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Salzburger Festspiele 2020
"Es entsteht wieder eine Zusammenkunft, und die ist kostbar"

Die Salzburger Festspiele sind das einzige Musikfestival in Europa, das in diesem Sommer stattfindet. In einer Hinsicht war Corona ein Glück, sagte Intendant Markus Hinterhäuser im Dlf: "All die wunderbaren Sänger waren frei und einfach nur glücklich, dass sie das machen können".

Markus Hinterhäuser im Gespräch mit Jörn Florian Fuchs |
Porträt von Markus Hinterhäuser (2020) - Pianist und Intendant der Salzburger Festspiele
Ein Interview mit Markus Hinterhäuser, dem Intendanten der Salzburger Festspiele, findet in Corona-Zeiten im Freien statt (imago images / Manfred Siebinger)
Alle Aufführungen der Salzburger Festspiele finden wegen der COVID-19-Schutzmaßnahmen ohne Pause und ohne Bewirtung statt, Masken sind auch für das Publikum bis zum Aufführungsbeginn und nach dem Schlussapplaus Pflicht. Die Festspiele bieten insgesamt nur ein Drittel des üblichen Kartenkontingents an. Die Frage, warum und wie in Österreich möglich war, was überall anders abgesagt wurde – von den Bayreuther Festspielen über die Ruhrtriennale bis hin zu den Festivals in Avignon oder Aix en Provence -, erklärt der Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, im Dlf so:
"Uns war völlig klar, dass der so genannte Lockdown, der ja in ganz Europa stattfand, Konsequenzen haben musste, die dann auch eingetreten sind: Dass die Fallzahlen gesunken sind, dass die Situation stabiler wurde. Und dann entstand damals auch ein großer Druck der Kultur in Österreich. Dass die Kulturinstitutionen zu einer Art von Berechtigung zurückkommen dürfen, sollen, müssen. Wir haben uns auch stark gemacht dafür, aber wir wollten keine Lex Salzburger Festspiele. Entweder alle oder keiner." Die neue österreichische Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer habe dann sehr konstruktiv gewirkt und einiges ermöglicht.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Einakter statt großer Chor-Oper
Das verkleinerte, verkürzte Programm der Salzburger Festspiele musste schnell und pragmatisch erstellt werden. Eine Oper wie "Boris Godunow" - eine Chor-Oper mit Massen von Statisterie - wäre ebenso wenig möglich gewesen wie "Intolleranza" von Luigi Nono. Die Riesenmenge von Musikern im Orchestergraben der Oper "Elektra", im Einakter von Festspiel-Mitbegründer Richard Strauss, hingegen durfte sein. "Wir tun nur das, was wir machen dürfen." Die Idee zu "Cosí fan tutte" sei dann sehr schnell realisiert worden, weil ein Jubiläumsjahr der Salzburger Festspiele ohne Mozart-Oper für Hinterhäuser schwer vorstellbar war. "Da hat Corona uns auch ein Glück beschert, weil all die wunderbaren Sänger frei und einfach nur glücklich waren, dass sie das hier machen können."
Die Maske ist keine Zumutung
Natürlich sei die Atmosphäre unter diesen Bedingungen in Salzburg eine ganz andere, so Intendant Markus Hinterhäuser. Er würde die Maske aber nicht als Zumutung betrachten: "Ich finde das eine sehr leichte Übung, der man sich auch unterziehen sollte." Trotz dieser Einschränkungen würde man sehr reich beschenkt – dadurch, dass die Festspiele überhaupt stattfinden. "Es entsteht wieder eine Zusammenkunft, und die ist kostbar." Die Aura von Musikerlebnissen sei über das Streamen nicht zu haben, so wertvoll das in diesem Jahr auch sei. "Wir leben in einer Zeit, in der wir Nähe nur noch über Distanz herstellen können. Es gibt bei Walter Benjamin diesen tollen Satz über die Aura: ‚Die Aura ist die einmalige Erscheinung einer Ferne, so nahe sie auch sein mag‘ – und dieses Spiel aus Nähe und Distanz, das versuchen wir jetzt, das ist eine dialektische Aufgabe und eine mechanische Aufgabe, der wir uns unterziehen."
Natürlich seien die Salzburger Festspiele mit knapp 80.000 verkauften Eintrittskarten kein Geschäft mehr. "Und ich wage zu sagen, dass wir das ein zweites Mal nicht hinbekommen." Man befinde sich auch in den nächsten Wochen und Monaten auf dünnerem Eis. Möglichst viele der bereits geplanten Salzburger Jubiläums-Produktionen werden in den nächsten Sommer verschoben.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.