Wir, die Zuschauer, sitzen mitten in einer Versuchsanordnung - doch wo genau wir da hineingeraten sind, bleibt unklar. Durch das Programm - oder ist es eine Multimediashow? - oder die Besichtigung einer Anstalt? - führt eine Art Conferencier. Der tritt wie ein Muntermacher-Trainer auf und verteilt erst einmal großzügig Fotos, von sich. Da sei sichtbar, sagt er, wie gut es ihm zu der Zeit gerade gegangen sei. Lauter zukunftsfroh und selbstsicher lächelnde Vorbilder.
Damit nicht genug der Karikatur. Auserwählte, sprich hübsche junge Frauen, spricht er auch gern persönlich an, versteigt sich bei seinem Bemühen, den Kontakt zum Publikum zu beleben, eifrig kraxelnd bis in die Höhen der Zuschauerpodestes und drängt sich ihnen richtiggehend auf mit seinen Frage- und Antwortspielen. Auf der einen Tribünenseite, da spürt er sie schon, die soziale Wärme, doch auf der anderen herrscht - noch - Eiseskälte statt des ersehnten Gruppengefühls. Ihn schaudert. Uns auch. Soviel Feinempfinden unter der professionellen Schale! Schließlich ruft er den Arzt, der nun an leicht fasslichen Beispielen und mit einleuchtenden Versuchsanordnungen mal eben demonstriert, wie das so ist mit der Angst. In immer rasanterem Tempo hält er einem Versuchsobjekt Pässe vor das Gesicht, Pässe aus Staaten, in denen Diktatur herrscht - keine Reaktion. Zucken, rechtsseitig wird der Proband nur bei einem völlig beliebigen, aber bereits angstbesetzten Dokument. Merke: Der Mensch kann sich weitgehend auf die ihm abverlangten Veränderungen einstellen. Bis - ja, bis eben Schluss ist mit der Anpassungsfähigkeit. Dann kommt die Angst.
Nun erst kann man die Merkwürdigkeiten des Bühnenarrangements richtig würdigen: Da, wo eigentlich die Spielfläche sein sollte - kein fester Grund mehr. Nix als blassblaue transparente Bälle, Tausende gleitender Schaumkugeln, erstarrte Seifenblasen, gefrorene Illusionen. Und von den Wänden dringen videoprojizierte Menschenmengen oder ins riesenhafte vergrößerte beängstigende Clownsmasken auf dieses Zentrum ein. Wer hier nicht springt oder die Wege-marken der viel zu kleinflächigen Tritt-Pflöcke verfehlt - versinkt. Immer wieder. Wie die drei namenlosen, durchnummerierten Patienten, denen man bei-bringt, über ihre Sorgen und Nöte im angesagten Party-Ton zu plappern, einfach wegzuquasseln über ihre Ängste. Na bitte, das geht doch! Und wenn alles nichts hilft: Arbeitsdienst - der natürlich nicht so genannt wird: Boden schrubben, Fron auf dem Deck eines Schiffes, auf dem der Arzt Kapitän und die Krankenschwes-ter Steuermann ist. Beide schon deutlich selber größenwahnsinnig, zynisch und sadistisch.
Alles nur aus Angst, klein und hilflos zu wirken, dechiffriert, wenn auch lachend und ganz ohne die empfohlene Wärme, der nun bereits geschulte Zuschauer. Und lernt weiter dazu, spielend: Nein, Angst kann man nicht sehen. Sie kommt verkleidet daher, in vielerlei Erscheinungsformen. Woher sollte zum Beispiel die schon nicht mehr ganz junge Assistentin des jugendfrischen Trainers ihr Selbstwertgefühl nehmen, die, zur Unperson, zur Funktion degradiert, so lächelnd, handreichend danebensitzt? Sie wird doch nur als menschliches Versatzstück für gutes Betriebsklima benutzt, nicht als Person, kaum als Figur wahrgenommen. Nur wer aus der Rolle fällt, macht auf sich aufmerksam.
Und dann der Test - für alle in diesem Laboratorium, aus dem kein Entkommen ist: Unser Trainer hat den Anzug mit sportivem Underwear vertauscht und die schwarzen Leggins mit vielen, bei seinen Spreizsprüngen ständig verrutschenden Schaumballbeulen ausgestopft. Doch da er sich nun zur ungeschminkten, nackten Wahrheit durchgerungen hat, zieht er alles aus und schüttet aus Packun-gen in Anstaltsgröße Ketchup und vielfarbige Soßen über sich, steigert den Ekel des weißrotbraunen Gemischs noch mit Worten: "Sperma, Blut und Durchfall", und macht sich auf zu seinem letzten Gang Richtung Publikumspodest. Jetzt endlich traut er sich, seine Nähe-Wünsche einer - wunderschönen, versteht sich - Dame zu Füßen, noch lieber in den Schoß zu legen. Und wehe, sie hat Angst vor soviel Glibber und Geklecker.
Ein sarkastischer Assoziationskosmos - wenn bloß zwischendurch die Durststrecken etwas kürzer wären.
Damit nicht genug der Karikatur. Auserwählte, sprich hübsche junge Frauen, spricht er auch gern persönlich an, versteigt sich bei seinem Bemühen, den Kontakt zum Publikum zu beleben, eifrig kraxelnd bis in die Höhen der Zuschauerpodestes und drängt sich ihnen richtiggehend auf mit seinen Frage- und Antwortspielen. Auf der einen Tribünenseite, da spürt er sie schon, die soziale Wärme, doch auf der anderen herrscht - noch - Eiseskälte statt des ersehnten Gruppengefühls. Ihn schaudert. Uns auch. Soviel Feinempfinden unter der professionellen Schale! Schließlich ruft er den Arzt, der nun an leicht fasslichen Beispielen und mit einleuchtenden Versuchsanordnungen mal eben demonstriert, wie das so ist mit der Angst. In immer rasanterem Tempo hält er einem Versuchsobjekt Pässe vor das Gesicht, Pässe aus Staaten, in denen Diktatur herrscht - keine Reaktion. Zucken, rechtsseitig wird der Proband nur bei einem völlig beliebigen, aber bereits angstbesetzten Dokument. Merke: Der Mensch kann sich weitgehend auf die ihm abverlangten Veränderungen einstellen. Bis - ja, bis eben Schluss ist mit der Anpassungsfähigkeit. Dann kommt die Angst.
Nun erst kann man die Merkwürdigkeiten des Bühnenarrangements richtig würdigen: Da, wo eigentlich die Spielfläche sein sollte - kein fester Grund mehr. Nix als blassblaue transparente Bälle, Tausende gleitender Schaumkugeln, erstarrte Seifenblasen, gefrorene Illusionen. Und von den Wänden dringen videoprojizierte Menschenmengen oder ins riesenhafte vergrößerte beängstigende Clownsmasken auf dieses Zentrum ein. Wer hier nicht springt oder die Wege-marken der viel zu kleinflächigen Tritt-Pflöcke verfehlt - versinkt. Immer wieder. Wie die drei namenlosen, durchnummerierten Patienten, denen man bei-bringt, über ihre Sorgen und Nöte im angesagten Party-Ton zu plappern, einfach wegzuquasseln über ihre Ängste. Na bitte, das geht doch! Und wenn alles nichts hilft: Arbeitsdienst - der natürlich nicht so genannt wird: Boden schrubben, Fron auf dem Deck eines Schiffes, auf dem der Arzt Kapitän und die Krankenschwes-ter Steuermann ist. Beide schon deutlich selber größenwahnsinnig, zynisch und sadistisch.
Alles nur aus Angst, klein und hilflos zu wirken, dechiffriert, wenn auch lachend und ganz ohne die empfohlene Wärme, der nun bereits geschulte Zuschauer. Und lernt weiter dazu, spielend: Nein, Angst kann man nicht sehen. Sie kommt verkleidet daher, in vielerlei Erscheinungsformen. Woher sollte zum Beispiel die schon nicht mehr ganz junge Assistentin des jugendfrischen Trainers ihr Selbstwertgefühl nehmen, die, zur Unperson, zur Funktion degradiert, so lächelnd, handreichend danebensitzt? Sie wird doch nur als menschliches Versatzstück für gutes Betriebsklima benutzt, nicht als Person, kaum als Figur wahrgenommen. Nur wer aus der Rolle fällt, macht auf sich aufmerksam.
Und dann der Test - für alle in diesem Laboratorium, aus dem kein Entkommen ist: Unser Trainer hat den Anzug mit sportivem Underwear vertauscht und die schwarzen Leggins mit vielen, bei seinen Spreizsprüngen ständig verrutschenden Schaumballbeulen ausgestopft. Doch da er sich nun zur ungeschminkten, nackten Wahrheit durchgerungen hat, zieht er alles aus und schüttet aus Packun-gen in Anstaltsgröße Ketchup und vielfarbige Soßen über sich, steigert den Ekel des weißrotbraunen Gemischs noch mit Worten: "Sperma, Blut und Durchfall", und macht sich auf zu seinem letzten Gang Richtung Publikumspodest. Jetzt endlich traut er sich, seine Nähe-Wünsche einer - wunderschönen, versteht sich - Dame zu Füßen, noch lieber in den Schoß zu legen. Und wehe, sie hat Angst vor soviel Glibber und Geklecker.
Ein sarkastischer Assoziationskosmos - wenn bloß zwischendurch die Durststrecken etwas kürzer wären.