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Schädlinge

Vorratsschädlinge wie Motten und Fruchtfliegen gelangen vor allem in dieser Jahreszeit in die Wohnung und gedeihen dort prächtig. Gerade jetzt wird nämlich viel Obst geerntet frisch aus dem Garten oder gekauft frisch vom Markt - oft auch noch ungespritzt - und das ist ein Eldorado für bestimmte Insekten. Was für die Natur wichtiger Bestandteil des Ökosystems ist, ist für den Küchen- und Gartenbesitzer eine oft lästige Plage. Was gegen diese Plage in den eigenen vier Wänden getan werden kann.

von Frank Schweikert |
    Weil der letzte Winter sehr mild war, vermuten Experten nun, dass sich in diesem Sommer Insekten - vor allem in der Küche - besonders gerne breit machen. Dörrobstmotten fliegen durch die offenen Küchenfenster und suchen sich ein nettes Versteck in der Speisekammer. Auch Kleidermotten fliegen jetzt in die Wohnung. Sie leben normalerweise in Vogelnestern und legen in den Kleiderschränken ihre Eier ab. Und ihre Larven können einen gewaltigen Appetit entwickeln! Sie nagen die kleinen Härchen der Jacken und Hosen mit ihren scharfen Mundwerkzeugen ab und übrig bleibt oft ein Loch-Muster wie im Schweizer Käse. Jochen Schering von der Pflanzenschutzberatungsstelle der Uni Hamburg weiß einige altbewährte Hausmittel, mit denen man die Kleidermotten vertreiben kann.

    "... Man kann also auch Päckchen von Flieder und Lavendel, Kräutern oder getränkten Hölzern in die Kleiderschränke bringen. ... Um jetzt der Kleidermotten Herr zu werden ist das wichtigste eigentlich, dass man auf Sauberkeit achtet und öfter kontrolliert. Und dann eventuell sich auch der neuerdings im Handel käuflichen Lockstofffallen bedient, die dann auch helfen, die Kleidermotte zu bekämpfen. ... Lockstofffallen sind speziell entwickelte Fallen, die enthalten die Hormonlockstoffe der weiblichen Kleidermotten und da gehen dann die männlichen Motten sofort drauf, kleben auf diesen Tafel fest und somit kann man die dezimieren beziehungsweise kontrollieren."

    Und wenn man sich im Kleiderschrank Motten eingefangen hat, so kann man sie samt ihrer Eier mit hoher Treffsicherheit einfach erfrieren, indem man die Kleidung für zwei Wochen in die Tiefkühltruhe legt. Genauso können auch von Dörrobstmotten befallene Vorräte behandelt werden falls sie nicht schon im Mülleimer gelandet sind. Vor allem sind getrocknete Lebensmittel wie Haferflocken, Müsli oder Nüsse betroffen. Mehlmotten fühlen sich - wie ihr Name schon verrät - im Mehl besonders wohl. Und es sind die Larven und nicht die kleinen Schmetterlinge, die sich in den Vorräten breit machen. Die wie Spinnweben aussehenden Nester der Motten, die so genannten Gespinste, sind ein unverwechselbares Zeichen, dass Motten in den Vorräten sind. Das Erstaunliche: Ihre Puppen überleben viele Jahre ohne zu fressen. Professor Ulrich Zunke, Insektenspezialist an der Uni in Hamburg, kennt das Versteckspiel der Mehl- und Dörrobstmotten:

    "... Die verstecken sich in der Küche. Das geht also so extrem, dass sie sich halt in der Einbauküche hinter ... den an den Holzleisten fest gemachten Küchenschränken verpuppen können und auch verspinnen, können das ganze Gespinst befindet sich also hinter dem Küchenschrank. Das heißt, man muss also die oberen Hängeschränke abnehmen oder die stehenden Schränke, teilweise auch die eingebauten Herde. ... Das Ganze ist sehr sehr schwierig und es kann eben so extrem werden, dass Sie selbst als eigener Bewohner der Wohnung der Sache nicht mehr Herr werden können und dann müssen Sie einen Kammerjäger holen. ..."

    Nicht unbedingt muss ein Kammerjäger sofort beauftragt werden, der die Plagegeister meist mit giftigen Insektiziden entfernt. Die meisten Experten raten von chemischen Giften in der Küche sowieso ab, sie sollten die letzte Notbremse gegen die Schädlinge sein. Wer die Plagegeister selbst entfernen möchte, kann Lockstofffallen aufstellen und befallenen Vorräte einfach rasch wegwerfen. Und als Vorsorge - feste Schraubverschlüsse für alle Trockenlebensmittel. Nicht zuletzt können Fliegengitter vor dem Einfall der Motten in die Wohnung schützen. Mit einem Fliegengitter lassen sich auch die lästigen Fruchtfliegen aussperren, zumindest eine der beiden existierenden Arten: Nämlich die kleine Drosophila, so die wissenschaftliche Bezeichnung der Obst-Fruchtfliege, die in der Genetik gerne als Anschauungsobjekt genutzt wird. Angelockt wird sie durch reifes Obst und faulende Stoffe. Die Weibchen legen darin dann zwischen 400 und 500 Eier ab, die Früchte verderben rasch und schon nach acht bis zwölf Tagen gibt's Nachwuchs in der Obstschale: wenn nämlich winzige kleine Larven aus den Eiern schlüpfen. Fliegengitter und gut verschlossene Behälter und keine halb vergammelten Obstbestände in der Küche, den Müll immer rasch entsorgen, das sind die bewährtesten Mittel gegen die unerwünschte heimische Fruchtfliegenlarvenzucht. Auch ätherische Öle sollen die kleinen Plagegeister aus der Küche vertreiben. Auf chemische Insektenvernichter sollte auch hier wie grundsätzlich in der Nähe von Lebensmitteln verzichtet werden. Wissenschaftler, wie Professor Zunke von der Uni Hamburg, kennen aber noch eine andere Fruchtfliege unter dem selben Namen:

    "... Das darf man also mit der Kirschfruchtfliege nicht verwechseln, weil dieses Tier ist ja etwa fast fünf bis zehn Mal so groß. Das ist ne ganz andere Familie und deswegen der Lebensbereich ein ganz anderer. ..."

    Hauptsächlich im Süden Deutschlands findet man sie auf Kirschbäumen. Im Frühjahr fliegen die Weibchen die noch grünen und gelben Kirschen an und legen ein Ei pro Kirsche ab.

    "... Man kann also später sogar Stellen auf der Kirsche sehen solange sie noch grün ist, wo sie reingestochen hat. Und irgendwo wird dann richtig ein eingestochenes Ei abgelegt. Dann wandern also die Larven ... zum Kern hin und dort wird das Ganze eben matschig und faulig, weil eben die Larven von der Umgebung der Kirsche entsprechend in der Frucht ernähren und sie dann eben madig, also eben faulig machen."

    Ein Weibchen kann so bis zu 100 Kirschen ungenießbar machen. Die Experten streiten sich über den Einsatz von Pestiziden. Und während in Deutschland - und das auch nur für kurze Zeit - im Frühjahr nur ein einziges Insektizid benutzt werden darf, dürfen französische Bauern beispielsweise acht Insektizide gegen Kirschfruchtfliegen einsetzen. Im kommenden Jahr müssen deutsche Obstbauern ganz auf Chemikalien verzichten. Es besteht also ein dringender Forschungsbedarf für natürliche Alternativen. Und da Deutschland Vorreiter im biologischen, chemie-freien Pflanzenschutz ist, fällt es manchem Bauer nicht leicht, mit den Nachbarländern mit zu halten. Der Vorteil für den deutschen Verbraucher: Heimisches Obst enthält meist weniger Gifte als die ausländischen Produkte.