Samstag, 04. Mai 2024

Archiv


Russische Gelder und strauchelnde Banken

Bei ihrem Besuch im hochverschuldeten Zypern hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Reformen angemahnt, dann könne man auch über Solidarität sprechen. Doch genau die bleibt in der Berliner Politik umstritten. Die Banken des Inselstaats stehen weiterhin im Verdacht, russischen Investoren bei der Geldwäsche zu helfen.

Von Gunnar Köhne | 11.01.2013
    In der zyprischen Hafenstadt Limassol kommt man auch ohne Griechisch-Kenntnisse gut zurecht. Hauptsache man spricht Russisch. Kyrillische Schrift findet man allenthalben: An Banken, an Lieferwagen, an Supermärkten, an Restaurants, in Zeitungen und Immobilienbüros. 50.000 Russen leben in und um Limassol – und das nicht allein wegen des milden Klimas. Viele russische Investoren werden von den günstigen zehn Prozent Körperschaftssteuern angelockt. Sie gründen auf der Insel Scheinfirmen, um dem russischen Fiskus zu entkommen. Nach Erkenntnissen des deutschen Bundesnachrichtendienstes lagern auf zyprischen Banken Milliarden Euro russischen Schwarzgelds. Regierungssprecher Stefanos Stefanou bestreitet das:

    "Was da gegen Zypern vorgebracht wird, ist unfair. Bei uns gibt es kein Schwarzgeld. Und wir sind nicht das einzige europäische Land, in dem es russisches Kapital gibt."

    Dass sie aber über Jahrzehnte ausländische Anleger nach Kräften angelockt haben, wird in Zypern nicht bestritten. Auch das ungewöhnlich großzügige Staatsbürgerschaftsrecht dient als Lockmittel: Demnach hat jeder Ausländer, der jährlich mindestens zehn Millionen Euro auf Zypern investiert, das Recht, einen Pass zu beantragen.

    Präsident Dimitris Christofias hat noch zu Sowjetzeiten in Moskau studiert. Für die russische Investitionsbereitschaft revanchierte er sich in den vergangenen Jahren auch politisch. So unterstützte er als einziger EU-Regierungschef die russische Invasion in Georgien im Jahr 2008. Und im Hafen von Limassol sollen russische Frachter mit Waffen für Syrien abgelegt haben. Dass es dubiose russische Geldquellen auf Zypern gibt – darüber werde in Nikosia zwar viel getuschelt, aber kaum offen gesprochen, beklagt der Journalist Demetris Georgiades und er wählt seine Worte mit Bedacht:

    "In der globalisierten Welt muss jeder früher oder später sein Haus in Ordnung bringen. Ich glaube, wir Zyprer sind auf dem richtigen Weg. Aber was die russischen Investitionen hier angeht – ja, sicher, da ist bestimmt schmutziges Geld darunter."

    Die russischen Investitionen stehen in Berlin und Brüssel in der Kritik – und erschweren die anstehenden Verhandlungen über finanzielle Hilfen, die Zypern vor allem für den Bankensektor braucht. Der ist im Vergleich zur Landesgröße völlig überdimensioniert . Und wird dem Land nun zum Verhängnis. Denn die Banken deckten sich massiv mit griechischen Staatsanleihen ein und warfen mit Privat- und Geschäftskrediten nur so um sich. Daran sei wiederum das Geld der Russen und anderer Ausländer schuld, beklagt der Finanzexperte Georgiadis Matsis:

    "Was die Banken zu der exzessiven Geldpolitik getrieben hat, sind die riesigen Einlagen ausländischen Kapitals. 21 Milliarden Euro haben Ausländer in zyprischen Banken gelagert – das ist mehr als das jährliche Bruttosozialprodukt des Landes."

    Nun soll der EU-Rettungsfond die zyprischen Banken retten– und mit ihnen die russischen Anleger mit zum Teil dubiosem Hintergrund. Fließt aber kein EU-Geld, dann kollabiert das zyprische Bankensystem spätestens im Frühsommer, so Fachleute. Vorher aber würden die Russen ihre Einlagen wohl noch schnell in Sicherheit bringen. Und damit Zypern noch tiefer in den Abgrund ziehen.