Männer sind es, welche die Geschichte machen. Was der Preußenhistoriker Treitschke einst zum Gang der Nationalhistorie notierte, nimmt auch die breitgefächerte Orientschau im Oldenburger Landesmuseum für sich in Anspruch: "Saladin und die Kreuzritter" steht als Titel über den glanzvollen Exponaten, die den hohen Rang islamischer Kultur im Mittelalter bezeugen. Schließlich war der edelmütige Sultan von Lebzeiten an die bewunderte Lichtgestalt unter den Muselmanen. Lessing hat ihn im "Nathan" gar zum Herold religiöser Toleranz befördert, weshalb das deutsche Bildungsbürgertum die Multikulti-Utopie zur Pflichtlektüre erhoben hat. Der Ruhm war die Frucht alter Legenden. Wie großherzig hatte bereits Richard Löwenherz seinen ärgsten Widersacher im Kampf um das Heilige Land erlebt: Als der Engländer zwischen den Gefechten krank danieder lag, so wird berichtet, schickte ihm Saladin seinen Leibarzt und ließ Schnee aus den Bergen bringen, um Getränke für seine Genesung zu kühlen.
Die Anekdote zeigt an, wohin der Rundgang der Ausstellung mit ihrem reichen Angebot an kostbaren Handschriften, kunstgewerblichen Objekten, wissenschaftlichen Geräten, Waffen und Kirchenschätzen führt: in eine Zeit, als im Kampf der Kulturen die Gewichte noch anders verteilt waren. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten begegneten die Westeuropäer auf dem Weg nach Jerusalem Kulturen, die ihren eigenen überlegen waren. Sie sahen imposante Städte mit prunkvollen Gebäuden, Krankenhäusern, Apotheken, Schulen und prächtigen Moscheen, lernten luxuriöse Textilien wie Samt und Seide kennen, schimmernde Keramik, goldbemalte Glaswaren und exotische Gewürze. Die Wirkung des Kulturwunders, das folgenreich in die ferne Heimat ausstrahlte, überdauerte das letztlich erfolglose Ringen um die Befreiung der heiligen christlichen Stätten. Anfang des siebten Jahrhunderts hatten die Araber den Byzantinern Jerusalem abgenommen, 1099 gelang dem ersten Kreuzfahrerheer die Erstürmung der Mauern. Dann im Jahre 1187 eroberte Saladin die Stadt zurück, Mohammeds Himmelfahrtsort und Zentrum der jüdisch-christlichen Welt, das fast zweihundert Jahre im Besitz der Kreuzritter gewesen war.
Wie nicht anders zu erwarten, hat die neuere Forschung vom Mythos Saladin nicht viel übrig gelassen. Der Herrscher über Syrien und Ägypten war kein glühender Idealist, sondern ein kühl abwägender Machtpolitiker. So verfolgte er sein Ziel mit militärischer Brutalität, aber auch mit kluger Taktik und verständnisvoller Diplomatie. Jener Koransure, die befielt, dass Religion gewaltfrei sein soll, gehorchte er deshalb, weil sein Vielvölkerreich aus Muslimen, Juden und orientalischen Christen am lockeren Zügel optimal zu bändigen war. Von einem Laboratorium des kulturellen Miteinanders unter seiner Regie kann nicht die Rede sein, da an der Dominanz des Islam nie der leistete Zweifel erlaubt war.
Insgesamt sieht die Bilanz des frühen Zusammenpralls der Kulturen trotz friedlicher Inseln in den Blutbädern der Vernichtungskriege düster aus. Nach heutigem Forschungsstand, ausgebreitet im dickleibigen Katalogbuch, waren die schlimmsten Folgen der Kreuzzüge die Fanatisierung der Dschihad-Kämpfer, der Heiligen Krieger gegen die Ungläubigen, und die Zuspitzung der beiderseitigen Feindbilder. Gleichzeitig führte der Angriff auf den Islam zum Absterben von dessen liberaler Philosophie und freier Naturwissenschaft, da radikale Religionsführer das Regiment übernahmen, mit verheerenden Folgen für die islamische Zivilisation.
Lessing meinte, die Geschichte solle nicht das Gedächtnis beschweren, sondern den Verstand erleuchten. Sein Saladin, der edle Heide, taugt nach seiner Entzauberung dafür nur noch in Maßen. Immerhin ist an seiner Gestalt ablesbar, wie tief die Wurzeln des erbitterten Konflikts der Gegenwart reichen.
"Saladin und die Kreuzfahrer" (Beginn 5.3.) bis 2. Juli im Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg. Vom 23. Juli bis 5. November in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, wo die Ausstellung konzipiert und wissenschaftlich vorbereitet worden ist. Begleitbuch (518 Seiten) bei Philipp von Zabern (39,90 Euro).
Die Anekdote zeigt an, wohin der Rundgang der Ausstellung mit ihrem reichen Angebot an kostbaren Handschriften, kunstgewerblichen Objekten, wissenschaftlichen Geräten, Waffen und Kirchenschätzen führt: in eine Zeit, als im Kampf der Kulturen die Gewichte noch anders verteilt waren. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten begegneten die Westeuropäer auf dem Weg nach Jerusalem Kulturen, die ihren eigenen überlegen waren. Sie sahen imposante Städte mit prunkvollen Gebäuden, Krankenhäusern, Apotheken, Schulen und prächtigen Moscheen, lernten luxuriöse Textilien wie Samt und Seide kennen, schimmernde Keramik, goldbemalte Glaswaren und exotische Gewürze. Die Wirkung des Kulturwunders, das folgenreich in die ferne Heimat ausstrahlte, überdauerte das letztlich erfolglose Ringen um die Befreiung der heiligen christlichen Stätten. Anfang des siebten Jahrhunderts hatten die Araber den Byzantinern Jerusalem abgenommen, 1099 gelang dem ersten Kreuzfahrerheer die Erstürmung der Mauern. Dann im Jahre 1187 eroberte Saladin die Stadt zurück, Mohammeds Himmelfahrtsort und Zentrum der jüdisch-christlichen Welt, das fast zweihundert Jahre im Besitz der Kreuzritter gewesen war.
Wie nicht anders zu erwarten, hat die neuere Forschung vom Mythos Saladin nicht viel übrig gelassen. Der Herrscher über Syrien und Ägypten war kein glühender Idealist, sondern ein kühl abwägender Machtpolitiker. So verfolgte er sein Ziel mit militärischer Brutalität, aber auch mit kluger Taktik und verständnisvoller Diplomatie. Jener Koransure, die befielt, dass Religion gewaltfrei sein soll, gehorchte er deshalb, weil sein Vielvölkerreich aus Muslimen, Juden und orientalischen Christen am lockeren Zügel optimal zu bändigen war. Von einem Laboratorium des kulturellen Miteinanders unter seiner Regie kann nicht die Rede sein, da an der Dominanz des Islam nie der leistete Zweifel erlaubt war.
Insgesamt sieht die Bilanz des frühen Zusammenpralls der Kulturen trotz friedlicher Inseln in den Blutbädern der Vernichtungskriege düster aus. Nach heutigem Forschungsstand, ausgebreitet im dickleibigen Katalogbuch, waren die schlimmsten Folgen der Kreuzzüge die Fanatisierung der Dschihad-Kämpfer, der Heiligen Krieger gegen die Ungläubigen, und die Zuspitzung der beiderseitigen Feindbilder. Gleichzeitig führte der Angriff auf den Islam zum Absterben von dessen liberaler Philosophie und freier Naturwissenschaft, da radikale Religionsführer das Regiment übernahmen, mit verheerenden Folgen für die islamische Zivilisation.
Lessing meinte, die Geschichte solle nicht das Gedächtnis beschweren, sondern den Verstand erleuchten. Sein Saladin, der edle Heide, taugt nach seiner Entzauberung dafür nur noch in Maßen. Immerhin ist an seiner Gestalt ablesbar, wie tief die Wurzeln des erbitterten Konflikts der Gegenwart reichen.
"Saladin und die Kreuzfahrer" (Beginn 5.3.) bis 2. Juli im Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg. Vom 23. Juli bis 5. November in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, wo die Ausstellung konzipiert und wissenschaftlich vorbereitet worden ist. Begleitbuch (518 Seiten) bei Philipp von Zabern (39,90 Euro).