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Schaum auf dem Rhein

Chemie. - Warum schäumt der Rheinfall bei Schaffhausen im Sommer immer so stark - diese Frage stellte sich der Schweizer Forscher Matthias Hamburger bereits als Kind. Heute, als Professor für Pharmazie an der Uni Jena, konnte Hamburger der Sache auf den Grund gehen. Nicht die heimische Chemie-Industrie ist verantwortlich, sondern eine Wasserpflanze, die mit ihren eigenen, natürlichen Tensiden mächtig Schaum schlägt.

    Seit über 30 Jahren bildet sich am Rhein in der Region um Schaffhausen in fast jedem Sommer eine dichte Schaumdecke. Seitdem ist auch die Bevölkerung der Region beunruhigt und fragt sich, was die Gründe für den Schaum sein mögen und ob er vielleicht gesundheitsschädlich ist. Des Rätsels Lösung fand nun ein Team von Pharmazeuten von der Universität Jena um Professor Matthias Hamburger. Er erklärt: "Wir haben nachweisen können, dass es sich dabei um pflanzliche Inhaltsstoffe handelt, die eine Tensid-, also eine schäumende Wirkung besitzen." Vorangegangen waren aufwändige und komplizierte Messreihen und Analysen, berichtet Hamburger: "Wir sind von der konkreten Vermutung ausgegangen, dass ein Zusammenhang zwischen einer Wasserpflanze - dem Flutenden Hahnenfuß - und dem Schaumphänomen bestehen könnte." Der Flutende Hahnenfuß hat Inhaltsstoffe mit schäumender Wirkung, die so genannten Saponine. Das sind Verbindungen, die auch in anderen Wasser- und Landpflanzen vorkommen. Im Wasser werden die Stoffe freigesetzt, und unter dem Einfluss des Rheinfalls kommt es zum Aufschäumen.

    Der Flutende Hahnenfuß kommt in allen Fließgewässern in Mitteleuropa vor. Dass der Schaum in den vergangenen drei Jahrzehnten besonders stark auftrat, ist vor allem auf die explosionsartige Vermehrung der Pflanze Anfang der Siebzigerjahre zurückzuführen. "Der Grund dafür war der hohe Phosphat-Eintrag in den Rhein", sagt Hamburger. Bezüglich der Schädlichkeit des Schaums kann er Entwarnung geben: "Wir haben Schaum- und Wasserproben an verschiedenen Wasserorganismen geprüft, und sie sind auch in Konzentrationen, die wesentlich über der im Rhein liegen, unproblematisch. Es ist einfach letztlich ein ästhetisches Problem: Wir mögen es, wenn es in der Badewanne schäumt, aber auf dem Rhein ist es doch sehr störend." Es bestehe auch keine Gefahr für Schwimmer. Und dank des zurückgegangenen Phosphat-Verbrauchs dürfte der Schaum ohnehin in den nächsten Jahren wieder verschwinden, da ist sich Hamburger sicher.

    [Quelle: Grit Kienzlen]