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Schädlingsgold im Überfluss

Der Maisanbau ist bei Landwirten unter anderem deshalb so beliebt, weil die Pflanzen viel Biomasse ergeben, die in der Biogasanlage verarbeitet werden kann. Doch solche Monokulturen fördern die Ausbreitung von Schädlingen.

Von Susanne Schrammar |
    "Wenn der Staat mit falschen Instrumenten eingreift, macht er so viel Veränderung, die unsere Natur in diesem Falle nicht ertragen kann."

    NaWaRo-Bonus, Gülle-Bonus, Formaldehyd- , Technologie- und Landschaftspflegebonus – die staatliche Förderung von Biogasanlagen, findet Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander, FDP, sei in den vergangenen Jahren so lukrativ geworden, dass ein regelrechter Wildwuchs entstanden sei. Und weil der gravierende Folgen für Umwelt und Landwirtschaft habe, will Sander den Biogas-Boom drosseln und schlägt eine Neuordnung der Biogas-Förderung vor. Bei einem Bestandsschutz bestehender Anlagen sollen Boni teilweise gekürzt oder abgeschafft, in die Einspeisevergütung integriert und die Zahlungen insgesamt abgesenkt werden. Künftig soll eine Biogasanlage nur dann wirtschaftlich betrieben werden können, wenn eine marktfähige Wärmenutzung realisierbar ist oder wenn Rohstoffe wie Gülle oder Bioabfälle einsetzbar sind.

    "Wir haben eine Überförderung in dem Bereich und diese Überförderung führt einfach dazu, dass man Mitnahmeeffekte erzielt und das kann man einfach nicht verantworten. Dann müssen wir in Zukunft dafür sorgen, dass nicht Fehlentwicklungen in den Erneuerbaren Energien auftreten, die dann die Akzeptanz für alle Erneuerbaren Energien in Frage stellen."

    Hintergrund der Bundesratsinitiative der niedersächsischen Landesregierung ist die zunehmende Vermaisung: Fast 90 Prozent der Biogasanlagen werden mit Mais betrieben, in der Folge wächst auch die Monokultur auf den Feldern. Die Energiepflanze verdränge nicht nur den Anbau von Nahrungsmitteln, kritisieren Umweltschützer, das Landschaftsbild werde monoton, die Artenvielfalt gehe zurück und es drohten Folgeschäden für Gewässer, Trinkwasser und Böden. Die Grünen im niedersächsischen Landtag begrüßen deshalb den Vorstoß, doch Christian Meyer, landwirtschaftlicher Sprecher der Fraktion, gehen die Vorschläge nicht weit genug.

    "Es ist sicher sinnvoll, dranzugehen, an die Fördergrundsätze, da läuft vieles in die falsche Richtung, aber jetzt scheint der Umweltminister nur pauschal kürzen zu wollen und wir wollen es umgestalten, dass es in die ökologische Richtung geht, eben keine Vermaisung mehr zulassen, die Förderung wirklich in Richtung von Abfallprodukten lenken und eine ökologische Fruchtfolge vorzuschreiben. Da sehe ich im Vorschlag des Umweltministers leider nichts."

    Auch Umweltverbände stehen der niedersächsischen Bundesratsinitiative grundsätzlich positiv gegenüber, doch sie wünschen sich konkretere Vorgaben für die staatliche Förderung von Biogasanlagen. Uwe Baumert, Bioenergieexperte beim NABU Niedersachsen:

    "Maximal 50 Prozent Mais, 50 Prozent andere Energiepflanzen in die Anlagen. Oder: Maisverwendung drei Cent runter, andere Energiepflanzen drei Cent hoch - pro erzeugter Kilowattstunde. Nur dann eine Anlage genehmigen, wenn sie tatsächlich ein optimales Wärmekonzept hat und wir müssen hinkommen zu einer Regionalplanung, um den Wildwuchs an Anlagen einzudämmen."#

    Und die Landwirte? Da stoßen die Vorschläge auf geteiltes Echo. Für viele ist die Biogaserzeugung zu einer sicheren Einnahmequelle geworden. Auf der anderen Seite sehen auch die Landwirte die Notwendigkeit, dem Biogasboom Grenzen zu setzen. Vor allem in Gebieten, in denen es viele Milchviehbauern und Tierzüchter gibt, habe sich die Konkurrenzsituation um die Anbauflächen durch die zunehmende Vermaisung eklatant verschärft, sagt Hermann Grupe, Experte für erneuerbare Energien beim Landvolk Niedersachsen.

    "Das führt zu Pachtpreissteigerungen, dass andere Betriebe, die keine Biogasanlage haben, dass die dann am Pachtmarkt kaum noch mithalten können. Und es ist wichtig, dass man genau an den Stellen nachjustiert, wo das EEG Fehler hat. Da, wo die Pachtpreise durch diese Ballung schon sehr nach oben gegangen sind, wird man dann keine zusätzlichen Biogasanlagen mehr bauen können."