Karin Fischer: Man nannte ihn auch den "Poltergeist von Feldafing", und er war wirklich eine Krawallschachtel. Christiane Vielhaber, die Frage lautet, das Museum war trotzdem oder gerade deswegen natürlich eine Sensation. Auch wegen der Kunst?
Christiane Vielhaber: Eigentlich weniger wegen der Kunst. Frau Fischer, das, was da gezeigt wird, das ist zwar ganz viel expressionistische Grafik und auch ein paar Ölgemälde, von Blauer Reiter und Brücke-Malern. Aber im Wesentlichen ist es doch das, was er immer gewollt hat. Er wollte so die Wiesenkunst, also nicht die Hauptwege, sondern er wollte die Nebenwege, und er hat eigentlich alles gesammelt. Er war so ein manischer Bauchsammler, also nicht mit Verstand, dass er dachte, das passt zu dem und diese Epoche kaufe ich jetzt oder sammle sie in die Breite oder in die Höhe der Qualität, sondern er hat Masken gesammelt, er hat Alraunen gesammelt, er hat Karussellpferde gesammelt, er hat Briefbeschwerer gesammelt. Und das ist natürlich alles in diesem Museum drin, so dass es eher eigentlich eine Villa Kunterbunt ist und nicht unbedingt das, was wir uns als Museum vorstellen. Aber er hat sich sowieso immer über das Bildungsbürgertum lustig gemacht, die will er gar nicht haben.
Fischer: Ich wollte gerade sagen, das klingt ja nicht unsympathisch. Lothar-Günther Buchheim ist Jahrgang 1918. Er hat schon seit frühester Jugend auch selbst gemalt, hat in München auch Kunst studiert, war während des Zweiten Weltkriegs dann als Freiwilliger in der Kriegsmarine, hat später mit "Das Boot" eben die Erfahrungen, über die seiner Ansicht nach niemand authentisch erzählt hat, niedergeschrieben. Er war selbst auch Schriftsteller. Er war Viel-, wenn nicht Alleskönner, er war Kunstbuchverleger. Wie kam er dann zum Sammeln? Hat das viele Geld das möglich gemacht, war das seine Kunstader?
Vielhaber: Als der Krieg zu Ende war, hat er sich in Frankfurt niedergelassen und hat über Kunst geschrieben und hat einen Verlag gegründet, und wenn Sie in einem Kunstbuch etwas abdrucken wollen, dann brauchen Sie Rechte. Und die Rechte waren nach dem Krieg so teuer, die Fotorechte, dann hat er das einfach lieber selbst gekauft. Das war teilweise wirklich billiger als die Abdruckrechte, da hat es auch viel Ärger gegeben teilweise, dass er irgendwas abgedruckt hat, was er eigentlich nicht durfte.
So hat er angefangen zu sammeln, und darum natürlich in erster Linie Grafik. Er hat dann auch später mal gesagt, das entspricht seinem demokratischen Verständnis von Kunst, das ist Kunst für alle, und das kann man vervielfältigen und so. Ich habe ihn auch als Künstler erlebt, das war 1984 im Leopold-Hoesch-Museum in Düren, und da muss ich sagen, er galt als Wunderkind. Und wenn Sie die frühen Arbeiten gesehen haben, das hat mich an den frühen Grass erinnert. Sie sehen zum Beispiel einen Tornister oder Sie sehen Stiefel oder Sie sehen Stillleben, so ein Fisch, der da liegt. Also so in Richtung Butt, und dann wird es aber doch so, er hat später von den Tropen von Feldafing gesprochen und hat da so eine Amerika- und Südseereise gemacht. Dann wird das so eine Mischung aus Nolde und Kirchner und so aquarellig, also so hart wie Kirchner und spitzig und dann so verwischend und starke Farben wie Nolde. Also das ist alles nicht so toll. Also da ist er sicherlich als Sammler besser gewesen oder als Verleger.
Fischer: Lassen Sie uns noch mal auf dieses Museum zurückkommen: Wir haben vorher die Odyssee erwähnt, die es hinter sich hatte, München, Duisburg, alle möglichen Städte waren damals im Spiel über sehr lange Zeit. Woran ist Buchheim denn immer gescheitert, auch an sich selbst?
Vielhaber: Das fing schon 1980 an. Da hat er den Münchener Professor Steingräber, der zuständig ist für die Gemäldesammlung, in der Zeitschrift "Art", ziemlich beleidigt. Und dann hat Herr Steingräber gesagt, hören Sie mal zu, lieber Herr Buchheim, zehn Bilder von Ihren Bildern sind höchstens museumswürdig, und das, was Sie hier als Dauerleihgabe haben, das können Sie ruhig abziehen. Dann hat er mit seiner Heimatstadt Chemnitz, dann waren die aber nicht bereit, seine Soldatenbilder auszustellen. Dann hat Duisburg einen Anbau gebaut und dann hat er mitgekriegt, oh, das soll ja doch noch Lehmbruck heißen, also Anders-Lehmbruck-Museum, und soll nicht Buchheim heißen, und dann hat er sich mit allen überworfen, und auf eine Art und Weise, die unschön ist.
Christiane Vielhaber: Eigentlich weniger wegen der Kunst. Frau Fischer, das, was da gezeigt wird, das ist zwar ganz viel expressionistische Grafik und auch ein paar Ölgemälde, von Blauer Reiter und Brücke-Malern. Aber im Wesentlichen ist es doch das, was er immer gewollt hat. Er wollte so die Wiesenkunst, also nicht die Hauptwege, sondern er wollte die Nebenwege, und er hat eigentlich alles gesammelt. Er war so ein manischer Bauchsammler, also nicht mit Verstand, dass er dachte, das passt zu dem und diese Epoche kaufe ich jetzt oder sammle sie in die Breite oder in die Höhe der Qualität, sondern er hat Masken gesammelt, er hat Alraunen gesammelt, er hat Karussellpferde gesammelt, er hat Briefbeschwerer gesammelt. Und das ist natürlich alles in diesem Museum drin, so dass es eher eigentlich eine Villa Kunterbunt ist und nicht unbedingt das, was wir uns als Museum vorstellen. Aber er hat sich sowieso immer über das Bildungsbürgertum lustig gemacht, die will er gar nicht haben.
Fischer: Ich wollte gerade sagen, das klingt ja nicht unsympathisch. Lothar-Günther Buchheim ist Jahrgang 1918. Er hat schon seit frühester Jugend auch selbst gemalt, hat in München auch Kunst studiert, war während des Zweiten Weltkriegs dann als Freiwilliger in der Kriegsmarine, hat später mit "Das Boot" eben die Erfahrungen, über die seiner Ansicht nach niemand authentisch erzählt hat, niedergeschrieben. Er war selbst auch Schriftsteller. Er war Viel-, wenn nicht Alleskönner, er war Kunstbuchverleger. Wie kam er dann zum Sammeln? Hat das viele Geld das möglich gemacht, war das seine Kunstader?
Vielhaber: Als der Krieg zu Ende war, hat er sich in Frankfurt niedergelassen und hat über Kunst geschrieben und hat einen Verlag gegründet, und wenn Sie in einem Kunstbuch etwas abdrucken wollen, dann brauchen Sie Rechte. Und die Rechte waren nach dem Krieg so teuer, die Fotorechte, dann hat er das einfach lieber selbst gekauft. Das war teilweise wirklich billiger als die Abdruckrechte, da hat es auch viel Ärger gegeben teilweise, dass er irgendwas abgedruckt hat, was er eigentlich nicht durfte.
So hat er angefangen zu sammeln, und darum natürlich in erster Linie Grafik. Er hat dann auch später mal gesagt, das entspricht seinem demokratischen Verständnis von Kunst, das ist Kunst für alle, und das kann man vervielfältigen und so. Ich habe ihn auch als Künstler erlebt, das war 1984 im Leopold-Hoesch-Museum in Düren, und da muss ich sagen, er galt als Wunderkind. Und wenn Sie die frühen Arbeiten gesehen haben, das hat mich an den frühen Grass erinnert. Sie sehen zum Beispiel einen Tornister oder Sie sehen Stiefel oder Sie sehen Stillleben, so ein Fisch, der da liegt. Also so in Richtung Butt, und dann wird es aber doch so, er hat später von den Tropen von Feldafing gesprochen und hat da so eine Amerika- und Südseereise gemacht. Dann wird das so eine Mischung aus Nolde und Kirchner und so aquarellig, also so hart wie Kirchner und spitzig und dann so verwischend und starke Farben wie Nolde. Also das ist alles nicht so toll. Also da ist er sicherlich als Sammler besser gewesen oder als Verleger.
Fischer: Lassen Sie uns noch mal auf dieses Museum zurückkommen: Wir haben vorher die Odyssee erwähnt, die es hinter sich hatte, München, Duisburg, alle möglichen Städte waren damals im Spiel über sehr lange Zeit. Woran ist Buchheim denn immer gescheitert, auch an sich selbst?
Vielhaber: Das fing schon 1980 an. Da hat er den Münchener Professor Steingräber, der zuständig ist für die Gemäldesammlung, in der Zeitschrift "Art", ziemlich beleidigt. Und dann hat Herr Steingräber gesagt, hören Sie mal zu, lieber Herr Buchheim, zehn Bilder von Ihren Bildern sind höchstens museumswürdig, und das, was Sie hier als Dauerleihgabe haben, das können Sie ruhig abziehen. Dann hat er mit seiner Heimatstadt Chemnitz, dann waren die aber nicht bereit, seine Soldatenbilder auszustellen. Dann hat Duisburg einen Anbau gebaut und dann hat er mitgekriegt, oh, das soll ja doch noch Lehmbruck heißen, also Anders-Lehmbruck-Museum, und soll nicht Buchheim heißen, und dann hat er sich mit allen überworfen, und auf eine Art und Weise, die unschön ist.