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Saarländischer Landessportverband
Zweifelhafter Umgang mit Millionendefizit

Der Landessportverband für das Saarland wird von einer Finanzaffäre durchschüttelt. Überprüfungen der Bilanzen hatten ergeben, dass über einen längeren Zeitraum deutlich mehr Mittel ausgegeben wurden, als zur Verfügung standen. Jetzt hat sich offenbar ein Millionendefizit aufgetürmt, welches der Hauptgeschäftsführer jahrelang verschwieg.

Von Tonia Koch | 06.01.2018
    Ein leeres Zählbrett für Euro- und Cent Münzen
    Der Landessportverband für das Saarland hat ein gewaltiges Haushaltsloch. (picuture alliance / dpa / Christian Charisius)
    Es gibt keinen "Maulkorb", lautet eine Überschrift der Erklärung, die der LSVS, der saarländische Landessportverband, gestern auf seiner Homepage veröffentlichte. Es ist nach Wochen der erste Versuch des Verandes, Licht in das Dunkel eines Finanzskandals zu bringen, bei dem scheibchenweise immer mehr Details ans Licht kommen.
    "Das versuchen wir nachzuholen, das ist natürlich schwer, wenn ein Thema in der Welt ist und man in der Defensive ist, ist das immer suboptimal. Aber das haben wir ja gesagt, wir wollen aufklären."
    Die genaue Höhe des Finanzlochs ist noch unbekannt
    Franz Josef Schumann ist Präsident des saarländischen Fußballverbandes, des größten Einzelverbandes des Saarsports. Allein der Fußball stellt fast ein Drittel der Mitglieder im LSVS. Aber für sämtliche 43 Einzel-Verbände, von Aero bis Volleyball, steht viel auf dem Spiel. Alle hängen am Tropf des LSVS und dort ist ein millionenschweres strukturelles Defizit aufgetaucht.
    Die Rede ist von jährlich etwa 500.000 Euro, die sich womöglich zu fünf Millionen Euro Minus aufsummiert haben. Beides ist bislang nicht bestätigt, Finanzfachfachleute durchforsten augenblicklich die Bilanzen. Niemand weiß daher im Moment, wie hoch das Finanzloch tatsächlich ist und wie es sich auf die Finanzierung der Vereine auswirken wird.
    Aber Franz Josef Schumann beschwichtigt, das meiste könne über Personaleinsparungen oder den Verzicht auf freiwillige Leistungen ausgeglichen werden. "Wir werden mit Einsparungen, die wir zum Teil schon eingeleitet haben, ohne dass es die Verbände betrifft, dieses jährliche Defizit ausgleichen können."
    Hauptgeschäftsführer verschwieg Defizit über Jahre
    Ungeklärt ist nach wie vor die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass der Verband Jahr für Jahr über seine Verhältnisse gelebt hat und keiner es gemerkt hat. Zum einen hätten die Aufsichtsgremien, darunter auch das saarländische Innen- und Sportministerium von Wirtschaftsprüfern testierte Geschäftsberichte bekommen, so dass kein Verdacht aufgekommen sei, erläutert Sportminister Klaus Bouillon.
    "Wenn eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihnen bescheinigt, dass das Testat gilt, dass die Buchführung ordnungsgemäß war, dürfen sie doch nicht den Leuten einen Vorwurf machen. Jedes Vorstandmitglied, jeder Mensch auf dieser Welt verlässt sich auf unabhängige Prüfer."
    Der LSVS macht daher den inzwischen von seinen Aufgaben entbundenen Hauptgeschäftsführer für die Misere verantwortlich. Kurz vor Weihnachten äußerte sich Klaus Meiser, der Präsident des Landessportverbandes, im Regionalfernsehen. "Der Hauptgeschäftsführer hat das auch persönlich eingestanden, dass er das über Jahre verschwiegen hat, dass es ein strukturelles Defizit gibt und dass er es über Jahre verschleiert hat."
    Gegen den freigestellten Hauptgeschäftsführer ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Allerdings betont der Verband, dass sich der langjährige Mitarbeiter durch die vermeintlichen Buchungstricks nicht persönlich bereichert habe, sondern dass jeder Cent in den Sport geflossen sei.
    Streit um die zuständige Verantwortung
    Franz Josef Schumann: "Das ist eigentlich ein anständiger Sportler, der hat also versucht, die Dinge wohl hin und her zu schieben und die sportlichen Wünsche zu erfüllen und hat dabei möglicherweise Fehler gemacht, aber er war für mich immer ein anständiger Kerl, ein Sportkamerad gewesen."
    Aber der ach so "ordentliche Kerl", wehrt sich gegen die vom Präsidenten, Klaus Meiser erhobene Anschuldigung, er habe nicht auf Weisung sondern aus eigenem Antrieb gehandelt. Sein Anwalt, Hans-Jürgen Gebhardt, im Saarländischen Rundfunk zurecht. "Es geht im Prinzip um den Vorwurf, mein Mandant hätte eigenverantwortlich dieses Desaster angestellt, Tatsache ist, er hat überhaupt keine Verbindlichkeit geschaffen, das waren alles die Herrschaften vom Verband von der Verbandsspitze."
    Selbst darf sich der Beschuldigte nicht äußern, weil der Verband ihn nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden hat. Warum der LSVS diesen Maulkorb verhängt hat, begründet der Sportverband damit, dass der "zweifelhaften Presseberichterstattung" nicht weitere Nahrung geliefert werden solle. Ohnehin würden die Aufklärungsbemühungen durch Indiskretionen behindert.
    Durch eine Indiskretion kam in dieser Woche auch ans Licht, dass die Lebensgefährtin von Klaus Meiser im Nebenjob seine Sporttermine verwaltet. Hauptberuflich führt die Verwaltungsangestellte das Büro des Landtagspräsidenten und der heißt wie der LSVS–Präsident: Klaus Meiser. Die Verquickung beider Ämter mit dem privaten Bereich ist ein Nebenkriegsschauplatz, mehr nicht. Aber angesichts der desaströsen Öffentlichkeitsarbeit, die der Landessportverband seit Beginn der Krise vor vier Wochen betreibt, geht immer mehr Vertrauen verloren. Schon jetzt ist der Image-Schaden enorm.