wir kämpfen für die Angestellten im Einzelhandel. Mehr als 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Auch sie haben das Recht, sich an Sonn- und Feiertagen mit ihren Kindern zu erholen. Das ist für alle Familien sehr wichtig."

    Doch der Chef der Einzelhandelsgewerkschaft, Petr Voslar, hat nur wenig Unterstützung für seine Forderung. Vor einigen Jahren scheiterte bereits ein Gesetz zur Begrenzung der Ladenöffnungszeiten. Der Aufschrei der Verbraucher war laut. Im Parlament gab es keine Mehrheit. So soll es bleiben - wünscht sich Zdenek Juratschka vom Einzelhandelverband:

    "Alle Einkaufsketten sind für möglichst lange Öffnungszeiten. Es darf keine Grenzen geben. Wir sind der Meinung, die Politik soll sich da nicht einmischen. Das ist Sache der Unternehmen, und wir verteidigen die Interessen der Kunden."

    Nur an Heilig Abend haben die meisten Geschäfte in Tschechien inzwischen ab 16 Uhr geschlossen. Eine freiwillige Geste der Handelskonzerne - doch weitere Zugeständnisse an die Gewerkschaften soll es nicht geben. Verkäuferin Alena träumt von den deutschen Öffnungszeiten:

    "Ich hasse das Arbeiten an Feiertagen. Jetzt an Ostern muss ich wieder im Geschäft stehen. Dabei möchte ich viel lieber wie alle anderen mit meinen Kindern in die Natur und den Frühling begrüßen. Die Menschen können doch an anderen Tagen einkaufen."

    Im Sommer wird nun erneut im Parlament über ein Gesetz zur Begrenzung der Ladenöffnungszeiten debattiert. Doch die Erfolgsaussichten sind eher trübe. Die Mitte-Rechts-Regierung hat bereits Ablehnung signalisiert. Verkäuferin Alena wird wohl auch die nächsten Weihnachtsfeiertage hinter der Ladentheke verbringen müssen.