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Schäuble will deutsch-amerikanische Datenpolizei

Zu Jahresbeginn hat sich der 110. Kongress der Vereinigten Staaten konstituiert. Und sofort wurde über das Arbeitsprogramm des Senatsausschusses für Heimatschutz in Sachen Informationstechnologie diskutiert. Da erwarten die US-Sicherheitsbehörden und die amerikanischen Innen- wie Sicherheitspolitiker besonders viel von der Zusammenarbeit mit Deutschland. Wie sehen denn da die Pläne im Berliner Innenministerium aus, Peter Welchering?

Von Peter Welchering |
    Peter Welchering: Das Innenministerium hält die Verhandlungen mit den amerikanischen Ministerium für Heimatschutz und Justiz in Sachen gemeinsamer Nutzung in Sachen IT-Überwachung geheim. Fest steht aber, dass Innenminister Wolfgang Schäuble bei seinem Gespräch mit Heimatschutzminister Michael Chertoff am 26. September vergangenen Jahres recht weitreichende Vorschläge zur gemeinsamen Internet-Überwachung gemacht hat. Und auch beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Woche in Washington soll das Thema auf der Agenda gewesen sein. Im Bundestag hat Staatssekretär Peter Altmaier eine Frage nach den Inhalten der Vereinbarung zwischen Schäuble und Chertoff einfach abgebügelt und mitgeteilt, es gebe keine Vereinbarung bezüglich der Zusammenarbeit zur Internet-Überwachung.

    Manfred Kloiber: Aber aus der deutschen Delegation verlautete doch zunächst, es sei eine Task Force zur Zusammenarbeit bei der Internet-Überwachung geplant.

    Welchering: Das haben verschiedene Medien, auch der Deutschlandfunk, genauso berichtet: Es sei eine gemeinsame Task Force zur Informationstechnologie in Sachen Terrorismusbekämpfung verabredet worden. Wohl auch deshalb stand der Punkt im Oktober auch noch einmal auf der Tagesordnung des Bundestagsinnenausschusses. Und da hat Staatssekretär Christoph Bergner in der 23. Sitzung des Innenausschusses am 25. Oktober vergangenen Jahres ja immerhin eingeräumt, dass Minister Schäuble bei seinen Gesprächen in Washington die Einrichtung einer solchen Task Force vorgeschlagen habe. Aufgabe der Task Force laut Staatssekretär Bergner: Bedingungen für einen intensiveren Daten und Informationsaustausch zur Terrorismusbekämpfung erarbeiten. Und besonders interessiert sind die USA dabei laut Bergner an Fingerabdruckdaten und terroristischen Gefährderdaten. Die gemeinsame Internet-Überwachung ist dann also nur noch einer von drei Punkten. Die beiden anderen sind: Zugriff der amerikanischen Sicherheitsbehörden auf die deutsche Antiterrordatei und Austausch biometrischer Daten. Das ist auch noch einmal ausdrücklich von Mitarbeitern des Senatsausschusses für Heimatschutz bestätigt worden.

    Kloiber: Hat Staatsekretär Altmaier da in Sachen Task Force das Parlament belogen?

    Welchering: Nun, er hat genauso wie Ministeriumssprecher Christian Günther Sachs gegenüber dem Deutschlandfunk nicht die volle Wahrheit gesagt. Dass Innenminister Schäuble eine solche Task Force vorgeschlagen hat, haben sie verschwiegen. Das ist dann erst im Innenausschuss herausgekommen, weil Staatssekretär Christoph Bergner den ganzen Sprechzettel vorgetragen hat, den das Ministerium ihm aufgeschrieben hatte.

    Kloiber: Wie geht es jetzt nach den Kongresswahlen weiter mit den Verhandlungen?

    Welchering: Die Amerikaner drücken insbesondere beim Zugriff auf die Antiterrordatei aufs Tempo. Deshalb soll John Negroponte, bisher noch Geheimdienstkoordinator und demnächst stellvertretender Außenminister, auch die Federführung bei den Verhandlungen übernehmen. Die werden also vom Heimatschutzministerium zum Außenministerium verlagert. Nach dieser ersten Priorität Zugriff auf die Antiterrordatei,, kommt als zweite Priorität der Amerikaner Zugriff auf biometrische Daten. Und an dritter Stelle kommt dann die gemeinsame Internet-Überwachung.

    Kloiber: Im Herbst vergangenen Jahres war die gemeinsame Internet-Überwachung aber doch noch die Topforderung. Warum ist sie jetzt unwichtiger geworden?

    Welchering: Die gemeinsame Internet-Überwachung ist den Amerikaners nach wie vor ganz wichtig. Nur gab es inzwischen mit dem Bericht über den Heimatschutz des Government Accountibility Office an den Kongress die Einschätzung, dass das Heimatschutzministerium noch gar nicht über die nötigen Standards und Prozeduren verfügt, die nötig sind für eine erfolgreiche gemeinsame Internet-Überwachung. Die sollen jetzt in den nächsten Monaten aufgebaut werden. Und dann will man sich auch dem Thema einer gemeinsamen Internet-Überwachung mit den Deutschen wieder zuwenden. Deshalb hat Staatssekretär Bergner auch den Mitgliedern des Innenausschusses mitgeteilt, dass Konkretes zur Task Force, wie etwa Datenkategorien von der amerikanischen Seite erst noch geklärt werden müssten. Das ist eine direkte Reaktion auf den Heimatschutzbericht von Paul Jones an den Kongress gewesen.