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Schätze des Vatikans
Das Domschatzmuseum wird wieder eröffnet

Bis ins 14. Jahrhundert war die Kirche San Giovanni in Laterano offizieller Sitz der Päpste. Bis heute lagern dort goldene, silberne und mit Juwelen besetzte Kruzifixe und kostbare Reliquiare, Gemälde, Skulpturen und Gewänder. Nun eröffnet das Domschatzmuseum in der Lateranbasilika nach zwei Jahren Restauration erneut.

Von Thomas Migge | 13.12.2015
    Die mit Mosaiken versehene Apsis der Laterankirche (San Giovanni in Laterano) in Rom. Die Lateranbasilika ist eine von vier Papstbasiliken in Rom und der eigentliche Sitz des Papstes.
    Die mit Mosaiken versehene Apsis in der Lateranbasilika in Rom (picture alliance / dpa / Thomas Muncke)
    Auf den ersten Blick verschlägt es dem Besucher die Sprache. Sicher: Man erinnert sich an die aufwendig gestalteten Roben von Papst Benedikt XVI., der es in Sachen liturgischer Kleidung prachtvoll liebte. Aber dieses Pluviale, dieser päpstliche Chormantel aus dem späten 13. Jahrhundert, lässt selbst Benedikts schönste liturgische Gewänder blass aussehen.
    Der unter einem schützenden Glas ausgebreitete, halbkreisförmige und ärmellose Mantel, mit einem Durchmesser von mehr als drei Metern, glänzt golden im Licht der Richtstrahler, die ihn szenografisch ausleuchten. Der Chormantel ist das wohl kostbarste Objekt des Kirchenschatzes der Basilika San Giovanni in Laterano in Rom. Dessen Direktor ist der Kunsthistoriker Sandro Barbagallo:
    "Diesen Chormantel trug Papst Bonifazius VIII. bei der Verkündigung des ersten Heiligen Jahres der Kirchengeschichte anno 1300. Der Mantel war Jahrhunderte lang in einer Kiste untergebracht, um die man sich nicht weiter gekümmert hatte."
    Stickereien aus Seidenfäden mit feinsten Goldfäden umwickelt
    Der im damals noch katholischen England für den Papst hergestellte Chormantel besteht aus Leinenstoff. Darauf befinden sich dicht an dicht Stickereien aus Seidenfäden, die mit feinsten Goldfäden umwickelt sind. Das Pluviale ist geschmückt mit unzähligen Darstellungen aus dem Leben Christi. Auch nach über 700 Jahren sind die Geburt des Gottessohnes, die Heiligen Drei Könige, die Kreuzigung und andere Szenen erstaunlich gut zu erkennen. Die Darstellungen erinnern in ihrem Stil an frühgotische Wandmalereien jener Zeit.
    Der Chormantel wurde in London in Auftrag gegeben, weil die Stickereiwerkstätten dort in jener Zeit berühmt waren. Der englische Chronist Matthew Paris berichtet in seiner "Chronica Majora", dass die Päpste schon seit Beginn des 13. Jahrhunderts das sogenannte "opus anglicanum", das "Werk aus England" bevorzugten. Da aus der Zeit des 13. Jahrhunderts Stoffe dieser Art nur selten so komplett und so gut erhalten sind wie das Pluviale im Domschatz von San Giovanni, ist es verständlicherweise das Hauptausstellungsstück des Museums, das nun eröffnet wird.
    Museumsdirektor Sandro Barbagallo:
    "Die Geschichte dieses Domschatzes begann erst vor etwa 40 Jahren. Erst seitdem sind einige der wichtigsten Schätze dieser Basilika zu sehen. Das Museum, wie auch der Chormantel, wurden in den vergangenen zwei Jahren komplett restauriert. Wir verfügen jetzt über 15 weitere Ausstellungsvitrinen und zeigen doch nur einen kleinen Teil all dessen, was in dieser Basilika aufbewahrt wird. Die meisten dieser Ausstellungsstücke befanden sich in verschlossenen Schränken."
    In Schränken, die in den drei Sakristeien der Basilika aufbewahrt wurden und deren Bestände erst seit kurzer Zeit dokumentiert werden. San Giovanni in Laterano ist nicht ohne Grund eine an kunstvollen liturgischen Objekten besonders reiche Kirche. Seit der Zeit Konstantins des Großen war die Basilika offizieller Sitz der Päpste. Erst im 14. Jahrhundert zogen sie in den Vatikan um. Die Lateranbasilika blieb allerdings die Kirche des Bischofs von Rom, und das ist der Papst ebenfalls.
    Wie Indiana Jones auf der Suche nach Kunstschätzen
    Kunsthistoriker Sandro Barbagallo fühlt sich angesichts der Fülle der Kunstschätze, die er bereits wieder entdecken konnte und die es noch zu entdecken gibt, wie ein Abenteurer:
    "Ja, wie Indiana Jones, denn hier haben wir die Möglichkeit, nach Jahrhunderten goldene und silberne und über und über mit Juwelen besetzte Kruzifixe, Reliquiare, Gemälde, Skulpturen, Gewänder und andere Schätze aus der Zeit zwischen dem siebten und 18. Jahrhundert aus Kisten und Schränken in Kellern und Korridoren zu holen, zu studieren und auszustellen."
    Direktor Barbagallo will in den kommenden Jahren im riesigen Gebäudekomplex des Lateranpalastes, neben der Basilika, ein großes Museum einrichten: mit einer Pinakothek und einer Skulpturensammlung. Genug Kunst gibt es ja, um die sich bis dato so gut wie niemand gekümmert hat.
    Ein weiterer Schatz der Lateranbasilika, den Barbagallo dem Vergessen entreißen will, ist das wissenschaftlich überhaupt noch nicht erforschte musikalische Archiv der Kirche des Bischofs von Rom: mit hunderten von Partituren aus Renaissance und Barock.