Sonntag, 28. April 2024

Archiv


Schadenersatz für HGAA-Desaster

Es war ein kurzer, aber teurer Ausflug nach Österreich: Mit dem Kauf der Hypo Group Alpe Adria 2007 hat die bayerische Landesbank nahezu vier Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Nun sollen die früheren Bankchefs haften. Vor dem Landgericht München läuft es auf einen Vergleich hinaus.

Von Michael Watzke | 19.06.2012
    Gleich zu Beginn des Prozesses holt Richterin Isabel Liesegang alle Beteiligten auf den Teppich zurück. Die geforderte Schadenersatz-Summe von 200 Millionen Euro sei viel zu hoch. Sie schlägt stattdessen 25 Millionen Euro als Vergleich vor. Das Gesicht von Dieter Burgmer, dem einzigen anwesenden Ex-Vorstand der BayernLB, zeigt keine Regung. Die anderen sieben Ex-Vorstände sind gar nicht erst persönlich vor dem Landgericht München erschienen. Sie lassen sich durch insgesamt 17 Anwälte vertreten.

    Es geht in diesem Zivilprozess um schwindelerregende Summen: 3,7 Milliarden Euro hat die bayerische Landesbank BayernLB vor fünf Jahren verloren - beim Kauf der österreichischen Skandalbank Hypo Group Alpe Adria (kurz HGAA). Damals ging die BayernLB fast pleite an dem überstürzten Deal. Nur eine milliardenschwere Kapitalspritze durch den Freistaat Bayern, also den Steuerzahler, rettete die Landesbank.

    Jetzt will sich die Bank einen Teil des Geldes von den ehemaligen Vorständen zurückholen, die damals den Kauf der HGAA anbahnten und abwickelten. 200 Millionen Euro Schadenersatz will der aktuelle Vorstand von seinen Vorgängern haben. Oder genauer von deren Manager-Haftpflicht-Versicherungen. Das juristische Vehikel dabei ist der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit: Die damaligen BayernLB-Manager hätten die Bilanzen der Skandal-Bank HGAA nicht ausreichend geprüft. Sie hätten etwa bei der Ausgestaltung des Kaufvertrags mangelnde Sorgfalt walten lassen.

    Die Richterin deutet an, dass sie zumindest bei zwei der acht Vorstände Anzeichen dafür sieht, dass diese leicht fahrlässig gehandelt haben könnten. Nämlich beim damaligen Vorstandsvorsitzenden Werner Schmidt und beim damaligen Risikovorstand Gerhard Gribkowsky. Der steht in München noch in einem anderen Verfahren vor Gericht: Die Strafkammer des Landgerichts München verhandelt seit Monaten über den Vorwurf der Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Denn Gribkowsky soll bei einem anderen Verkauf – dem der Formel-1-Rechte – Bestechungsgelder in Höhe von fast 50 Millionen Dollar kassiert haben. Nächste Woche sollen die Plädoyers beginnen, Gribkowsky drohen bis zu zehn Jahre Haft.

    Die restlichen sechs Ex-Vorstände können dagegen wohl aufatmen. Denn die Richterin deutete an, dass der politische Druck auf die Bank-Manager ernorm war. Schließlich habe die CSU-Staatsregierung die Expansion der BayernLB ausdrücklich gewollt. Besonders der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser und Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber hatten damals unbedingt neue Geschäftsfelder für die Landesbank erschließen wollen. Die Bank-Vorstände, so die Richterin, hätten sich diesem "politischen Willen" gebeugt.

    Die BayernLB hat auch Kurt Faltlhauser auf Schadenersatz verklagt. Und den Ex-Sparkassenpräsident Siegfried Naser, der 2007 stellvertretender Verwaltungsratschef der BayernLB war. Viel Geld wird am Ende nicht herausspringen für die Landesbank – verglichen mit den 3,7 Milliarden Euro Verlust beim HGAA-Deal. Aber der BayernLB geht es vor allem auch darum, ein Zeichen zu setzen, dass die heutige BayernLB nichts mehr mit der damaligen Landesbank zu tun hat.