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Russland-Affäre
"Washington ist ein Fest der Liliputaner"

Der jüngste Bericht der Washington Post über mögliche Ermittlungen gegen Donald Trump lässt den US-Präsidenten in keinem guten Licht erscheinen. Sorgen um sein Amt muss Trump sich dennoch erst einmal nicht machen, meint der politische Beobachter Thomas Kleine-Brockhoff von der transatlantischen Organisation German Marshall Fund of the United States. Er sieht aber Trumps Handlungsfähigkeit in Gefahr.

16.06.2017
    Das Weiße Haus in Washington von Süden aus gesehen.
    Das Weiße Haus in Washington (AFP / Saul Loeb)
    "Der Präsident hat das Recht jede FBI-Untersuchung zu stoppen. Er ist derjenige, der den Sonderermittler eingesetzt hat, er kann ihn auch wieder absetzen", sagte Kleine-Brockhoff im Deutschlandfunk. "Das heißt, eine Ermittlung zu behindern, eines Ermittlers, den er selbst einsetzen und absetzen kann, ist an sich schon eine hochkomplexe und schwierige Sache. Die ist politisch für ihn, sollte er es tun, ungemein schädlich."
    Es sei aber "eine zu schwierige Frage beim Charakter dieses Präsidenten", einzuschätzen, ob Trump die Untersuchung noch stoppen wird: "Da kann man bei Donald Trump ja nur spekulieren, das kann ja Dienstag so und Mittwoch so sein".
    Schwankungen in Trumps Politik schreibt Kleine-Brockhoff in erster Linie dessen Team zu. Sein eigener Impuls sei sehr konstant. "Er hat eine konsistente populistische Politik. Diese Äußerungen sind konsistent. Das, was aus dem Weißen Haus kommt, eher nicht". So sehe er das auch bei den Ermittlungen: "Ginge es nur nach ihm, würde er dort mit dem Hammer reinschlagen, aber seine Leute halten ihn zur Zeit noch davon zurück."
    Um Trump herum gibt es laut Kleine-Brockhoff nicht nur die Gruppe des nationalistischen Beraters Steve Bannon mit dem Plan, das "System Washington" von innen heraus zu sprengen. Der Einfluss der Gruppe sei wahrnehmbar vorhanden, aber doch begrenzt. Sie sei eingemauert von Traditionalisten. Es gebe mindestens noch eine dritte Gruppe, die Einfluss nähme - jene der Familienangehörigen mit hoher persönlicher Loyalität aber moderierender Stimme.
    Die Russland-Affäre beschädige nicht Trumps Amt, wohl aber dessen politische Handlungsfähigkeit. Trump könne sich in beiden Häusern des Kongresses auf eine große Mehrheit stützen. Das passiere nicht im amerikanischen politischen System nicht häufig. Das sei der Moment – der manchmal nur zwei Jahre bis zu den nächsten Wahlen dauere – um legislative Vorhaben durchzusetzen. "Dieses kleine Fenster der Reformen, das wird jetzt vergeudet aus der Sicht von Trump durch solcherlei Untersuchungen."
    Kleine-Brockhoff beschreibt die politische Lage in Washington als eine Art "großes Fest der Liliputaner, die den Gulliver mit vielen kleinen Stichen und vielen kleinen Drähten fesseln". Aus deutscher Sicht gebe es allerdings Anlass zur Sorge, dass Präsidenten, die innenpolitisch gefesselt seien, sich der Außenpolitik zuwendeten.
    (at/gwi)