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Russland und die IOC-Sperre
Bald wieder alles beim Alten?

Ende 2017 hat das IOC das russische NOK suspendiert. Von Anfang an klang jedoch mit, dass die Sperre zur Abschlussfeier in Pyeongchang bereits wieder aufgehoben werden könnte. Kommen die Funktionäre also mit einem blauen Auge davon? In Russland ist die Hoffnung darauf groß.

Von Gesine Dornblüth | 18.02.2018
    Der russische NOK-Präsident Alexander Schukow bei einer Versammlung des Russischen Olympischen Komitees.
    Wird Alexander Schukow, Präsident des derzeit noch vom IOC suspendierten russischen NOK, bald wieder rehabilitiert sein? (Imago sportfotodienst)
    Die russischen Fans haben derzeit nur wenig Grund zum Jubeln. Die "Olympischen Athleten aus Russland" liegen im Medaillenspiegel weit hinten. Immer wieder müssen sich die Sportler in Pyeongchang vor den Fernsehkameras rechtfertigen, weshalb es für Medaillen nicht gereicht hat.
    Dann kam noch der Unfall von Nikolaj Oljunin im Halbfinale des Snowboardcross dazu. Der Olympia-Zweite von Sotschi brach sich ein Bein. Von der Krankenbahre aus sagte er den Reportern: "Ich habe mir alle Mühe gegeben und wollte unbedingt den russischen Geist zeigen. Entschuldigung."
    Systematisches Doping bleibt unerwähnt
    Weshalb das IOC das russische Nationale Olympische Komitee gesperrt hat, nämlich wegen systematischen Dopings, bleibt in den Staatsmedien nach wie vor unerwähnt. Zugleich macht sich in der russischen Berichterstattung vorsichtiger Optimismus breit. Das Team ist in der Hoffnung nach Pyeongchang gereist, dass die Sperre des russischen Nationalen Olympischen Komitees zur Abschlussfeier aufgehoben wird.
    Am Mittwoch nun traf sich IOC-Chef Thomas Bach mit den russischen Sportlern im Olympischen Dorf. Von dem Treffen drang wenig nach außen. Die russischen Fernsehzuschauer erfuhren in der Tageszusammenfassung des Staatssenders Rossija 24:
    "Das Treffen bestand aus zwei Teilen. Erst hielt Bach eine kurze Rede, in der er erklärte, weshalb die russischen Sportler in so eine Lage gekommen sind. Dann hatte jeder Athlet die Möglichkeit, dem IOC-Chef Fragen zu stellen. Wie die Sportler selbst sagen, war das Treffen sowohl für uns, als auch für ihn wichtig."
    Wichtiges Detail
    Der Bobfahrer Maxim Andrianow sagte der russischen Nachrichtenagentur TASS außerdem, Bach habe mitgeteilt, er und seine Mitarbeiter hätten keine Verstöße der Sportler aus Russland gegen die vom IOC erteilten Auflagen festgestellt. Dieses Detail ist wichtig. Denn ob das IOC die Sperre des russischen NOK zum Ende der Spiele aufhebt und die Sportler doch noch mit der russischen Fahne in das Stadion einziehen können, hängt vom Betragen der Sportler und der Fans ab. Aus dem IOC hieß es, man sei diesbezüglich "offen und ein wenig flexibel".
    Und noch eine weitere Nachricht aus Pyeongchang suggerierte den Russen Rückkehr zur Normalität. Am Mittwoch tagte dort der Vorstand der Internationalen Biathlon-Union und beschloss, die 9. Etappe des Biathlon-Weltcups im März im westsibirischen Tjumen zu lassen.
    In der vergangenen Saison hatte die IBU Russland die Ausrichtung des Weltcups in Tjumen noch entzogen. Der Fernsehmoderator sagt dazu: "Außerdem bleibt die IBU bei den Etappen des IBU-Cups in Uvat und in Chanty Mansijsk. Bei der Vorstandssitzung wurde der endgültige Beschluss gefasst, das Russland das Recht behält, Biathlon-Wettkämpfe auszutragen."
    Das IOC hat das russische NOK in seinen Beschlüssen im Dezember auch dazu verpflichtet, die Kosten zu erstatten, die im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Russland und seine Sportler entstanden sind: Insgesamt 15 Millionen US-Dollar. Alexander Schukow, Präsident des russischen NOK, hat frühzeitig versichert, Russland werde das Geld zahlen. Bisher gibt es keine Bestätigung, dass die Summe eingegangen ist.
    Am Ende entgeht Russland eine relativ kleine Summe
    Der Sportökonom Wolfgang Maennig von der Universität Hamburg geht davon aus, dass Russland aufgrund der Suspendierung außerdem Gelder entgehen, die das IOC gewöhnlich nach Olympischen Spielen an die NOK und die Internationalen Sportfachverbände ausschüttet:
    "Russland wird auch nicht partizipieren an den Einnahmen aus Pyeongchang. Wieviel das ist, wird man erst im nachherein feststellen können. Die letzte Zahl, die es gibt, besagt, dass die NOK und die internationalen Föderationen von den Winterspielen in Sotschi 2014 knapp 200 Millionen Dollar erhalten haben. Das wird also dividiert durch die sämtlichen beteiligten Verbände und NOK."
    Am Ende entgehe Russland eine relativ kleine Summe, so Maennig: "Man sollte zum Vergleich wissen, dass Russland jährliche Exporterlöse hat von ungefähr 300 Milliarden Dollar und dass der Staatshaushalt Russlands auch bei ungefähr 300 Milliarden Dollar liegt, also das sind nicht die Summen, die den russischen Sport sehr bewegen werden."
    Dies setzt auch die 15 Millionen Dollar Kostenerstattung in Relation. Und die für Olympia suspendierten Sportfunktionäre?Russische Medien berichten, NOK-Präsident Schukow plane, nunmehr als Privatperson nach Pyeongchang zu reisen, ebenso Russlands Sportminister Kolobkow.
    Es heißt, sie wollten gegen Ende fahren, wenn die Wettbewerbe stattfinden, bei denen Russland die größten Medaillenchancen hat: der Eiskunstlauf der Damen und das Eishockeyfinale. Dann könnte Schukow auch gleich bei der Abschlussfeier dabei sein, wenn bis dahin der Bann aufgehoben ist - möglicherweise sogar rehabilitiert in seiner Funktion als NOK-Chef.