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Sauberes Trinkwasser aus Flüssen und Seen

Umwelt. - Das Berliner Trinkwasser gilt als sehr gut. Und das, obwohl es aus Flüssen und Seen gewonnen wird, die nicht immer sauber sind. Das Prinzip ist rund 120 Jahre alt: Die Brunnen stehen einige Hundert Meter hinter dem Ufer an Land und der dazwischen liegende Boden soll die Bakterien und Viren herausfiltern. Jetzt wollen Forscher wissen, wie gut und vor allem warum diese billige Technologie funktioniert. Als Ergebnis könnte sie ein Exportschlager werden.

Von Michael Fuhs |
    Wir sehen hier den Speicherteich. Wir haben ein Volumen von ungefähr 3000 Kubikmetern, insgesamt ist er 80 Meter lang und an der breitesten Stelle 40 Meter breit.

    Er liegt zwischen Feldern und Hecken auf dem Testgelände des Umweltbundesamtes in Berlin-Marienfelde. Dort untersucht Gesche Grützmacher, ob Gifte aus Seen in das Trinkwasser gelangen können. Zum Beispiel das der Blaualgenbakterien. Sie wachsen besonders, wenn es warm ist, und ihre Gifte schädigen die Leber. Normalerweise ist ihre Konzentration eher gering. Doch auf dem Testfeld hat die Hydrogeologin die Möglichkeit, Extremfälle zu studieren.

    Wir haben als Untergrund, ganz unten, eine Tonabdichtung, damit wir isoliert sind von der Umwelt. Das ist ganz wichtig, weil wir hier auch Experimente mit Schadstoffen durchführen, die nicht so in die Umwelt gelangen dürfen.

    An der einen Seeseite ist viel Sand aufgeschüttet. Hier simuliert sie die Methode, mit der hauptsächlich in Berlin und Nordeuropa ein größerer Teil des Trinkwassers gereinigt und gefördert wird. Dabei wird das Wasser aus Brunnen hinter dem Ufer nach oben gepumpt, der zwischen See und Brunnen liegende Boden filtert die Schadstoffe.

    Wir haben hier weiße Rohre, die aus der Erde kommen. Das sind Grundwasserbeobachtungsrohre, aus denen kann das Wasser dann heraus gepumpt werden. Das heißt, wir können die Konzentration von Schadstoffen messen. Diese Rohre sind zwei, vier, sechs bis zu 20 Meter hinter der Uferlinie, so dass man eine Art Konzentrationsgefälle ermitteln kann.

    Die ersten Versuche an kleineren Anlagen haben schon jetzt gezeigt, dass auch hohe Konzentrationen von Blaualgengift im Uferbereich sehr gut herausgefiltert werden. Allerdings nur, wenn genug Sauerstoff im Boden ist. Ähnliche Ergebnisse haben die Forscher auch für Viren erhalten. Schon 80 Zentimeter hinter dem Ufer finden sie tausendmal weniger davon als im See. Doch die Reinigung braucht Zeit, und das muss beim Brunnenbau beachtet werden. Birgit Fritz vom Berliner Kompetenzzentrum Wasser, zu dem sich Firmen und Universitäten zusammengeschlossen haben:

    Wichtig ist die Fließzeit. Wie lange braucht das Wasser, wenn es infiltriert, bis es beim Brunnen ist. Sie sollte möglichst lange sein. Das hängt natürlich extrem davon ab, was für einen Sand Sie haben. Wenn sie groben Sand haben, fließt das Wasser schneller, dann brauchen sie eine größere Entfernung. Wenn sie einen feineren Sand haben, wie wir hier in Berlin, dann fließt das Wasser sowieso langsamer, dann brauchen Sie auch nicht so eine weite Entfernung.

    In der Regel braucht das Wasser einige Monate, manchmal sogar Jahre, um von den Seen zu den Brunnen zu sickern. Erstaunlich ist: in den letzen 120 Jahren hat die Qualität des Uferfiltrations-Wassers nicht abgenommen. Das heißt, anders als zum Beispiel ein Staubsaugerbeutel reinigt sich der natürliche Bodenfilter von selbst. Dafür sorgen die Mikroorganismen im Sand. Da diese so genannte Uferfiltration billig und einfach zu bauen ist, will Birgit Fritz sie in andere Länder bringen. In Brasilien hat sie hat schon einen Fluss im Blick. Bisher wird ihm das Wasser direkt entnommen und künstlich - mehr schlecht als recht - aufbereitet.

    Das ist der Rio Ipojuca. Das ist ein Fluss in der Nähe von Recife. Das liegt in der Nähe vom Äquator im nördlichen Teil von Brasilien. Wir sind dahin gegangen, weil die Wasserqualität dort sehr schlecht ist, die hatten sogar schon mehrere Todesfälle durch die Toxinbelastung und deshalb glauben wir, dass es dort besonders sinnvoll ist, damit anzufangen.

    Doch ob das Sandbett des brasilianischen Flusses die Blaualgengifte genauso gut filtert wie die Ufer der Berliner Seen, muss erst noch getestet werden. Denn wie der Boden das Wasser reinigt, ist sehr komplex. So spielt zum Beispiel die Temperatur eine wichtige Rolle. Und am Äquator ist es ja wesentlich wärmer als in Deutschland.