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Sachsen-Anhalts Unis sollen sparen

In Sachsen-Anhalts Hochschulpolitik kommt Bewegung. Denn sowohl bei der CDU als auch der SPD will die Basis die Sparpläne der Landesregierung nicht mehr mitmachen. Der Landesrechnungshof allerdings hält die Kürzung um 50 Millionen Euro für notwendig.

Von Christoph Richter | 10.05.2013
    Eine Pflicht und keine Kür sei das Sparen, schon aus Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen. So ungefähr lautet das Credo von Ralf Seibicke, dem Präsidenten des sachsen-anhaltischen Landesrechnungshofs, der sich jetzt auch in die Debatte um die Hochschulkürzungen einschaltet. 50 Millionen Euro, die die Hochschulen in Sachsen-Anhalt ab 2015 schrittweise einsparen sollen, sind seiner Ansicht nach absolut machbar. Kein Teufelswerk.

    "Ich halte diese Forderung für überhaupt nicht überzogen. Es ist so viel Geld im System. Wenn Sie mal gucken, im ganzen Landeshaushalt, was für Hochschulen in allen Einzelplänen drin ist, da kommen sie auf eine Summe zwischen 850 und 900 Millionen."

    Ökonom Ralf Seibicke ist ein kühler und nüchterner Mensch. Andere nennen ihn einen Zahlenverwalter. Der gebürtige Stendaler und Parteifreund des CDU-Ministerpräsidenten Reiner Haseloff hat Zahlen, Bilanzen und Kennziffern emotionslos im Blick.

    "Der Rechnungshof wird drauf achten, dass die finanzpolitischen Kennziffern am Ende nicht den Bach runtergehen, und man nicht den leichtesten Weg, das süße Gift der Verschuldung wieder zu sich nimmt."

    Den Hochschulposten im Landesetat nennt der Präsident des Landesrechnungshofs beispielsweise einen disponiblen Bereich. Seien mehr oder weniger freiwillige Landesmittel, ähnlich den Kulturausgaben, die jetzt auf den Prüfstand gestellt werden müssten.

    "Mich wundert es nicht, dass in diesem Bereich jetzt, Prüfaufträge erteilt werden. Nämlich kann man bestimmte Aufgaben auch mit weniger Geld durch Konzentration von bestimmten Standorten erreichen. Und zum Schluss muss diese Frage politisch entschieden werden."

    Etwa 500 verschiedene Studienangebote beispielsweise seien seiner Ansicht nach für ein kleines Land wie Sachsen-Anhalt völlig zu viel. Angriffslustig vertritt Ralf Seibicke - dessen Karriere noch in der DDR beim Rat des Bezirkes Magdeburg begann - den Auftrag strengen Sparens.

    Dem Finanzwissenschaftler Horst Gischer, Professor und Dozent an der Uni Magdeburg, stellen sich die Haare zu Berge. Die Augen blitzen kampfeslustig.

    "Das ist relativ simpel. Man kann sich auch totsparen. Und wenn man schon nicht in Investitionen sein Geld einbringt, also in Forschung, Entwicklung und Bildung, dann gräbt man sich eher das eigene Grab, als dass es tatsächlich zweckmäßig ist."

    Die Vokabel Kaputtsparen sei ein Totschlagargument, entgegnet Ökonom Seibicke. Und ergänzt, dass man so weit noch lange nicht sei. Denn es gebe eben nur einen begrenzten Landesetat von 10 Milliarden Euro, auf dem das Doppelte - also 20 Milliarden Euro – an Schulden lasten. Damit sei der eingeschlagene Konsolidierungskurs schlicht alternativlos.

    "Es wird ja so getan, als wenn wir hier mit dem Rücken zur Wand sitzen und überhaupt keine Möglichkeiten zum Sparen mehr hätten. Wir haben ein Ausgabeniveau, das deutlich über dem Ausgabeniveau der westlichen Bundesländer liegt. Wenn wir im europäischen Maßstab von anderen Ländern wie Griechenland Sparmaßnahmen verlangen, dann müssen wir hier im Lande, bei einer hohen Verschuldung, wie sie Sachsen-Anhalt hat, strukturelle Maßnahmen ergreifen."

    Dem antworten die sachsen-anhaltischen Hochschulrektoren unisono, dass man gegen Einsparungen nichts habe. Allerdings mit Augenmaß. Das radikale Rasenmäherprinzip sei die schlechteste Variante. Es laufe vernünftigen Planungen zuwider, erlaube keine sinnvolle Profilierung der Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts, unterstreicht Horst Gischer. Seit 1997 ist er der Leiter des Lehrstuhls für Monetäre Ökonomie und öffentlich-rechtliche Finanzwirtschaft an der Otto von Guericke Universität Magdeburg.

    "Für Sachsen-Anhalt ist Investitionen in Hochschulen, insbesondere in den Bildungssektor insgesamt, nichts anderes als sinnvolle und attraktive Infrastrukturpolitik. In einem Land mit einer Infrastruktur im gewerblichen Bereich, der im Durchschnitt zu den übrigen Bundesländern zurückbleibt, muss man sich Nischen der Attraktivität suchen. Und wenn man sich in Sachsen-Anhalt umsieht, sind solche Nischen in Sachsen-Anhalt ein funktionierendes Bildungswesen, insbesondere funktionierende Universitäten."

    Volkswirtschaftler Horst Gischer vermutet, wenn die Sparpläne realisiert werden würden, so wie sich es die Spitze der Landesregierung, aber auch der Landesrechnungshof vorstellt, dann müssten 15-20 Prozent der Hochschulleistungen runter gefahren werden. Ralf Seibicke, der Präsident des Landesrechnungshofs in Magdeburg, kann mit dieser Schwarzmalerei indes nichts anfangen. Und mahnt zur nüchternen Betrachtung der Fakten.

    "Ohne entsprechenden Spar-Druck werden wir hier nicht auf die Beine kommen."

    Zwei Uni-Kliniken, zwei Universitäten, fünf Fachhochschulen, eine Kunsthochschule: Das ist Sachsen-Anhalts Hochschullandschaft, an der neuerdings die SPD-Fraktion, aber auch weite Kreise der CDU festhalten wollen. Ganz im Gegensatz zum Führungsduo von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff und seinem Vize, dem SPD-Finanzminister Jens Bullerjahn. Ihnen dürfte es gefallen, dass sich der Landesrechnungshof nun auf ihre Seite schlägt und deren Kürzungspläne verteidigt. CDU-Wissenschaftsminister Hartmut Möllring, der ein Konzept zur Zukunft des Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts vorlegen soll, wird die Debatte sicherlich aufmerksam verfolgen.