Shoval: Guten Morgen, Herr Zagatta.
Zagatta: Herr Shoval, eines ist ja deutlich geworden: Die Palästinenser scheinen einen Irak-Krieg zu fürchten. Israel dagegen wird zumindest unterstellt, einem solchen Krieg durchaus auch positive Seiten abzugewinnen, ganz einfach deshalb, weil man in Saddam Hussein eine direkte Bedrohung sieht. Ist das so? Hat Israel sogar ein gewisses Interesse an einem Irak-Krieg?
Shoval: Schauen Sie: Wir haben nie Interesse an irgendeinem Krieg, aber es gibt Kriege, die unvermeidlich sind. Wenn man die Sachen zu lange laufen lässt werden die Kriege dann natürlich viel gefährlicher und schlimmer. Saddam Hussein ist zweifellos für den gesamten mittleren Osten, vielleicht für die Welt, besonders für Israel eine direkte Gefahr, aber es gibt auch einen indirekten Faktor, und ich glaube, das haben Sie auch erwähnt: Ich würde sagen, der mittlere Osten, andere Terrorstaaten, auch die Palästinenser gucken sehr scharf hin, was jetzt geschehen wird. Wenn sich herausstellen wird, dass die Amerikaner und der Westen im Großen und Ganzen Papiertiger sind, dann wird die Terrorwelle nicht nur weiter gehen, sondern bestimmt auch aufschwingen. Sollte aber ein erfolgreicher Irak-Krieg einen neuen mittleren Osten, einen stabileren mittleren Osten, einen vielleicht demokratischeren mittleren Osten schaffen, gäbe es in einer solchen Situation auch eine bessere Chance für einen israelisch-palästinensischen Frieden.
Zagatta: Also, das heißt, Israel steht in diesem Punkt voll auf der Seite der USA und plädiert eigentlich, solch einen Krieg jetzt zu beginnen?
Shoval: Ich glaube, die Amerikaner verstehen, dass sie die Verantwortung für die freie Welt haben, auch wenn in Europa Gegenstimmen dafür sind, aber im Großen und Ganzen haben gerade die Amerikaner vielleicht ein besseres Gedächtnis dafür, was auch in Europa vor 70 Jahren vor sich gegangen ist und verstehen, dass so eine Gefahr wie Saddam Hussein nicht einfach weiter bestehen darf. Das ist ihre Verantwortung und da wir natürlich in der Region sind, unterstützten wir die amerikanische Position, aber der Beschluss ist natürlich der der Amerikaner und nicht unserer.
Zagatta: Herr Shoval, Sie machen sich ja jetzt, wenn ich Sie recht verstanden habe, ähnlich große Hoffnung wie die Amerikaner, dass ein solcher Krieg, zumindest ein Sturz von Saddam Hussein die Region demokratisieren könnte. Besteht denn nicht auf der anderen Seite sogar die Gefahr, dass ein solcher Krieg die ganze Nahostregion umgekehrt destabilisieren würde?
Shoval: Schauen Sie: Die Gefahr besteht natürlich immer, aber der mittlere Osten ist heute, wenn man die verschiedenen arabischen Staaten von innen ansieht, alles andere als stabil. Wenn diese Situation weitergeht und wenn die terrorfördernden Organisationen weiter machen können, was sie eigentlich heute tun, dann ist das nur eine Frage, wie lange das dauert bis eine neue, größere Terrorwelle die ganze Welt bedroht. Ich würde vielleicht mit etwas Übertreibung sagen: Wenn dieser Krieg jetzt nicht und in baldiger Schnelle vor sich geht, dann wird die ganze westliche Welt 100 Jahre vom Terror bedroht sein.
Zagatta: Wie wird den Israel auf einen Irak-Krieg reagieren? Es gibt ja Befürchtungen, dass Israel sogar Massenabschiebungen von Palästinensern in arabischen Nachbarstaaten plane? Steht das zur Debatte?
Shoval: Das ist anti-israelische Gräuel-Propaganda. Da gibt es niemanden, der überhaupt an solche Ideen denkt. Wir werden, sollte ein Krieg ausbrechen, uns natürlich selbstverteidigen müssen. Hoffentlich werden wir nicht, wie vor zwölf Jahren direkte Opfer dieses Krieges sein, aber sollten wir von irakischen Raketen oder irgend so was bedroht sein, dann sind wir darauf vorbereitet. Aber nein: Bestimmt nicht irgendetwas gegen die arabische Bevölkerung. Schauen Sie: Wir haben eine neue Regierung. Der Premierminister Scharon setzt, würde ich sagen, seinen Platz in der Geschichte des mittleren Ostens uns Israels darauf hin, zu einem Frieden mit den Palästinensern zu kommen. Es besteht heute vielleicht seit 54 Jahren die beste Chance, wenigstens ein Modus vivendi, ein Arrangement, einen Frieden mit den Palästinensern zu erreichen.
Zagatta: Aber haben Sie denn überhaupt noch einen Verhandlungspartner? Ich meine, Arafat akzeptieren Sie doch offenbar nicht mehr...
Shoval: Aber Arafat ist eine lokale Version von Saddam Hussein. Wir und die Welt, sogar die Europäer akzeptieren ihn nicht mehr. Das ist ein Problem.
Zagatta: Herr Shoval, gibt es denn da berechtigte Aussichten, so wie US-Präsident Bush das jetzt hofft, für Frieden, für einen Palästinenserstaat in dieser Situation?
Shoval: Ja, es gibt bessere Chancen vielleicht als je, denn es gibt bei den Palästinensern selbst eine wachsende Anzahl von Menschen, von Leuten, die sich natürlich auch immer noch von Arafat bedroht fühlen, aber verstehen, dass, solange keine Änderung in der palästinensischen Führung vor sich geht, die Chancen, einen Frieden zu erreichen, nicht sehr positiv sind. Aber es wird zu einer Änderung bei den Palästinensern kommen. Es gibt Leute, die verantwortlich sind, die verstehen, dass die Intifada, also diese Terrorwelle, die von Arafat inszeniert worden war, politisch gescheitert ist. Es gibt einen israelischen Premierminister heute, der den Frieden erreichen will und bereit ist, dafür auch israelische Konzessionen und Opfer und Kompromisse zu machen. Das ist eine Chance, die die Palästinenser nicht verpassen sollten.
Zagatta: Herr Shoval, ich bedanke mich für das Gespräch. Das war Salman Shoval, früherer israelischer Botschafter in den USA und heute außenpolitischer Berater von Ministerpräsident Scharon.
Link: Interview als RealAudio
Zagatta: Herr Shoval, eines ist ja deutlich geworden: Die Palästinenser scheinen einen Irak-Krieg zu fürchten. Israel dagegen wird zumindest unterstellt, einem solchen Krieg durchaus auch positive Seiten abzugewinnen, ganz einfach deshalb, weil man in Saddam Hussein eine direkte Bedrohung sieht. Ist das so? Hat Israel sogar ein gewisses Interesse an einem Irak-Krieg?
Shoval: Schauen Sie: Wir haben nie Interesse an irgendeinem Krieg, aber es gibt Kriege, die unvermeidlich sind. Wenn man die Sachen zu lange laufen lässt werden die Kriege dann natürlich viel gefährlicher und schlimmer. Saddam Hussein ist zweifellos für den gesamten mittleren Osten, vielleicht für die Welt, besonders für Israel eine direkte Gefahr, aber es gibt auch einen indirekten Faktor, und ich glaube, das haben Sie auch erwähnt: Ich würde sagen, der mittlere Osten, andere Terrorstaaten, auch die Palästinenser gucken sehr scharf hin, was jetzt geschehen wird. Wenn sich herausstellen wird, dass die Amerikaner und der Westen im Großen und Ganzen Papiertiger sind, dann wird die Terrorwelle nicht nur weiter gehen, sondern bestimmt auch aufschwingen. Sollte aber ein erfolgreicher Irak-Krieg einen neuen mittleren Osten, einen stabileren mittleren Osten, einen vielleicht demokratischeren mittleren Osten schaffen, gäbe es in einer solchen Situation auch eine bessere Chance für einen israelisch-palästinensischen Frieden.
Zagatta: Also, das heißt, Israel steht in diesem Punkt voll auf der Seite der USA und plädiert eigentlich, solch einen Krieg jetzt zu beginnen?
Shoval: Ich glaube, die Amerikaner verstehen, dass sie die Verantwortung für die freie Welt haben, auch wenn in Europa Gegenstimmen dafür sind, aber im Großen und Ganzen haben gerade die Amerikaner vielleicht ein besseres Gedächtnis dafür, was auch in Europa vor 70 Jahren vor sich gegangen ist und verstehen, dass so eine Gefahr wie Saddam Hussein nicht einfach weiter bestehen darf. Das ist ihre Verantwortung und da wir natürlich in der Region sind, unterstützten wir die amerikanische Position, aber der Beschluss ist natürlich der der Amerikaner und nicht unserer.
Zagatta: Herr Shoval, Sie machen sich ja jetzt, wenn ich Sie recht verstanden habe, ähnlich große Hoffnung wie die Amerikaner, dass ein solcher Krieg, zumindest ein Sturz von Saddam Hussein die Region demokratisieren könnte. Besteht denn nicht auf der anderen Seite sogar die Gefahr, dass ein solcher Krieg die ganze Nahostregion umgekehrt destabilisieren würde?
Shoval: Schauen Sie: Die Gefahr besteht natürlich immer, aber der mittlere Osten ist heute, wenn man die verschiedenen arabischen Staaten von innen ansieht, alles andere als stabil. Wenn diese Situation weitergeht und wenn die terrorfördernden Organisationen weiter machen können, was sie eigentlich heute tun, dann ist das nur eine Frage, wie lange das dauert bis eine neue, größere Terrorwelle die ganze Welt bedroht. Ich würde vielleicht mit etwas Übertreibung sagen: Wenn dieser Krieg jetzt nicht und in baldiger Schnelle vor sich geht, dann wird die ganze westliche Welt 100 Jahre vom Terror bedroht sein.
Zagatta: Wie wird den Israel auf einen Irak-Krieg reagieren? Es gibt ja Befürchtungen, dass Israel sogar Massenabschiebungen von Palästinensern in arabischen Nachbarstaaten plane? Steht das zur Debatte?
Shoval: Das ist anti-israelische Gräuel-Propaganda. Da gibt es niemanden, der überhaupt an solche Ideen denkt. Wir werden, sollte ein Krieg ausbrechen, uns natürlich selbstverteidigen müssen. Hoffentlich werden wir nicht, wie vor zwölf Jahren direkte Opfer dieses Krieges sein, aber sollten wir von irakischen Raketen oder irgend so was bedroht sein, dann sind wir darauf vorbereitet. Aber nein: Bestimmt nicht irgendetwas gegen die arabische Bevölkerung. Schauen Sie: Wir haben eine neue Regierung. Der Premierminister Scharon setzt, würde ich sagen, seinen Platz in der Geschichte des mittleren Ostens uns Israels darauf hin, zu einem Frieden mit den Palästinensern zu kommen. Es besteht heute vielleicht seit 54 Jahren die beste Chance, wenigstens ein Modus vivendi, ein Arrangement, einen Frieden mit den Palästinensern zu erreichen.
Zagatta: Aber haben Sie denn überhaupt noch einen Verhandlungspartner? Ich meine, Arafat akzeptieren Sie doch offenbar nicht mehr...
Shoval: Aber Arafat ist eine lokale Version von Saddam Hussein. Wir und die Welt, sogar die Europäer akzeptieren ihn nicht mehr. Das ist ein Problem.
Zagatta: Herr Shoval, gibt es denn da berechtigte Aussichten, so wie US-Präsident Bush das jetzt hofft, für Frieden, für einen Palästinenserstaat in dieser Situation?
Shoval: Ja, es gibt bessere Chancen vielleicht als je, denn es gibt bei den Palästinensern selbst eine wachsende Anzahl von Menschen, von Leuten, die sich natürlich auch immer noch von Arafat bedroht fühlen, aber verstehen, dass, solange keine Änderung in der palästinensischen Führung vor sich geht, die Chancen, einen Frieden zu erreichen, nicht sehr positiv sind. Aber es wird zu einer Änderung bei den Palästinensern kommen. Es gibt Leute, die verantwortlich sind, die verstehen, dass die Intifada, also diese Terrorwelle, die von Arafat inszeniert worden war, politisch gescheitert ist. Es gibt einen israelischen Premierminister heute, der den Frieden erreichen will und bereit ist, dafür auch israelische Konzessionen und Opfer und Kompromisse zu machen. Das ist eine Chance, die die Palästinenser nicht verpassen sollten.
Zagatta: Herr Shoval, ich bedanke mich für das Gespräch. Das war Salman Shoval, früherer israelischer Botschafter in den USA und heute außenpolitischer Berater von Ministerpräsident Scharon.
Link: Interview als RealAudio