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Sachsen: Ökobauern gesucht

Sachsen gilt als Bundesland mit guten Bedingungen für die konventionelle Landwirtschaft - fruchtbare Böden, große Flächen und gute Erträge kommen hier zusammen. Der Ökolandbau dagegen fristet eher ein Nischendasein - nur knapp zwei Prozent der Fläche werden ökologisch bewirtschaftet. Im bundesweiten Vergleich liegt Sachsen damit im unteren Drittel. Landwirte, die auf Ökolandbau umstellen, werden deshalb händeringend gesucht. Für die, die den Schritt gewagt haben, stehen jedoch die Chancen nicht schlecht, wirtschaftlich zu arbeiten. Viola Leipoldt über die Situation des Ökolandbaus in Sachsen.

von Viola Leipoldt |
    Landwirt Dirk Paulsen ist zufrieden: die Erbsen sind abgeerntet, die Bohnen folgen bald, Mais und Getreide stehen gut auf dem Feld. Etwa 600 Hektar bewirtschaftet er und das alles ökologisch. Vor knapp zehn Jahren hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner umgestellt und es bis jetzt nicht bereut. Sein Betrieb, zwischen Dresden und Leipzig gelegen, ist gut zehn mal so groß wie ein durchschnittlicher Ökobauernhof in den alten Bundesländern. Ist da trotzdem alles noch Öko?

    Öko und Großbetrieb das ist kein Widerspruch. Man kann ökologischen Landbau genauso gut betreiben in einem großen Betrieb, man hat einfach nur mehr Aufwand, die große Menge auch zu verkaufen, das ist klar und das Risiko ist natürlich größer, aber wir sprechen auf Grund unserer Größe auch ein anderes Klientel an wie vielleicht ein kleinerer landwirtschaftlicher Betrieb. Mit den letzten Jahren hat sich auch gezeigt, dass Handelsketten, also Großkunden und große Verarbeiter, dass die in diese Ökoschiene investieren, dort was machen wollen und das sind eben die Kunden, die wir beliefern wollen.

    Durch die großen Flächen kann Paulsen nicht nur seine Maschinen effektiver nutzen. Möglich werden dadurch auch größere Mengen einheitlicher Ware, die er den Abnehmern anbieten kann. Einer davon ist ein Hersteller von Tiefkühlgemüse etwa 30 Kilometer weiter. Für ihn baut Dirk Paulsen als Vertragspartner unter anderem Erbsen und Bohnen an. Das gefrostete Biogemüse läuft gut und macht momentan sechs Prozent der Tiefkühlproduktion im Werk aus. Und es sollen mehr werden. Werksleiter Gert Fischer:

    Das ist natürlich ganz abhängig davon, wie sich der Markt entwickelt für Ökogemüse. Die Prognosen sind ja so, dass auf jeden Fall eine Steigerung zu erwarten ist. Da ist allerdings die Frage, wann und in welchem Umfang das passieren wird. Vorsichtig geschätzt glaube ich, dass wir in den nächsten fünf Jahren auf etwa 15 Prozent steigern müssten, um den Bedarf abzudecken.

    Läuft alles optimal, soll der Anteil bis zum Jahr 2012 sogar auf rund ein Drittel steigen. Doch dazu bräuchte das Werk mehr Landwirte der Region, die auf Ökolandbau umstellen. Die aber halten sich generell bei der ökologischen Landwirtschaft sehr zurück. Dabei könnte der gesamte Freistaat noch zwei- bis dreimal soviel Ökobauern gut gebrauchen, sagt Jörg Kunz vom Marketing-Verbund Öko-Markt-Partner Sachsen. Die großen Flächen, die in Sachsen noch bewirtschaftet werden, seien zudem ein Standortvorteil für die Ökolandwirte, die den Großabnehmer durchaus zu schätzen wüssten. Besonders bei Milch, Qualitätsweizen und Industriegemüse sei der Bedarf noch lange nicht gedeckt. Ursachen für die zögernde Haltung gibt es einige, so Jörg Kunz.

    Das eine ist die sehr hohe Förderung für die konventionelle Landwirtschaft, die Landwirte, die umstellen möchten, rechnen sich das natürlich durch und es muss sich für den Betrieb auch rechnen, und wenn im Ergebnis 100 oder 1000 Euro mehr übrigbleiben bei Öko, dann scheut man sich als Betrieb natürlich, diesen Aufwand zu betreiben, und ich finde das ist auch sehr nachvollziehbar. Die konventionelle Förderung ist durch das Programm "umweltgerechte Landwirtschaft" in Sachsen sehr attraktiv für die Landwirte und der Abstand zwischen Öko- und konventionelle Förderung im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gering.

    Außerdem sind die Bauern unsicher, wie der Markt sich entwickelt und der ökologische Anbau in der Praxis funktioniert - viele befürchten Felder voller Unkraut. Seit Anfang des Jahres läuft deshalb eine breite Informationskampagne des ökologischen Anbauverbandes Gäa und der Öko-Marktpartner Sachsen. Der Nitrofen-Skandal wird sich im übrigen kaum auf die Umstellungsbereitschaft der Landwirte auswirken, schätzt Jörg Kunz.

    Es ist ein längerer Prozess für einen Landwirtschaftsbetrieb, bis er sich mit dem Umstellungsgedanken angefreundet hat und er den auch abgeschlossen hat und die Entscheidung gefällt hat, das zieht sich oft über Jahre hin, und da hat Nitrofen vielleicht etwas verzögert, aber nicht meines Erachtens kaum etwas wirklich verhindert.

    Doch gespürt haben die sächsischen Ökobauern das leidige Nitrofen trotzdem - auch wenn ihre Ernte garantiert unbelastet war wie die von Dirk Paulsen. Er wird in diesem Jahr von seinem Futtergetreide nicht alles verkaufen können - seit Jahren wieder das erste Mal. Dirk Paulsen aber ist überzeugt, dass nach diesem Einbruch der Ökolandbau wieder weiter wachsen wird - auch in Sachsen.