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Schau mir in die Augen, Reisender

Der internationale Terrorismus fordert seinen Tribut: Mit rasantem Tempo installieren Sicherheitspolitiker in den westlichen Ländern verschärfte Überwachungsmethoden. Und auch die Außengrenzen sollen strenger inspiziert werden. Zur Zeit werden vor allem biometrische Systeme in Deutschland unter realen Bedingungen getestet. Ein Beispiel hierfür ist die Personenerkennung per Iris-Scan, die derzeit auf dem Flughafen in Frankfurt am Main erprobt wird.

Von Claudia Sanders |
    Halten Sie 30 bis 50 Zentimeter Abstand. Die grünen Balken drehen sich achtmal und achtmal erscheint das Zeichen "Ready". Zum Schluss das erscheint das "Accept"-Zeichen. Ich gehe jetzt herüber und starte den Vorgang. Sie müssen versuchen, 30 bis 40 Sekunden ruhig stehen zu bleiben und dabei die Augen geöffnet zu halten. Es macht aber nichts, wenn Sie dabei blinzeln, und schon sind sie erfasst.

    ... schildert ein Mitarbeiter des Frankfurter Flughafens. Im so genannten "Enrollment-Center" im Flughafen Frankfurt am Main herrscht Hochbetrieb. Immerhin haben sich in den vergangenen sieben Wochen seit dem Start des Modellprojekts schon mehr als 4000 Passagiere freiwillig registrieren lassen. Ein halbes Jahr dauert das Projekt, dann soll über die Praxistauglichkeit der Iris-Erkennung im Bundesinnenministerium entschieden werden.

    Von der reinen Technik her ist es kein Voodoo, man verwendet eine handelsübliche Kamera, um das Auge aufzunehmen...

    ...erklärt Henning Daum vom Darmstädter Fraunhofer Institut für grafische Datenverarbeitung. Mit einem Mehrkamerasystem wird die Iris aufgenommen. Die Aufnahmen werden im Infrarotlichtbereich gemacht, um Störungen durch beispielsweise Streulicht auszuschließen.

    Spezielle Bildverarbeitungsfilter werden dabei eingesetzt, die das Bild in einen Bit-String umwandeln. Das Stichwort ist Gabor-Wavelet. Gabor ist ein Mathematiker und Wavelet eine spezielle Form der Bildbearbeitung, die Bilder in fehlertoleranter Weise in Bit-Muster umwandelt.


    Gerade einmal vier Kilobyte ist jede Iris-Datei groß, viel Speicherplatz ist also nicht von Nöten. Überhaupt scheint man mit dem Projekt Iris-Erkennung zufrieden zu sein. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar:

    Von den verschiedenen zur Diskussion stehenden Verfahren ist der Iris-Scan aus datenschutzrechtlicher Sicht das unbedenklichste der biometrischen Verfahren, weil da die Mitwirkung des Betroffenen erforderlich ist. Wir nennen das ein kooperatives Verfahren, und das eignet sich nicht zur heimlichen Überwachung wie beispielsweise die Gesichtserkennung.

    Bisher ist es nicht geplant - wenigstens nicht bevor die Ergebnisse aus dem Versuch vorliegen - die Iris-Erkennung im großen Stil einzusetzen. Ohnehin dürften die Daten der Bundesbürger nicht in einer zentralen Datei erfasst werden, mahnt Schaar. Bei Ausländern, die ein Visum beantragen, sehe das allerdings anders aus. Doch bisher, so die Auskunft vom Bundesgrenzschutz, würde daran noch niemand denken. Nicht zuletzt deshalb, weil es weltweit nur eine einzige Firma gibt, die das System zur Iris-Erkennung anbietet - entsprechend teuer ist das Verfahren. Erst in drei bis vier Jahren laufen die angemeldeten Patente aus, andere Anbieter könnten dann in das Geschäft einsteigen und die Preise drücken. Nach den bisherigen Erfahrungen sei das System am Frankfurter Flughafen auch recht sicher, meint Polizeidirektor Markus Ritter vom Bundesgrenzschutz:

    Also, sicher ist das Verfahren vollständig, es gibt eine Fehlerquote, eine sehr kleine, aber die führt dazu, dass jemand, obwohl er eigentlich durchgehen könnte, ausgeleitet wird zu einem Grenzbeamten, so dass für uns absolute Sicherheit gegeben ist, dass niemand unkontrolliert durch die Schleuse kommt.

    Andererseits lasse sich noch gar nicht richtig sagen, wie hoch die Fehlerquote ist, entgegnet dem Henning Daum von Fraunhofer Institut für grafische Datenverarbeitung...

    ...weil man hier nur sehr wenige unabhängige Untersuchungen hat. Im Bereich der Gesichter und Fingerabdrücke gibt es einfach mehr Erfahrungen und Datenbanken. Aber es gibt niemanden, der im großen Stil schon Iriden aufgenommen hat. Insofern greift man immer wieder auf eine Datenbank zurück, und das ist die Datenbank von dem Professor, der das Verfahren patentiert hat. Der wird natürlich einen Teufel tun, eine Datenbank zur Verfügung zu stellen, die schlecht funktioniert.

    Erste Fahndungserfolge des Projektes können die Initiatoren nicht vorweisen, aber dies sei wegen der Freiwilligkeit der Teilnahme an dem Feldversuch ohnehin nicht zu erwarten gewesen:

    Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass jemand, der weiß, dass er gesucht wird, sich freiwillig ins Enrollment-Center begibt mit dem Risiko, sofort bei der Erfassung einem Polizeibeamten gegenüber zu sitzen, der ihn dann festnimmt.

    Und so sind es nur die Fluggäste, die glauben, dass datenschutzrechtliche Bedenken hier keine Rolle spielen. Sie lassen sich - ohne mit der Wimper zu zucken- gerne registrieren.