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Sauberes Trinkwasser

Chemie. - In der Universitätsstadt Eichstätt ging heute die Jahrestagung der Wasserchemischen Gesellschaft zu Ende. Im Mittelpunkt standen Verfahren, Wasser von umweltschädlichen Stoffen zu befreien. Zunehmend müssen die Wasserchemiker dabei gegen Antibiotika und Medikamentenrückstände kämpfen. Deshalb fordern Experten auch für Medikamente eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

    In dieser Jahreszeit kann man vielerorts die Landwirtschaft riechen, wenn Bauern Gülle aus den Tierställen auf die Felder bringen. Wo intensiv Tierzucht betrieben wird, wandern pro Hektar auch einige Kilogramm Antibiotika in den Boden. Forscher der Universität Bonn haben die Folgen untersucht und fassen das Ergebnis ihrer Studie zusammen: In allen Proben aus Oberflächengewässern ist mindestens ein Antibiotikum nachweisbar. Seit langem befürchten Experten, dass dadurch resistente Keime herangezüchtet werden. Fritz Frimmel, der Vorsitzende der Wasserchemischen Gesellschaft, fordert Konsequenzen: "Wir werden auch hier den Weg zu gehen haben, den wir bei den Pestiziden eingeschlagen haben, also danach fragen, welche Produkte gute Pharmaka sind und zugleich ökologisch sanfte Produkte, also solche, mit denen die Natur selbst wieder etwas anfangen kann." Auch für Medikamente soll es danach eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben; ein entsprechendes Gesetz wird derzeit vorbereitet.

    Antibiotika sind auch im Abwasser unserer Großstädte ein Problem, hinzu kommen dort weitere bedenkliche Substanzen. Hormone der Antibaby-Pille, Desinfektionsmittel, Moschusduftstoffe aus dem Rasierwasser - all das landet im Abwasser, und vieles davon ist biologisch hoch wirksam und schlecht abbaubar. Solche Stoffe müssen aus dem Wasser entfernt werden, bevor es in einen Fluss geleitet wird. Bisher erledigt das meist Aktivkohle, in jüngster Zeit werden aber auch andere Verfahren erprobt: Ozon, das Lösungsmittelrückstände in harmlose Produkte zerlegen kann, Katalysatoren, die Chlorphenole aus Holzschutzmitteln abbauen oder Kunststoffe, die als Filtermaterial dienen. Eine weitere Möglichkeit bietet die so genannte Membrantechnik, die Kirsten Reddersen, Lebensmittelchemikerin an der TU Berlin erklärt: "Die Membranen bestehen aus einem Kunststoff, der so konstruiert ist, dass nur sehr kleine Moleküle, also Wasser, mit hohem Druck durchgepresst werden kann. Und dabei bleiben Schadstoffe an den Membranen hängen und werden dann ausgespült." Gemeinsam mit Forschern der Bundeswehr hat Reddersen eine mobile Trinkwasseraufbereitungsanlage für den Einsatz in Krisengebieten konstruiert. Hier stecken Filtermembranen in Tanks, die auf einen Sattelschlepper passen und so auch per Flugzeug transportiert werden können. Bei Tests in einem Berliner Klärwerk hat die Anlage bereits unter Beweis gestellt, dass sie Wasser produzieren kann, das in allen Parametern der Trinkwasserverordnung entspricht, berichtet die Lebensmittelchemikerin: "Wir haben dieses Wasser auch selbst probiert und es geht uns immer noch sehr gut." Nach dem erfolgreichen Selbstversuch soll die Membrantechnik nun auch für zivile Zwecke eingesetzt werden.

    [Quelle: Hellmuth Nordwig]