Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Schädliche Kreuzfahrtriesen

Eine Kreuzfahrt mit einem Ozeanriesen ist ein Traum für Viele. Doch die Schiffe haben auch eine dunkle Seite: Abgesehen von langen Rußfahnen laufen sie auf hoher See mit Schweröl, einem Treibstoff mit besonders schlechter Umweltbilanz.

Von Verena Herb | 06.05.2011
    Die großen Unterhaltungsdampfer, die weißen Kreuzfahrtriesen – sie sind nach Meinung des NABU besonders schädlich für die Umwelt, erklärt Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg:

    "Es kann nicht angehen, dass die Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen im Schneeweißchenkleid herumfahren, und in Wahrheit verbergen sich da echte Umweltferkel drin."
    Gerade Kreuzfahrtschiffe sind wie schwimmende Kleinstädte und verbrauchen entsprechend viel Energie. Anders als beispielsweise Autos oder Lkw an Land, tanken die Riesendampfer keinen reinen Kraftstoff wie man in beispielsweise an der Tankstelle bekommt – sie tanken Schweröl -

    "Abfall, der übrig bleibt, wenn die anderen Kraftstoffe da rausdestilliert sind. Der ist so schwer mit Schadstoff belastet, dass man ihn erwärmen muss, um ihn überhaupt pumpen zu können. Da sind alle Schadstoffe aufkonzentriert, und deswegen ist es kein Wunder, dass die Abgase daraus auch so giftig sind."
    Und so rieselt leise der Ruß – und hinterlässt Spuren – auf See und an Land. Ruß ist neben Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Benzol und Kohlendioxid einer der giftigen Reststoffe, die täglich aus den Schornsteinen der Ozeanriesen qualmen.

    "Ruß hat einen doppelten Schaden. Einerseits schädigt es das Klima. 40 Prozent des Treibhauseffektes in der Arktis soll auf Ruß zurückzuführen sein, sagen die Wissenschaftler. Und zum zweiten ist Ruß ein Gift für Menschen. Rußpartikel können Krebs erzeugen, und sind insofern gefährlich für die Anwohner in Städten und Hafenstädten und Küstenbewohner, die diesen Ruß einatmen."
    Nicht weniger problematisch sind die Abgase der Großdampfer: Schweröl hat mit bis zu fünf Prozent einen relativ hohen Anteil an Schwefel, der im Motor nicht verbrennt. Alexander Porschke erklärt, auf See gelten zurzeit keine Abgasnormen, allerdings gebe es Normen hinsichtlich der Kraftstoffqualität:

    "Und die besagen, dass bis vor Kurzem noch das Viereinhalbtausendfache des Schwefelgehaltes von Landfahrtzeugen enthalten sein durfte. Jetzt ist es meines Wissens auf das Dreieinhalbtausendfache verändert worden. Im Durchschnitt liegt es bei dem 2700fachen, also das tatsächliche unterhalb der Grenzwerte. Daran kann man erkennen, es sind Welten die die Qualität der Kraftstoffe zur See von den Kraftstoffen die an Land verwendet sind, unterscheiden."

    Zur Reduzierung und Vermeidung der Verunreinigung der Meere und Küsten durch die Schifffahrt wurde eine Anzahl von internationalen und nationalen Bestimmungen geschaffen und in Kraft gesetzt. Eine wesentliche Grundlage zur Reinhaltung der Meere ist das im Auftrage der UNO von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) geschaffene internationale MARPOL Übereinkommen von 1973. Im vergangenen Jahr wurden die Grenzwerte für Schwefel- und Stickoxide verifiziert: Ab sofort gilt in Nord- und Ostsee sowie einigen anderen nördlichen Sonderzonen ein Schwefelwert von 1,5 Prozent als Obergrenze.

    "Ab dem Jahr 2015 soll in besonders geschützten Gebieten, also Nord und Ostsee der Schwefelanteil im Kraftstoff auf 0,1 Prozent ... das ist immer noch das Hundertfache von dem, was man an Land darf, gesenkt sein."
    Dem Umweltverband NABU geht das nicht weit genug. Während der Schiffs-TÜV Germanischer Lloyd von einer "grünen Revolution" spricht, meinen Meeresschutzexperten, dass der Fortschritt zu langsam komme. Die Reeder müssten mehr tun, um die Umwelt zu schützen:

    "Es ließe sich technisch durchaus mit sauberen Kraftstoffen fahren. Es ist sogar aus mehreren Gründen günstiger. Die Sicherheit der Versorgung der Motoren wäre höher, das Risiko, dass ein Motor ausfällt, und das Schiff in eine Notlage kommt, bevor es am Ende womöglich kaputt geht, ist niedriger – die Verarbeitung dieser Stoffe ist leichter. Die Motoren wären nicht so wartungsempfindlich ..."

    Von den Reedern kommt Gegenwind: Die Umstellung der Raffinerien benötige längere Zeit. Dieses Argument lässt der Präsident des NABU nicht gelten:

    "Die Reeder, namentlich die Kreuzfahrtreeder könnten kurzfristig auf saubere Kraftstoffe umstellen. Das können sie von heute auf morgen. Es gibt extra Tanks, weil sie ja jetzt schon die verbesserten Kraftstoffe bei länger als zwei Stunden Liegezeiten in den Häfen verwenden müssen. Die könnten von heute auf morgen mit diesen saubereren Kraftstoffen fahren."

    Ein unliebsames Thema für die Schifffahrtindustrie. Doch nach und nach, sind sich die Wirtschaftsexperten einig, werden neue Umweltbestimmungen in Kraft treten und eine Modernisierung der Flotte notwendig sein. Schiffe mit geringeren Betriebskosten könnten zur Existenzfrage für die Branche werden.