Nicht weniger als 18 neue Filme gehen morgen in den deutschen Kinos an den Start. Das dürfte Rekord in diesem Jahr sein. Aus dem Überangebot hat unser Kritiker sechs Filme ausgewählt, die er jetzt vorstellt. Es sind dies die Dokumentation "The Artist is Present" über die serbische Performance-Künstlerin Marina Abramovic, die späte Verfilmung des Bestsellers "Anleitung zum Unglücklichsein", die irische Außenseitergeschichte "Parked – Gestrandet" sowie den amerikanischen Krimi "Killing them Softly" mit Brad Pitt in der Rolle eines Profikillers.
"Haben Sie mal einen umgebracht? – Nein. – Das wird oft gefühlsduselig. ... Die heulen. Die flehen. Die betteln. Die pissen sich manchmal ein. Die rufen nach ihrer Mutter. Das ist widerwärtig. Sie sanft zu töten – das ist mehr mein Ding."
Auch ein Auftragskiller hat so seine Prinzipien. Die von Brad Pitt alias Jackie Cogan lauten zusammengefasst "Killing them Softly". Prinzipien aber können der eigenen Arbeit auch im Wege stehen. Diese Erfahrung macht Cogan, als er von einem Verbrechersyndikat angeheuert wird, jene Gangster auszuschalten, die ein illegales Pokerspiel überfallen haben.
Es klingt wie die übliche, schon so häufig verfilmte Geschichte aus der Welt des organisierten Verbrechens. Doch Drehbuchautor und Regisseur Andrew Dominik hat eher einen Anti-Mafiakrimi gedreht, in dem er das Genre demontiert und ironisiert. Dabei ist er weniger an einer spannenden Geschichte interessiert. Vielmehr liegt sein Fokus auf den von der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit der USA gezeichneten Charakteren. Für Dominik ist es ein Land am Abgrund. Dass Hoffnungsträger Obama und sein Vorgänger Bush – der Film spielt während des Wahlkampfs 2008 – dass die beiden immer wieder im Hintergrund aus Fernsehen und Radio zu hören sind, ist allerdings eher eine platte Idee. Und seltsamerweise ist von der Dekonstruktion des Genres nicht mehr viel zu spüren in den unappetitlichen Gewaltszenen.
So ist "Killing them Softly" von Andrew Dominik bestenfalls akzeptabel
"Ich weiß, woran Sie jetzt denken. – Woran denn? – Sie denken: Das ist eine ganz große Wohnung für eine Frau alleine. – Nein. Ich denke: Warum ist so eine tolle Frau wie Sie alleine."
Und wir denken – nein – wir befürchten: Hier kommt schon wieder eine dieser gnadenlos unkomischen deutschen Komödien. Diese hier heißt "Anleitung zum Unglücklichsein". Vor fast 30 Jahren ein Bestseller – geschrieben von Paul Watzlawick. Ein parodistischer Ratgeber für alle Pessimisten und solche, die diesen Zustand noch perfektionieren wollen. Weil man aber nur schwer aus einem Sachbuch einen Spielfilm machen kann, hat sich die vermeintliche Komödienspezialistin Sherry Hormann eine Geschichte einfallen lassen, in der eine junge Frau als Hauptfigur Watzlawicks Thesen durchdekliniert.
"Ich schlafe nicht mit Ihnen. – Schön! Dann haben wir das auch schon geklärt."
Uninspiriert, witzlos und ermüdend ist das. Eben wie so oft in deutschen Komödien.
"Anleitung zum Unglücklichsein" von Sherry Hormann: enttäuschend!
"Was machen Sie da? – Entschuldigung! Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich habe hier mal gewohnt. ... Ich war längere Zeit im Ausland. – Und jetzt wohnen Sie wieder hier in der Gegend? – Ja. Nicht weit weg von hier. Klein und bescheiden."
Nur wenige Quadratmeter hat Fred zur Verfügung. Und von Wohnen kann überhaupt keine Rede sein. Denn Fred, der auf die 60 zugeht, lebt in seinem Auto. Das hat er auf einen Parkplatz an der Küste von Dublin abgestellt. Nach vielen Jahren in England ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Ein Mann, der aus dem sozialen Netz gefallen ist. Keine Arbeit und keine Wohnung, keine Familie und keine Freunde. Die Begegnung mit dem drogensüchtigen Cathal, ebenfalls ein Ausgestoßener, wird Fred aus seiner Isolation herausholen. "Parked – Gestrandet" ist das gelungene Spielfilmdebüt des Iren Darragh Byrne. Eine leise, traurige und doch hoffnungsvolle Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft – wunderbar gespielt von Colm Meany und Colin Morgan.
"Parked – Gestrandet" von Darragh Byrne: empfehlenswert!
"You know, what is interesting? After 40 years of people thinking you’ve gone insane and you should be put in a mental hospital, you finally get all this acknowledgment. Takes such a long time to take you seriously."
Nach 40 Jahren, in denen die Leute sie für verrückt gehalten haben und sie am liebsten in die Psychiatrie eingewiesen hätten, habe sie letztlich dann doch die Anerkennung bekommen. Es dauere eben seine Zeit, wenn man ernst genommen werden will. Worte von Marina Abramovic, Ikone der Performance Art. Der aus Serbien stammenden Künstlerin widmet sich der Dokumentarfilm "The Artist is Present" – "Die Künstlerin ist anwesend". Der Titel nimmt Bezug auf eine Performance von Marina Abramovic vor gut zwei Jahren im New Yorker Museum of Modern Art, das eine Retrospektive ihrer Arbeiten gezeigt hat. Arbeiten, mit denen Abramovic provoziert und begeistert hat. So wird die Werkschau an prominenter Stätte – das spiegelt der Film eindrucksvoll – zur späten Genugtuung der mittlerweile 65-Jährigen, die sich immer wieder mit der Frage konfrontiert sieht: Ist das Kunst?
Der Filmemacher Matthew Akers nimmt die Vorbereitungen zur Ausstellung als Ausgangspunkt, an die Stationen im Leben der Künstlerin zu erinnern. Entstanden ist ein faszinierendes Porträt, das mit der vielleicht schönsten Filmszene in diesem Jahr aufwartet. Während ihrer über 700 Stunden dauernden Performance im Atrium des MoMA wird Abramovic von ihrem ehemaligen Lebens- und künstlerischen Weggefährten Ulay überrascht. Ein großartiger Moment. So ganz ohne Kunst.
"Marina Abramovic – The Artist is Present" von Matthew Akers – herausragend!
"Haben Sie mal einen umgebracht? – Nein. – Das wird oft gefühlsduselig. ... Die heulen. Die flehen. Die betteln. Die pissen sich manchmal ein. Die rufen nach ihrer Mutter. Das ist widerwärtig. Sie sanft zu töten – das ist mehr mein Ding."
Auch ein Auftragskiller hat so seine Prinzipien. Die von Brad Pitt alias Jackie Cogan lauten zusammengefasst "Killing them Softly". Prinzipien aber können der eigenen Arbeit auch im Wege stehen. Diese Erfahrung macht Cogan, als er von einem Verbrechersyndikat angeheuert wird, jene Gangster auszuschalten, die ein illegales Pokerspiel überfallen haben.
Es klingt wie die übliche, schon so häufig verfilmte Geschichte aus der Welt des organisierten Verbrechens. Doch Drehbuchautor und Regisseur Andrew Dominik hat eher einen Anti-Mafiakrimi gedreht, in dem er das Genre demontiert und ironisiert. Dabei ist er weniger an einer spannenden Geschichte interessiert. Vielmehr liegt sein Fokus auf den von der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wirklichkeit der USA gezeichneten Charakteren. Für Dominik ist es ein Land am Abgrund. Dass Hoffnungsträger Obama und sein Vorgänger Bush – der Film spielt während des Wahlkampfs 2008 – dass die beiden immer wieder im Hintergrund aus Fernsehen und Radio zu hören sind, ist allerdings eher eine platte Idee. Und seltsamerweise ist von der Dekonstruktion des Genres nicht mehr viel zu spüren in den unappetitlichen Gewaltszenen.
So ist "Killing them Softly" von Andrew Dominik bestenfalls akzeptabel
"Ich weiß, woran Sie jetzt denken. – Woran denn? – Sie denken: Das ist eine ganz große Wohnung für eine Frau alleine. – Nein. Ich denke: Warum ist so eine tolle Frau wie Sie alleine."
Und wir denken – nein – wir befürchten: Hier kommt schon wieder eine dieser gnadenlos unkomischen deutschen Komödien. Diese hier heißt "Anleitung zum Unglücklichsein". Vor fast 30 Jahren ein Bestseller – geschrieben von Paul Watzlawick. Ein parodistischer Ratgeber für alle Pessimisten und solche, die diesen Zustand noch perfektionieren wollen. Weil man aber nur schwer aus einem Sachbuch einen Spielfilm machen kann, hat sich die vermeintliche Komödienspezialistin Sherry Hormann eine Geschichte einfallen lassen, in der eine junge Frau als Hauptfigur Watzlawicks Thesen durchdekliniert.
"Ich schlafe nicht mit Ihnen. – Schön! Dann haben wir das auch schon geklärt."
Uninspiriert, witzlos und ermüdend ist das. Eben wie so oft in deutschen Komödien.
"Anleitung zum Unglücklichsein" von Sherry Hormann: enttäuschend!
"Was machen Sie da? – Entschuldigung! Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich habe hier mal gewohnt. ... Ich war längere Zeit im Ausland. – Und jetzt wohnen Sie wieder hier in der Gegend? – Ja. Nicht weit weg von hier. Klein und bescheiden."
Nur wenige Quadratmeter hat Fred zur Verfügung. Und von Wohnen kann überhaupt keine Rede sein. Denn Fred, der auf die 60 zugeht, lebt in seinem Auto. Das hat er auf einen Parkplatz an der Küste von Dublin abgestellt. Nach vielen Jahren in England ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Ein Mann, der aus dem sozialen Netz gefallen ist. Keine Arbeit und keine Wohnung, keine Familie und keine Freunde. Die Begegnung mit dem drogensüchtigen Cathal, ebenfalls ein Ausgestoßener, wird Fred aus seiner Isolation herausholen. "Parked – Gestrandet" ist das gelungene Spielfilmdebüt des Iren Darragh Byrne. Eine leise, traurige und doch hoffnungsvolle Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft – wunderbar gespielt von Colm Meany und Colin Morgan.
"Parked – Gestrandet" von Darragh Byrne: empfehlenswert!
"You know, what is interesting? After 40 years of people thinking you’ve gone insane and you should be put in a mental hospital, you finally get all this acknowledgment. Takes such a long time to take you seriously."
Nach 40 Jahren, in denen die Leute sie für verrückt gehalten haben und sie am liebsten in die Psychiatrie eingewiesen hätten, habe sie letztlich dann doch die Anerkennung bekommen. Es dauere eben seine Zeit, wenn man ernst genommen werden will. Worte von Marina Abramovic, Ikone der Performance Art. Der aus Serbien stammenden Künstlerin widmet sich der Dokumentarfilm "The Artist is Present" – "Die Künstlerin ist anwesend". Der Titel nimmt Bezug auf eine Performance von Marina Abramovic vor gut zwei Jahren im New Yorker Museum of Modern Art, das eine Retrospektive ihrer Arbeiten gezeigt hat. Arbeiten, mit denen Abramovic provoziert und begeistert hat. So wird die Werkschau an prominenter Stätte – das spiegelt der Film eindrucksvoll – zur späten Genugtuung der mittlerweile 65-Jährigen, die sich immer wieder mit der Frage konfrontiert sieht: Ist das Kunst?
Der Filmemacher Matthew Akers nimmt die Vorbereitungen zur Ausstellung als Ausgangspunkt, an die Stationen im Leben der Künstlerin zu erinnern. Entstanden ist ein faszinierendes Porträt, das mit der vielleicht schönsten Filmszene in diesem Jahr aufwartet. Während ihrer über 700 Stunden dauernden Performance im Atrium des MoMA wird Abramovic von ihrem ehemaligen Lebens- und künstlerischen Weggefährten Ulay überrascht. Ein großartiger Moment. So ganz ohne Kunst.
"Marina Abramovic – The Artist is Present" von Matthew Akers – herausragend!