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Runder Tisch für Täter und Opfer?

Seit rund einem Jahr schon läuft die Debatte um eine Amnestie für Trainer, die zu DDR-Zeiten nachweislich ins Dopingsystem verstrickt waren. Erst nach öffentlichem Druck kam das Thema schließlich heute auf die Tagesordnung im Bundestagssportausschuss. Auf der Besuchertribüne auch aufmerksam verfolgt von DDR-Dopingopfern.

Von Herbert Fischer-Solms | 17.06.2009
    Die Sportpolitik ist eine Schnecke. Seit einem Jahr debattiert die Nation leidenschaftlich am Beispiel des Leichtathletiktrainers Werner Goldmann den Umgang mit dopingbelasteten Trainern. Jetzt endlich hat das Thema den Bundestagssportausschuss erreicht, wobei der Hund zum Jagen getragen, sprich, der für eine Dopingamnestie eintretende Ausschussvorsitzende Danckert erst durch öffentlichen Druck zum Einlenken gebracht wurde.

    In einer proppevollen Tagungsordnung fand sich unter 15 Punkten, weit hinten der so wörtlich, "Umgang mit ehemals in Dopingpraktiken verwickelten Trainern". Auf der Besuchertribüne im Bundestag waren auch staatlich anerkannte Dopinggeschädigte wie der frühere Erfurter Bahnradfahrer Uwe Trömer:

    "Ich finde halt, dass der Bundestagssportausschuss viel früher dazu hätte was sagen müssen, und zwar hätte er eine ganz eindeutige Entscheidung fällen müssen zum Thema Zuwendungen für dopingbelastete Trainer in - das spielt überhaupt keine Rolle - Ost oder West. Diese Leute haben im deutschen Sport nichts mehr zu suchen."

    Fünf Bundestrainer, die, so die Kritiker, per "Entschuldungspauschale" ihre Einbindung ins DDR-Dopingsystem gestanden hatten, haben von der sogenannten Steiner-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes einen Freibrief zur Weiterbeschäftigung erhalten. Weitere werden laut DOSB-Generaldirektor Vesper Gleiches beantragen, und das Bundesinnenministerium will auch künftig dem Votum des Sports folgen. Staatssekretär Christoph Bergner:

    "Es geht um die Zukunftsfähigkeit, um die Verlässlichkeit, was das Zuwendungsrecht betrifft. Das ist nicht die Frage des Täter-Opfer-Ausgleichs und anderer Punkte, sondern unsere zuwendungsrechtliche Frage lautet: Keine Steuermittel für einen Sport, der nicht dopingfrei ist. Mit Blick auf die Trainer ist die Steiner-Kommission zum Ergebnis gekommen, dass sie hinreichende Voraussetzungen erfüllen für einen dopingfreien Sport.".

    Am Ende eines langen Tages in Berlin waren die alten Fronten nicht aufgeweicht, eher schienen sie verhärtet. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen unter anderem zur Einrichtung einer externen Kommission, die die Einhaltung der Förderrichtlinien und der, im Falle von Doping- und Stasi-Belasteten, korrekten Zuwendungsbescheide kontrollieren soll, wurde abgebügelt. Grünen-Sportsprecher Winfried Hermann:

    "Was unbefriedigend war, dass am Ende unser Antrag, wonach wir eine Kommission brauchen, die staatliches Handeln untersucht, was es da an Duldung in Sachen dopingbelasteter Trainer gab, dass das letztendlich mit ziemlich pauschalen und zum Teil wüsten und polemischen Vorwürfen einfach abgeschmettert wurde mit der Mehrheit der Koalition, so wie sie das in allen Punkten praktiziert."

    Von einem Runden Tisch von Dopingopfern und Tätern war die Rede, konkret zeichnet sich da aber nichts ab. Die Dopinggeschädigten trafen sich vielmehr am Rande der Sitzung, um ihre Protestaktionen zu besprechen, die während der Leichtathletikweltmeisterschaften im August in Berlin geplant sind. Damit soll die internationale Sportwelt auf die virulente Dopingproblematik in Deutschland aufmerksam gemacht werden. Uwe Trömer:
    "Da wird ganz sicher was stattfinden bei der WM, bei der die internationale Presse da sein wird. Und das werden wir natürlich auch nutzen, um darauf hinzuweisen, was hier bei dieser Weltmeisterschaft für deutsche Trainer in den Stadien stehen und welche Trainer welche Sportler trainieren dürfen."