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Satelliten-Fernerkundung im Kampf gegen die Wüstenbildung

Die Themen sind vielfältig, kreisen aber immer um die gleichen Probleme: mehr Menschen, weniger Wasser - deshalb mehr Wüste. Ein verheerendes Beispiel dafür ist die Gegend um den Aralsee in Zentralasien. Der ehemals viertgrößte See der Erde ist in fünfzig Jahren um die Hälfte geschrumpft. Damals flossen noch mehr als 50 Milliarden Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Pamirgebirge in dieses Becken in der Wüste, heute nichts mehr. Die früheren Uferzonen sind jetzt Salzwüsten. Grund dafür ist die Landwirtschaftspolitik der früheren Sowjetunion. Damals wurden mit dem Wasser der beiden Zuflüsse des Sees riesige Monokulturen von Baumwolle und Reis aus dem kargen Boden gestampft. Heute sind diese Böden versalzen vom Dünger und verpestet von den Spritzmitteln. Mit modernster Satellitentechnik soll jetzt geholfen werden. Gerd Ruecker vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt arbeitet in der Fernerkundung, das heißt, er wertet Daten aus, die von Satelliten zur Erde gefunkt werden:

Von Dietrich Sondermann | 03.12.2004
    Wir arbeiten in einem Projekt in Usbekistan in einer großen Region von ungefähr 100 mal 100 Quadratkilometern und in dieser Region ist es sehr schwierig, die Informationen am Boden zu sammeln, was wächst vor Ort, welche Landnutzung habe ich, wie wachsen die Pflanzen, welche Ernte kann ich erwarten?

    Diese Fragen können mit Hilfe eines Satelliten beantwortet werden. Alle 16 Tage überfliegt er dieses Gebiet und macht Aufnahmen. Die Unterschiede sind per Computerauswertung schnell zu erkennen. Bestimmte Aufnahmeverfahren zeigen etwa die Luftfeuchtigkeit am Boden genau an. Wenn sich da etwas ändert, wenn zum Beispiel in einem Bereich plötzlich ein erhöhter Wert festgestellt wird, dann lässt das auf ein Leck in den Bewässerungsanlagen schließen und das kann punktgenau gefunden und repariert werden. Solche genauen Aussagen machen heute vor allem so genannte Hyperspektralsatelliten:
    Hyperspektralsatelliten sind Satelliten, die nicht nur die Landoberfläche sehen, sondern auch die Beschaffenheit der Tonminerale, die Beschaffenheit der Vegetationsdecke, die feststellen können, ob die Pflanzen von Schädlingen befallen sind oder ob ein Trockenstress vorhanden ist.

    Solche genauen Erkenntnisse sind vor Ort für die Landwirtschaft von enormer Bedeutung:

    Wie ist die beste Verteilung des Wassers? In unserem Projektgebiet nahe des Aralsees ist es so, dass an manchen Stellen einfach zu viel bewässert wird, dass ich eine zu hohe Verdunstung habe - wir befinden uns mitten in der Wüste - das heißt, das Wasser wird verschwendet in einer Region, wo sehr wenig Wasser vorhanden ist.

    Und dieser Wasserverbrauch kann mit umweltfreundlichen Mitteln bekämpft werden:

    Wir haben Versuche in unserem Projekt, wo wir eine Kombination von Pflanzen und Bäumen haben, um eine stärkere Beschattung des Bodens zu erreichen und damit auch die Verdunstung zu reduzieren.

    Das wird mit salzresistenten Baumarten versucht, die den Grundwasserspiegel stabilisieren sollen. In manchen Gegenden ist der Wasserspiegel hoch genug für die Landwirtschaft. Das Wasser ist aber zu salzhaltig, um damit die Felder zu bewässern. An solchen Stellen starten gerade Versuche, mit Fischteichen den Bauern ein zweites Einkommen zu ermöglichen:

    Wir haben Wasser, wir haben einen hohen Grundwasserspiegel, wir haben Salz, wir haben entsprechende Fische, die das tolerieren können; es ist also wichtig, die ökologischen Aspekte mit den ökonomischen, sozialen Aspekten in Einklang zu bringen.

    Alexander Tupitsa aus Usbekistan kennt die Probleme des Aralsees seit seiner Kindheit. Der Forstwirt schreibt seine Diplomarbeit am Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn. Ihm stehen die Daten über den Baumbestand in Usbekistan seit 1990 zur Verfügung. Der ging ständig zurück. Tupista sieht gute Möglichkeiten, mit Aufforstung die Situation um den See zu verbessern. Zwar bietet Reisanbau den besseren Profit aber auch Forstwirtschaft könnte interessant sein:

    Die Bäume können sich für die Bauern auch lohnen. Sie verbessern das Mikroklima und Holz kann man verkaufen. Und mit dem Laub der Bäume kann man auch die Fische füttern und so eiweißreiche Nahrung erzeugen.

    Tupitsa ist jedenfalls zuversichtlich, dass etwas verändert werden kann.