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Saarland
Künftig weniger Studienangebote

Das Hochschulsystem im Saarland ist leistungsfähig. Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftsrat, der die Universität und die Fachhochschule überprüft hat. Aber die Mittel für die Universität werden im kommenden Jahr auf knapp 180 Millionen Euro zurückgeführt und dann bis zum Jahr 2020 auf diesem Niveau eingefroren.

Von Tonia Koch | 27.01.2014
    Den beiden großen saarländischen Hochschulen wird eine doppelte Strategie empfohlen: Zum einen sollen sie stärker miteinander oder mit Dritten kooperieren und zum anderen sollen sie sich von einer Reihe von Studienangeboten trennen. Das Land müsse in Qualität und nicht in die Breite der akademischen Ausbildung investieren, um den Herausforderungen der Zukunft zu trotzen, sagt der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Professor Wolfgang Marquardt.
    "Das Saarland ist ganz besonders bedroht vom demografischen Wandel. Wir haben eine erwartete Bevölkerungsentwicklung von minus 25 Prozent bis 2050. Und diesem kann man nur entgegen wirken, wenn es gelingt, auch Menschen aus anderen Gegenden Deutschlands oder Europa anzuziehen. Und das geht nun mal nur mit einem leistungsfähigen Bildungssystem und einer regionalen Wirtschaft. Allein aus diesem Grund muss man sich konzentrieren und nicht alles machen wollen und dann eben nichts mehr richtig machen können."
    Für die HTW, die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes bedeutet das, den eingeschlagenen Kurs radikal zu ändern. Bislang setzte die HTW auf Wachstum. Sie hat die Zahl ihrer Studierenden in den letzten Jahren auf inzwischen 5.500 verdreifacht. Mit dem klaren Ziel über mehr Studierende und mehr Professoren so viel Substanz wie möglich aufzubauen, um Themen auch qualitativ hochwertig anbieten zu können. Nun empfiehlt der Rat eine Kehrwende, die HTW möge die Studierendenzahl auf keinen Fall weiter steigern. Stattdessen solle sie ihre Strukturen straffen und eine Binnen-Kooperation mit der Universität anstreben. Das ist ganz im Sinne des neuen Rektors der HTW, Wolrad Rommel
    "Qualitätsgewinn durch Kooperation, das ist für mich das Thema der HTW im ganzen Kontext der Diskussion."
    Auch die saarländische Ministerpräsidentin, Annegret Kramp-Karrenbauer, plädiert dafür, den Wachstumskurs der HTW zugunsten einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Universität aufzugeben.
    "Wir haben schlichtweg nicht mehr die Zeit und auch nicht das Geld, dass wir uns Doppelstrukturen erlauben können. Im Übrigen ist es auch ein Gebot der Fairness den Studierenden gegenüber wenn ohne Barrieren zwischen Hochschulen wechseln können. Also, das ist etwas, was ich sehr begrüße und wovon ich überzeugt bin, dass gerade die Landesregierung hier auch den Prozess mit nach vorne bringen muss."
    Überrascht von den Plänen zeigt sich der Präsident der Universität, Volker Linneweber. Der Wissenschaftsrat empfiehlt hier, die mit über 5000 Studierenden stärkste Fakultät, die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, vollkommen umzugestalten. Das heißt, die Juristenausbildung soll entweder gemeinsam mit dem Nachbarland Rheinland-Pfalz in Trier organisiert werden oder, wenn das nicht funktioniert, ganz aufzugeben werden. Auch die Lehramtsstudiengänge sollen in nachbarschaftlicher Kooperation gestaltet werden. Ein Vorschlag, der Uni-Präsident Linneweber die Sorgenfalten ins Gesicht treibt.
    "Wenn wir uns zurückbauen in deutlichem Umfang, verlieren wir Hochschulpaktmittel. Wenn beispielsweise ein Lehramtsstudent nur noch zur Hälfte bei uns eingeschrieben ist und zur anderen Hälfe in Rheinland-Pfalz, wissen wir nicht, wie das verrechnet wird?"
    Um einen Neustart zu ermöglichen, um nicht eine der beiden Hochschulen als Verlierer dastehen zu lassen, schlagen die Gutachter die Einrichtung einer Saarland Business-School vor. In ihr soll jeweils das Beste, was die Universität und die Fachhochschule zu bieten haben, zu beiderseitigem Nutzen gebündelt werden. Universitätspräsident Linneweber ist skeptisch.
    "Dass man da glaubt, in einer Business-School einen Synergie- und Spareffekt erzielen zu können, das hatte ich nicht erwartet. Das stellt sich im Moment für mich auch noch nicht so dar."
    Es könne durchaus sein, dass die kooperative Strategie zunächst einmal zusätzliches Geld koste, bevor sie die Hochschulen finanziell entlaste, argumentiert der Wissenschaftsrat, der in seinem Gutachten keine Angaben zu den finanziellen Auswirkungen macht. Bis zum Sommer will Ministerpräsidentin Annegret Kramp - Karrenbauer auf Basis der Empfehlungen des Wissenschaftsrates Vorschläge für den Umbau der saarländischen Hochschullandschaft auf den Weg bringen. Ob davon auch die Kunsthochschule und die Musikhochschule betroffen sein werden, die nicht Gegenstand des Gutachtens waren, bleibt abzuwarten.