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Sammeln, Trumpfen, Stechen mit Zitaten

Im ZDF ist das ''Literarische Quartett'' inzwischen zu einem Solo für Marcel Reich-Ranicki geschrumpft, doch Siegener Literaturwissenschaftler haben inzwischen ihr eigenes ''Literarisches Quartett'' ins Leben gerufen. Dabei folgen sie dem ursprünglichen Wortsinn des Begriffs ''Quartett'', der natürlich ein Kartenspiel bezeichnet. Und ebenso wie Kinder auf Schulhöfen mit Hilfe des ''Auto-Quartetts'' die Hubraumgrößen schnittiger Sportwagen auswendig lernen, so soll das Siegener Literatur-Quartett Wissen zur Weltliteratur vermitteln.

    Maßgeblich an der Entstehung des Siegener Literarischen Quartetts beteiligt war Professor Peter Gendolla, Germanist der Universität Siegen. Hintergrund war, dass immer mehr junge Studierende sich zwar für das Fach Literatur interessierten, die wichtigen Werke der Weltliteratur aber nur von der Leinwand oder aus dem Fernsehen kannten. "Wir haben dann eine Umfrage unter Kolleginnen an der Universität gemacht, was Studenten lesen sollen", erzählt Gendolla. "Wir haben 48 Titel abgefragt und daraus dann ein richtiges Kartenspiel gestaltet, mit Studenten in einer langwierigen Zuordnung von Text und Bild." Beschränkt durch die Anzahl der Karten entstand so natürlich eine Art Kanon, und über einen Kanon lässt sich trefflich streiten. "Der Kanon, der bei uns herausgekommen ist, ist ein absolut klassischer Kanon", so Gendolla. "Von Homer bis zu Thomas Mann und Bert Brecht sind es bekannte Dinge, die man nur nicht mehr voraussetzen kann. Unser kleiner Pferdefuß für die Studenten ist, dass sie diese 48 Titel im Laufe des Studiums gelesen haben sollten, damit man eine Grundlage für die Diskussion hat." Drama, Lyrik und Prosa bilden die Großgattungen auch im Literarischen Quartett aus Siegen, weiter unterteilt wird nach vier Epochen von Antike bis zur frühen Neuzeit. Nicht nur deutsche Literaten sind vertreten, sondern die gesamte Weltliteratur auch aus zum Beispiel Russland oder Frankreich.

    Selbstverständlich kann man das Literarische Quartett auch spielen, und dafür gibt es gleich mehrere Regeln. Als reines Quartett, bei dem man nur vier passende Karten zusammensuchen muss, ist es noch recht einfach. "Dann kann man es auch komplizierter spielen", sagt Gendolla, "nach einer Art Doppelkopf-Regel. Und dann müsste man schon ein bisschen mehr wissen, wenn man es komplizierter spielen will. Man spielt zum Beispiel 'Innovation' oder 'Tradition', das heißt: Sind die älteren Titel höherwertig oder die jüngeren, das spricht man vorher ab, auch das, was sticht, was also gleichwertig ist."

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    Das Siegener Literarische Quartett - ein literarisches Kartenspiel von Peter Gendolla und Carsten Zelle, unter Mitarbeit von Caroline Weiß, ISBN 3-9808010-9-8, kostet 5,00 Euro und kann beim Universitätsverlag Uni Siegen online bestellt werden.

    (Lehrstuhl für Literatur, Kunst, neue Medien und Technologien Likumed an der Uni Siegen.