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Sachsen-Anhalt
AfD will Förderung von "Schulen ohne Rassismus" stoppen

Viele Schulen in Deutschland haben sich als "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" dem Kampf gegen Diskriminierungen verschrieben. Allein in Sachsen-Anhalt beteiligen sich 137 Schulen an dem bundesweit größten Schulnetzwerk. Doch die AfD im Landtag will ihnen die Fördermittel streichen lassen

Von Christoph D. Richter | 24.05.2018
    Das Logo des Netzwerks "Schule ohne Rassismus" an einem Schulgebäude
    Das Logo des Netzwerks "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" (Imago)
    Seit 2007 beteiligt sich das Domgymnasium Magdeburg am Programm "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Deutschlands größtem Schulnetzwerk, an dem in Sachsen-Anhalt aktuell 137 Schulen beteiligt sind. "Wir versuchen das Thema allen Schülern nahezubringen. Nicht nur ein paar Wenigen, die sich immer engagieren", erzählt Deutsch- und Spanisch-Lehrerin Catharina Kiesendahl. Die Themen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung seien ein unverzichtbarer Bestandteil schulischen Lernens.
    "Also mir ist wichtig, dass die Kinder den Perspektivenwechsel lernen. Dass sie erkennen, was allein schon Äußerungen bewirken können, auch für negative Folgen haben können. Dass Rassismus im ganz, ganz Kleinen anfängt. Bei Vorurteilen, die man hat, wenn man bestimmte Gruppen über einen Kamm schert."
    Aber genau das ist der AfD in Sachsen-Anhalt ein Dorn im Auge. Sie wittert in dem Schulnetzwerk - Zitat – "linke Indoktrination, Meinungs- und Gesinnungsdiktatur". In einem Antrag für die heutige Landtagssitzung heißt es wörtlich: der "Kampf gegen rechts" werde "auf politische Daseinsformen außerhalb des Extremismus ausgeweitet und gedeiht so zur politischen Meinungsmache gegen Andersdenkende".
    Gedruckte Anti-AfD-Flyer
    Man will die Fördergelder stoppen. 133.000 Euro hat das Land Sachsen-Anhalt für das Schulnetzwerk "Schulen ohne Rassismus" im vergangenen Jahr gezahlt. Damit müsse sofort Schluss sein, fordert Oliver Kirchner, der AfD-Fraktionschef im Magdeburger Landtag. Man habe festgestellt:
    "Dass dieses Netzwerk doch stark genutzt wird, um Stimmungsmache gegen demokratisch gewählte Parteien – in dem Fall gegen unsere Partei – betrieben wird."
    Kirchner ergänzt noch, er könne mannigfaltige Beispiele bringen, wie die AfD in den "Schulen ohne Rassismus" schlicht diffamiert werde. Und berichtet von einem – wie er sagt – einschneidenden Ereignis - am Magdeburger Geschwister-Scholl-Gymnasium. Und erzählt von dort gedruckten Anti-AfD-Flyern.
    "Nicht nur dass dort Unwahrheiten standen, Zitate aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Die AfD auf dem Hauptteil des Flyers mit 'Alles Faschisten' bezeichnet wurde."
    Weshalb sich der Schuldirektor bei der AfD persönlich entschuldigt habe, so Kirchner weiter. Am Magdeburger Geschwister Scholl Gymnasium schüttelt man den Kopf. Von einer Entschuldigung könne überhaupt keine Rede sein, so Schulleiter Steffen Drygalla gegenüber dem Deutschlandfunk.
    Wer den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz aus dem Lehrplan verbannen wolle, entlarve sich selbst, meint Lehrerin Catharina Kiesendahl vom Magdeburger Domgymnasium.
    "Wenn die AfD denkt, es geht gegen sie. Dann müssen sie sich fragen, warum das so ist. Also wenn sie rassistischen Äußerungen bringen und wir den Schülern beibringen, dass das nicht mehr in unsere Welt gehört, solche Äußerungen zu machen. Ich muss aber auch sagen, dass wir nie versuchen, die Schüler in eine Richtung zu drängen. Wir sagen nie, ihr dürft nicht die AfD wählen oder sowas."
    AfD will Politik aus der Schule drängen
    Die AfD geht in ihrem Antrag aber noch einen Schritt weiter. Sie will nicht nur dem Schulnetzwerk Schule ohne Rassismus den Geldhahn zudrehen. Sondern auch den Politik-Unterricht aus den Schulen drängen.
    "Politik hat an den Schulen wenig zu suchen", so formuliert es AfD-Fraktionschef Kirchner mit knappen Worten.
    "Wir verwehren uns gegen eine Vermischung von Politik und Schule."
    Damit steht die AfD allein. Alle anderen Parteien im Magdeburger Landtag, Grüne, SPD, Linkspartei und CDU widersprechen vehement den Rechtspopulisten. Auch CDU-Bildungsminister Marco Tullner auf der heutigen Landtagssitzung.
    "Sie sind doch diejenigen, die in Schulen möglichst weit vordringen wollen, unsere Schüler indoktrinieren wollen, sie sind es, die Grundschüler auflauern mit abstrusen Fragestellungen. Und deswegen ist hier ein Stoppzeichen zu setzen. Das vor allen Dingen aber auch mit Courage verbunden ist. Diese Courage werden sie vor allen Dingen in den Schulen finden. Weil, die Schulen lassen sich das nicht bieten. Schule ist ein Raum, wo man sich politisch sozialisieren kann."
    Deswegen – sagt Bildungsminister Tullner begleitet von massiven Zwischenrufen der AfD - sei das Netzwerk "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" wichtiger denn je.
    Am Magdeburger Domgymnasium schaut man derweil relativ gelassen auf die Forderungen der AfD. Was auch passiere, man würde auch ohne Landes-Förderung weiter machen. Die Stimmungsmache der AfD, die Erziehung zur Menschenfreundlichkeit und Toleranz nicht mehr zu fördern: "kann ich nicht verstehen",unterstreicht Lehrerin Catharina Kiesendahl. Das Thema Rassismus sei in dieser Welt und in diesen Tagen, einfach zu wichtig.