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Sachsen-Anhalt
Südeuropäische Azubis für ostdeutsche Firmen

Mit südeuropäischen Auszubildenden versuchen ostdeutsche Firmen, gegen den Fachkräftemangel vorzugehen. Dafür suchen Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern gezielt in Ländern wie Spanien, Portugal oder Griechenland - in denen eine hohe Jugendarbeitslosigkeit herrscht - junge Mitarbeiter. In Sachsen-Anhalt hat man damit im Herbst 2014 begonnen - allerdings nicht ohne Probleme.

Von Christoph D. Richter | 11.01.2016
    In Spanien war der stammende 21-jährige Informatiker Manuel Sanchez aus Madrid eineinhalb Jahre arbeitslos, sagt er. Selbst in London oder den USA habe er Jobs gesucht. Aussichtslos. Bis er ein Angebot aus Sachsen-Anhalt bekam. Jetzt macht er in Holleben bei Halle eine überbetriebliche Ausbildung zum Industrie-Isolierer, genau wie der 21-jährige Alejandro Garcia aus Alicante am Mittelmeer.
    Angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent in Spanien blieb dem Wartungsmechaniker Alejandro Garcia keine andere Wahl, als ins Ausland zu gehen, erzählt er. Kein einfacher Weg. Denn für die jungen Menschen ist es das erste Mal, das sie von zu Hause weg sind. Aber auch das Essen, das Klima oder die gänzlich anderen Arbeitszeiten sind für viele eine große Hürde, deshalb bricht fast die Hälfte ihre Ausbildung wieder ab, wie Unternehmer berichten.
    "Einerseits, das Heimweh war wieder da. Oder die Deutsch-Kenntnisse waren nicht so gut oder haben sich nicht so entwickelt, wie wir uns das ursprünglich vorgestellt hatten, sodass sie auch schulisch nicht richtig mitgekommen sind. Da waren die Defizite einfach zu groß, um einen erfolgreichen Abschluss zu machen. Das war nicht gegeben. Da haben die Auszubildenden auch selber von sich aus gesagt, okay wir müssen das beenden", erzählt Sven Seib.
    Er ist der Verwaltungsdirektor des Magdeburger Ratswaage-Hotels und beschäftigt derzeit sechs Azubis aus Spanien und Griechenland. Sie machen bei ihm eine Ausbildung zum Koch und Hotel- bzw. Restaurantfachmann.
    "Wenn man das auch wirklich erfolgreich umsetzen will, dass da auch ein Ergebnis bei rauskommt und nicht nur mal ein kleines Strohfeuer entsteht, dann muss nicht nur die Struktur in den Betrieben, sondern auch die Prüfungsanforderungen darauf abgestellt werden."
    Das bedeute, man müsse den Leuten mehr Zeit gebe, die Prüfungsaufgaben zu erfüllen. Das Problem hierbei seien aber nicht die fehlenden fachlichen Kenntnisse, sondern die Sprachbarrieren.
    "Wir haben selbst Mitarbeiter, die in den Prüfungsausschüssen als Prüfer arbeiten, die das auch so sehen. Sie sagen, die können das eigentlich, aber die können das nicht in der vorgegebenen Zeit von beispielsweise zweieinhalb Stunden umsetzen. Weil sie viel zu lange brauchen, um die gestellte Aufgabe erst zu verstehen."
    Gesprächsbedarf über Probleme
    Weshalb es nun in den kommenden Wochen ein Treffen geben soll - zwischen der IHK Magdeburg und den Unternehmern, die ausländische Azubis beschäftigen. Dann soll über die Schwierigkeiten und Lösungsansätze gesprochen werden. Erste Vorschläge liegen auch schon auf dem Tisch, so ist die Rede von deutlich verbesserten Deutsch-Kursen, aber auch von reinen Sprach-Berufschul-Klassen, um jungen Menschen wie Katarina Papanikolao aus Athen bestmögliche Startchancen zu geben.
    "Ich bin seit drei Jahren arbeitslos. So, dass ich eine Arbeit finden musste. Weil ich Geld haben will."
    Eigentlich ist die 31-jährige Griechin mit den schwarzen langen Haaren eine studierte Lehrerin. Doch jetzt lässt sie sich im Magdeburger Ratswaage Hotel – einem der größten Hotels der Stadt – zur Restaurantfachfrau ausbilden. Mit Erfolg, wie es scheint. Denn: Während viele ihrer Kollegen bereits aufgegeben haben, ist sie noch dabei. Und wird, wenn alles gut läuft, nächstes Jahr ihren Abschluss machen. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer wird man künftig noch mehr als bisher auf Bewerber aus dem Ausland angewiesen sein. Denn in fast jedem zweiten Betrieb gibt es unbesetzte Ausbildungsplätze. Von daher kann die hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Mittelmeerländern - so makaber es auch klingt - eine Chance für Regionen wie Sachsen-Anhalt sein. Hier absolvieren derzeit etwa 170 ausländische Jugendliche aus dem Mittelmeerraum eine Ausbildung. Noch einmal der Magdeburger Hotelier Sven Seib.
    "Es ist sicherlich ein Markt, wo wir zukünftig unsere Fachkräfte rausziehen."