Archiv


"Schatzhäuser Deutschlands. Kunst in adligem Privatbesitz"

Die deutschen Adelssitze, die Burgen und Schlösser, sind nicht nur alte Gemäuer mit Schuldtürmen und Kerkern, sondern auch Kunst-Schatzhäuser. Rüstungen und Rembrandt-Gemälde finden sich darin. Nicht nur Hauptwerke europäischer Malerei, sondern auch adelige Puppenstuben kann man besichtigen, wenn man die Ausstellung im Münchner Haus der Kunst über "Schatzhäuser Deutschlands - Kunst in adeligem Privatbesitz" anschaut.

Von Walter Kittel |
    Eigentlich sind es Prunkräume in Schlössern und Burgen, wo die meisten der jetzt zusammengetragenen Kunstwerke zu sehen sind. Viele Objekte und Bilder, so heißt es, haben ihre Standorte seit Jahrhunderten nicht verlassen. Dieser Besitz aus deutschen Adelsfamilien ist heute meist in kleinen Schlossmuseen zu besichtigen. Er ist weit über das Land verstreut, zwischen Schloss Glücksburg an der dänischen Grenze und Schloss Wolfegg im Allgäu. In einer Gesamtschau betrachtet, beherbergt dieser Schatz des deutschen Adels bis heute die hierzulande bedeutendsten Privatsammlungen im Bereich alter Handzeichnungen und Druckgrafik, eine noch im Ursprungszustand erhaltene Kunst- und Wunderkammer, Prunkmöbel, Porzellane, Antiken, Altmeistergemälde oder sakrale Objekte aus den Beutezügen der Säkularisation.

    Von all dem, bis hin zur Gegenwartskunst, ist in München ein kleiner Ausschnitt zu sehen. Herausragende Stücke aber, wie etwa die Waldseemüller-Karte, der so genannte "Taufschein-Amerikas" und viele andere Werke können heute nicht mehr gezeigt werden, weil sie von ihren Besitzern verkauft worden sind.

    Sammlungen, die zu den Blütezeiten des Adels in Deutschland entstanden sind, schmolzen besonders in den letzten 25 Jahren nicht selten dahin. Heute in Deutschland auf dem Lande ein Schlossmuseum zu betreiben, ist ganz gewiss nicht leicht, so Carl Philipp Fürst zu Salm-Salm, der für München zahlreiche Gemälde ausgeliehen hat, darunter Rembrands "Diana mit Aktäon und Kallisto".

    Die größten Probleme sind natürlich die Unterhaltung. Schauen Sie, das ist ein kleiner mittelständischer Betrieb, den wir mit diesem Museum ins Leben gerufen haben. Da sind also jetzt doch schon immerhin 25 Mitarbeiter beschäftigt. Gärtner, 18 Führer allein, die durch die Sammlungen führen, dann brauchen Sie ein Sekretariat. Alles das kostet natürlich eine Menge Geld. Und das können sie durch die Eintrittspreise nicht wieder reinholen.

    Hauptsächlich sind Werke aus dem 15. - 18. Jahrhundert in München zu sehen. Das 19. Jahrhundert ist kaum vertreten und die Moderne bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bleibt gänzlich ausgeblendet. Die konservative Einstellung der Adelshäuser verändert sich erst spät mit Sammlern wie dem Herzog Franz von Bayern etwa, der Bilder von Gerhard Richter, Baselitz, Penck, Immendorff oder Blinky Palermo ankauft. Auch Schloss Wendlinghausen ist in der Ausstellung mit Gegenwartskunst vertreten.

    Sehr offensiv zeigt zudem Gloria von Thurn und Taxis Interesse an Gegenwartskünstlern. Ein Ausstellungsraum ist ganz den sehr persönlichen, von Thomas Ruff und Candida Höfer für sie angefertigten Fotoportraits ihrer Familie und der privaten Salons gewidmet. Sämtliche der in adligem Privatbesitz befindlichen so genannten "Schatzhäuser Deutschlands" liegen heute im Westen des Landes, so Wilfried Rogasch, Kurator der Ausstellung.

    Im Osten war es natürlich anders, da sind die Besitzer 1945 brutal enteignet worden und da ist tatsächlich diese Schlosskultur ein für allemal zu Ende gegangen. Also nach der Wiedervereinigung hat man hier und da ein bisschen Inventar wiederbekommen. Aber es ist eigentlich niemand zurückgekommen und hat dort ein nennenswertes Schlossmuseum gegründet oder sich wieder angesiedelt und lebt dort.

    Ein großer Brunnen von Adrian de Vries im Mittelsaal der Ausstellung zeigt, mit welchem Aufwand hier Kunst zusammengetragen wurde. Unterschwellig stellt sich beim Anblick so mancher kostbaren Werke aber doch die Frage, ob und wie viel von dem Gezeigten eines Tages wohl zum Verkauf stehen wird. Ein Modell das zu verhindern sind Stiftungen, wie sie etwa das Haus Oldenburg mit dem Land Schleswig-Holstein gegründet hat. In anderen Familien sind es erbschaftsrechtliche Regelungen und eine starke Verpflichtung gegenüber alten Familientraditionen, welche die Güter an ihre angestammten Orte binden, so Karl Graf von und zu Eltz.

    Das ist jetzt über 34 Generationen so gegangen und es gab durchaus Zeiten, in denen wir wirtschaftlich an der Wand standen, zum Beispiel nach dem 30-jährigen Krieg. Aber es wurde aus der Burg nie was verkauft. Was meine Person betrifft, knüpfe ich an diese Tradition an und was meinen ältesten Sohn betrifft, ist der in der gleichen Tradition. Ad infinitum oder ad calendas graecas kann ich keine Prophezeiungen machen.