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Schach der Super-Grippe

Medizin. - Die nächste Grippe kommt bestimmt - es ist nur eine Frage der Zeit. Besonders fürchten Biologen eine Viruskreuzung vom menschlichem und Vogel-Virusgenom, die hohe Infektiosität mit großer Letalität verbindet. Jetzt testen US-Forscher einen neuen Impfstoff gegen ein solches Supervirus.

    Seit der Sars-Epidemie wächst die Nervosität unter Ärzten, dass erneut eine Grippewelle entstehen und weltweit zahlreiche Opfer fordern könnte. Dabei bereiten den Experten vor allem Ausbrüche an Vogelgrippen - wie etwa derzeit in China und Russland - Sorge, denn durch den engen Kontakt zwischen Züchtern und ihrem Geflügel besteht die große Gefahr, dass das Virus der Tiere sich im Menschen mit einem verwandten, humanen Erreger verbinden könnte. Bei dieser Kreuzung könnte eine neue Virusgeneration entstehen, die von einem "Elternteil" die hohe Infektiosität, von dem anderen die gefährliche Wirkung erbt. Ein solcher Erreger könnte sich rasant über Flugreiselinien ausbreiten und in kürzester große Populationen erreichen - mit verheerender Wirkung. Ein Impfstoff indes ist schwierig herzustellen, denn Grippeviren sind in der Lage, ihre Hülle sehr stark zu verändern und sich so quasi für das Immunsystem zu verkleiden.

    Dennoch melden US-Forscher vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases jetzt einen wesentlichen Durchbruch im Kampf gegen den tückischen Keim: Es sei gelungen, einen Impfstoff gegen einen älteren Laborstamm des so genannten H5N1-Virus zu erzeugen. Erste Tests am Menschen seien im Gange und lieferten bereits viel versprechende Ergebnisse. Man habe 452 Personen mit der Vakzine geimpft, bei 113 Teilnehmern davon sei eine Immunität gegen den Erreger festgestellt worden. Zu dem Rest der Probanden lägen indes noch keine endgültigen Informationen vor, doch sei man zuversichtlich, zumindest bei einem beträchtlichen Teil ebenfalls Immunitäten bestimmen zu können. Damit sei dann eine Impfung gegen die derzeit in Teilen von China und Russland grassierende Vogelgrippe möglich.

    Unklar scheint derzeit noch, wie hoch die Impfdosis liegen müsse, um eine ausreichende Antwort der Körperabwehr hervorzurufen. Möglicherweise müsse die Vakzine höher dosiert als üblich verabreicht werden. Auch ist noch offen, ob sich der Impfstoff auch Personen mit eingeschränkter Immunantwort wie Kinder und alte Menschen gefahrlos gegeben werden könne. Doch die Kernfrage bleibt vor allem, ob das Gegenmittel auch dann noch wirkt, wenn das Vogelvirus H5N1 durch Kreuzung mit menschlichen Grippeerregern verändert - also quasi erst wirklich "scharf" gemacht - wird. So hatten Mikrobiologen bereits 1997 einen Impfstoff gegen einen H5N1-Stamm gewonnen, der allerdings gegen die heutige Variante unwirksam ist. Doch selbst wenn sich die Entwicklung als wirksame Waffe gegen die Vogelgrippe erweist, könnte damit eine globale Pandemie kaum eingedämmt werden, da sich der Impfstoff in kurzer Zeit kaum in ausreichender Menge herstellen lässt. Lediglich medizinisches Personal könnte dann gegen die Erreger geschützt werden.

    [Quelle: Kristin Raabe]