Behutsam setzt der Arbeiter das Schweißgerät an. Die Flamme ist so grell, dass sie selbst in einiger Entfernung noch blendet. Dann hebt der Kollege den Vorschlaghammer. Ein paar gezielte Schläge, und die Strebe sitzt da, wo sie hingehört.
Was nicht passt, wird passend gemacht!
Ingenieur Frank Josten führt mich durch eine der Werkhallen von Blohm + Voss, der großen Hamburger Traditionswerft. Im Moment liegt hier ein Containerschiff auf, eher untypisch für das Unternehmen.
Hier sehen wir Sektionen, die an der Außenhaut sind. Das sieht man an den gekrümmten Schnitten. Da kommt dann nachher die Außenhaut drauf.
Ein Riesenkran hievt die wuchtigen Stahlsegmente in die Luft und fährt sie mit lautem Knirschen zum Helgen, so heißt der Montageplatz, wo der halbfertige Containerriese liegt. Tonnen von Stahl, sprühende Funken, ohrenbetäubender Lärm. So stellt man sich das Treiben auf einer Werft vor. Doch dann gehen wir in eines der Büros, und Frank Josten zeigt mir, dass moderner Schiffbau weit mehr ist als Hämmern und Schweißen. Josten setzt sich an den Rechner und tippt in die Tasten.
Ich habe gerade eben das Programm geladen, mit dem man interaktiv durch das Schiff gehen kann.
Walkinside, so heißt das Programm, auf deutsch: gehe hinein. Doch statt irgendwo drin sind wir ganz weit draußen. Der Bildschirm zeigt nichts als die weite, blaue See an einem schönen Sommertag. Frank Josten greift zur Maus. Ein Männchen erscheint, quasi unser virtuelles Ich im Computer. Dann ändert sich die Perspektive auf dem Schirm. Langsam rückt eine Megayacht vor unsere Augen - eine von der ganz exklusiven Sorte.
Ich habe mich sozusagen interaktiv gedreht und habe nun das Schiff vor mir. Das ist eine 147-Meter-Yacht. Wir sehen die gerade von leicht achtern von der Seite. Jetzt gehe ich noch mal ein bisschen tiefer.
Unser Männchen taucht unter dem Schiff hindurch und schaut sich die 200-Millionen-Yacht von unten an.
Wenn wir uns wieder nach oben bewegen, dann fängt dieses gute Männchen an wie auf einem Zauberteppich zu fliegen.
Doch genug der Magie. Per Mausklick aktiviert Josten die Schwerkraft. Das Männchen erhält Gewicht, plumpst ins Wasser und fängt an zu schwimmen. Dann lässt es Josten an Bord klettern und einen Gang entlanggehen.
Wir befinden uns jetzt auf dem Deck unter dem Helikopterdeck. Hier sind schon Sonnenstühle aufgestellt. Das kann man sich jetzt hier alles ansehen.
Und wieder ein digitaler Zaubertrick: Frank Josten schaltet am Rechner die "Kollision" aus, wie er sagt. Die Wirkung ist verblüffend. Plötzlich vermag unser Männchen wie ein Geist durch Wände zu gehen und durch Decken zu schweben. Flugs hat Josten das Innere des Schiffs erreicht.
Die Räume hier sind noch nicht eingerichtet. Wir haben jetzt nur einen leeren Raum, wo man die Stahlkonstruktion sieht und unten schon mal den Holzfußboden. Hier könnte man beispielsweise ein Restaurant einrichten oder die Eignerkabinen, Schlafzimmer oder Wohnzimmer. Das hängt ganz davon ab, was der Eigner wünscht.
Wir begeben uns nach vorne durch einen futuristisch gestalteten Gang und kommen in den Konferenzraum. Hier wendet sich Josten einer Sitzgruppe zu und legt - virtuell versteht sich - Hand an.
Beispielsweise drehen wir jetzt diesen Stuhl. Ich kann ihn aber auch bewegen. Beispielsweise hebe ich ihn jetzt nach oben. Ich kann ihn an eine andere Position stellen und dort dann wieder abstellen.
Einen Augenblick lang versinken die Stuhlbeine im Erdboden, um dann wieder aufzutauchen. Die digitale Welt, so denke ich mir, birgt halt ihre Eigenheiten. Und weiter geht der Streifzug durch ein Schiff, das es bislang nur auf dem digitalen Reißbrett gibt. Erst zur Brücke, dann in den Maschinenraum und in die Gästekabinen. Am Ende manövriert uns Josten zum Helikopterdeck und vollführt einen Rundflug um das Schiff.
Wirkt ein wenig wie ein Computerspiel. Für den Schiffskonstrukteur aber hat das virtuelle Schiff handfeste Vorteile. Der erste:
Der Eigner kann schon durch die Räume gehen, bekommt direkt einen Eindruck vermittelt, wie es später mal aussehen wird und kann schon, bevor das Schiff überhaupt im Bau ist, Eingriff nehmen, falls ihm gewisse Dinge nicht gefallen, wo er noch was optimiert haben möchte.
Und der zweite Vorteil: Die Software arbeitet mit den tatsächlichen Konstruktionsdaten, quasi den digitalen Bauzeichnungen. Die Ingenieure können nun in der Konstruktionsphase also viel besser sehen, was sie da machen.
Ich kann Aggregate schon interaktiv einsetzen. Kann mich im Maschinenraum bewegen und sehen, ob ich alle Rohrdurchleitungen und Maschinen in dem Raum in dem Stahl richtig einsetzen kann.
In anderen Branchen zählen solche dreidimensionalen Computerwerkzeuge schon länger zum Standard, etwa bei den Automobilen. Im Schiffbau sind sie noch neu.
Das liegt einfach daran, weil der Umfang, den ein Auto hat, natürlich um Dimensionen geringer ist als ein Schiff. Durch die heutigen Rechnerkapazitäten kann man aber auch sehr viel größere Datenmengen verarbeiten. Und damit wird das auch für den Schiffbau interessant.
Die Bildqualität des Programms ist zwar recht ordentlich. Doch hundertprozentig realistisch sieht das Ganze noch nicht aus. Die Holzfußböden wirken etwas künstlich, Metallwände sehen zu sehr nach Plastik aus. Auch war der Rundgang ziemlich unbelebt. Weder anderen Passagieren noch der Besatzung ist unser Männchen auf der virtuellen Yacht begegnet.
Schöner wäre es natürlich, mehrere Personen zu sehen, die sich dann alle bewegen. Das ist hier bei dem Schiff noch nicht realisiert, weil das mehr Rechnerkapazität bedeuten würde. Wir haben uns hier konzentriert auf den Durchgang durch das Schiff, um dem Eigner schon möglichst viel von seinem Schiff präsentieren zu können in möglichst guter Qualität, und wollen die Rechnerkapazität nicht für die Berechnung von sich bewegenden Personen verschwenden.
Doch mit den schnelleren PCs der Zukunft scheint alles möglich: Bilder, detailliert bis auf kleinste Schraube, dazu ein virtueller Kapitän und eine digitale Crew. Und vielleicht setzt sich der dann auch eine 3D-Brille auf, um seine Megayacht noch intensiver zu inspizieren.
Das ist auch schon im Kommen, dass man durch diese Stereobilder versucht, einen noch realeren Eindruck zu bekommen, dass man sich dann wie in dem Raum vorkommt.
Doch allem Schein, aller virtueller Wirklichkeit zum Trotz: Kräftig Hand anlegen wird man bei Blohm + Voss auch in Zukunft, denn:
Beim Bau, wenn ich dann hinterher schweiße, das muss natürlich mit Maschinen gemacht werden. Das geht am Computer nicht.
Was nicht passt, wird passend gemacht!
Ingenieur Frank Josten führt mich durch eine der Werkhallen von Blohm + Voss, der großen Hamburger Traditionswerft. Im Moment liegt hier ein Containerschiff auf, eher untypisch für das Unternehmen.
Hier sehen wir Sektionen, die an der Außenhaut sind. Das sieht man an den gekrümmten Schnitten. Da kommt dann nachher die Außenhaut drauf.
Ein Riesenkran hievt die wuchtigen Stahlsegmente in die Luft und fährt sie mit lautem Knirschen zum Helgen, so heißt der Montageplatz, wo der halbfertige Containerriese liegt. Tonnen von Stahl, sprühende Funken, ohrenbetäubender Lärm. So stellt man sich das Treiben auf einer Werft vor. Doch dann gehen wir in eines der Büros, und Frank Josten zeigt mir, dass moderner Schiffbau weit mehr ist als Hämmern und Schweißen. Josten setzt sich an den Rechner und tippt in die Tasten.
Ich habe gerade eben das Programm geladen, mit dem man interaktiv durch das Schiff gehen kann.
Walkinside, so heißt das Programm, auf deutsch: gehe hinein. Doch statt irgendwo drin sind wir ganz weit draußen. Der Bildschirm zeigt nichts als die weite, blaue See an einem schönen Sommertag. Frank Josten greift zur Maus. Ein Männchen erscheint, quasi unser virtuelles Ich im Computer. Dann ändert sich die Perspektive auf dem Schirm. Langsam rückt eine Megayacht vor unsere Augen - eine von der ganz exklusiven Sorte.
Ich habe mich sozusagen interaktiv gedreht und habe nun das Schiff vor mir. Das ist eine 147-Meter-Yacht. Wir sehen die gerade von leicht achtern von der Seite. Jetzt gehe ich noch mal ein bisschen tiefer.
Unser Männchen taucht unter dem Schiff hindurch und schaut sich die 200-Millionen-Yacht von unten an.
Wenn wir uns wieder nach oben bewegen, dann fängt dieses gute Männchen an wie auf einem Zauberteppich zu fliegen.
Doch genug der Magie. Per Mausklick aktiviert Josten die Schwerkraft. Das Männchen erhält Gewicht, plumpst ins Wasser und fängt an zu schwimmen. Dann lässt es Josten an Bord klettern und einen Gang entlanggehen.
Wir befinden uns jetzt auf dem Deck unter dem Helikopterdeck. Hier sind schon Sonnenstühle aufgestellt. Das kann man sich jetzt hier alles ansehen.
Und wieder ein digitaler Zaubertrick: Frank Josten schaltet am Rechner die "Kollision" aus, wie er sagt. Die Wirkung ist verblüffend. Plötzlich vermag unser Männchen wie ein Geist durch Wände zu gehen und durch Decken zu schweben. Flugs hat Josten das Innere des Schiffs erreicht.
Die Räume hier sind noch nicht eingerichtet. Wir haben jetzt nur einen leeren Raum, wo man die Stahlkonstruktion sieht und unten schon mal den Holzfußboden. Hier könnte man beispielsweise ein Restaurant einrichten oder die Eignerkabinen, Schlafzimmer oder Wohnzimmer. Das hängt ganz davon ab, was der Eigner wünscht.
Wir begeben uns nach vorne durch einen futuristisch gestalteten Gang und kommen in den Konferenzraum. Hier wendet sich Josten einer Sitzgruppe zu und legt - virtuell versteht sich - Hand an.
Beispielsweise drehen wir jetzt diesen Stuhl. Ich kann ihn aber auch bewegen. Beispielsweise hebe ich ihn jetzt nach oben. Ich kann ihn an eine andere Position stellen und dort dann wieder abstellen.
Einen Augenblick lang versinken die Stuhlbeine im Erdboden, um dann wieder aufzutauchen. Die digitale Welt, so denke ich mir, birgt halt ihre Eigenheiten. Und weiter geht der Streifzug durch ein Schiff, das es bislang nur auf dem digitalen Reißbrett gibt. Erst zur Brücke, dann in den Maschinenraum und in die Gästekabinen. Am Ende manövriert uns Josten zum Helikopterdeck und vollführt einen Rundflug um das Schiff.
Wirkt ein wenig wie ein Computerspiel. Für den Schiffskonstrukteur aber hat das virtuelle Schiff handfeste Vorteile. Der erste:
Der Eigner kann schon durch die Räume gehen, bekommt direkt einen Eindruck vermittelt, wie es später mal aussehen wird und kann schon, bevor das Schiff überhaupt im Bau ist, Eingriff nehmen, falls ihm gewisse Dinge nicht gefallen, wo er noch was optimiert haben möchte.
Und der zweite Vorteil: Die Software arbeitet mit den tatsächlichen Konstruktionsdaten, quasi den digitalen Bauzeichnungen. Die Ingenieure können nun in der Konstruktionsphase also viel besser sehen, was sie da machen.
Ich kann Aggregate schon interaktiv einsetzen. Kann mich im Maschinenraum bewegen und sehen, ob ich alle Rohrdurchleitungen und Maschinen in dem Raum in dem Stahl richtig einsetzen kann.
In anderen Branchen zählen solche dreidimensionalen Computerwerkzeuge schon länger zum Standard, etwa bei den Automobilen. Im Schiffbau sind sie noch neu.
Das liegt einfach daran, weil der Umfang, den ein Auto hat, natürlich um Dimensionen geringer ist als ein Schiff. Durch die heutigen Rechnerkapazitäten kann man aber auch sehr viel größere Datenmengen verarbeiten. Und damit wird das auch für den Schiffbau interessant.
Die Bildqualität des Programms ist zwar recht ordentlich. Doch hundertprozentig realistisch sieht das Ganze noch nicht aus. Die Holzfußböden wirken etwas künstlich, Metallwände sehen zu sehr nach Plastik aus. Auch war der Rundgang ziemlich unbelebt. Weder anderen Passagieren noch der Besatzung ist unser Männchen auf der virtuellen Yacht begegnet.
Schöner wäre es natürlich, mehrere Personen zu sehen, die sich dann alle bewegen. Das ist hier bei dem Schiff noch nicht realisiert, weil das mehr Rechnerkapazität bedeuten würde. Wir haben uns hier konzentriert auf den Durchgang durch das Schiff, um dem Eigner schon möglichst viel von seinem Schiff präsentieren zu können in möglichst guter Qualität, und wollen die Rechnerkapazität nicht für die Berechnung von sich bewegenden Personen verschwenden.
Doch mit den schnelleren PCs der Zukunft scheint alles möglich: Bilder, detailliert bis auf kleinste Schraube, dazu ein virtueller Kapitän und eine digitale Crew. Und vielleicht setzt sich der dann auch eine 3D-Brille auf, um seine Megayacht noch intensiver zu inspizieren.
Das ist auch schon im Kommen, dass man durch diese Stereobilder versucht, einen noch realeren Eindruck zu bekommen, dass man sich dann wie in dem Raum vorkommt.
Doch allem Schein, aller virtueller Wirklichkeit zum Trotz: Kräftig Hand anlegen wird man bei Blohm + Voss auch in Zukunft, denn:
Beim Bau, wenn ich dann hinterher schweiße, das muss natürlich mit Maschinen gemacht werden. Das geht am Computer nicht.